Inflation intern bewältigen

Mit mehr Effektivität und Effizienzsteigerung vor die Inflationswelle kommen.

Inflation intern bewältigen

Preissteigerungen der Lieferanten kann ein Unternehmen nur selten vollumfänglich an seine Kunden weitergeben. Denn die bisherigen Kunden dieses Unternehmens werden aus eigenem Interesse versuchen, bei anderen Lieferanten günstiger einzukaufen, weniger zu verbrauchen, andere Inputmaterialien zu verwenden oder gar ihre eigenen Angebote vom Markt  nehmen, weil diese nicht mehr genügend rentabel sind. Potenzielle neue Kunden werden ebenfalls Angebotspreise und Leistungen vergleichen und dort bestellen, wo sie das Gefühl haben, am meisten fürs Geld zu kriegen. Jedes Unternehmen muss deshalb die Inflation intern bewältigen, will es seine eigene Rentabilität erhalten und weiterhin in seine eigene Zukunft investieren können.

Professor Simon spricht von Gewinnverteidigung (S. 56 im Buch Die Inflation schlagen). Schon in der Planung sollte der Gewinn «wie eine zu deckende Kostengrösse von vornherein in die Kalkulation eingehen (ebenda, S. 52)». Das erfordert die kontinuierliche Steigerung der Effektivität und Effizienz des eigenen Handelns. Vgl. auch den Beitrag Kostensenkungspotenziale lokalisieren):

Effektivität = die richtigen Dinge tun,

Effizienz = die richtigen Dinge richtig tun.

In allen Unternehmensbereichen sind Massnahmen zu finden, zu beschliessen und umzusetzen, welche geeignet sind, eine marktgerechte Rentabilität zu erzielen.

Kostensenkungsmassnahmen für Funktionsbereiche

Der ROI-Baum aus dem Beitrag «ROI und Inflation» hilft, Ideen zur Gewinnerhöhung zu generieren, diese Ideen aus finanzieller Sicht zu bewerten und schliesslich ihren Umsetzungserfolg zu messen. Ansatzpunkte werden nachstehend nach Funktionsbereichen gegliedert:

Inflation intern bewältigen
Inflation intern bewältigen

Umsatz, Preise, Konditionen:

    • Preiserhöhungen schnell ankündigen und begründen, auch wenn die Kunden zeitweise zur Konkurrenz wechseln. Es geht darum, mit Preisanpassungen vor die «Kostenwelle» kommen.
    • Die Erhöhungen in mehreren Schritten vorsehen, um Kunden vom Wechsel abzuhalten.
    • Rabatte nicht bei Bestellung gewähren, sondern Rückvergütungen bei Erreichung eines vorbestimmtes Einkaufsvolumens auszahlen (Vertriebsmodell).
    • Zahlungsziele ohne Skontoabzüge fixieren und parallel das Mahnwesen beschleunigen (Skonti wirken direkt gewinnschmälernd).
    • Neue Pricing-Modelle entwickeln, z.B. pay per use oder pay per period (gilt vor allem bei Produkten oder Services mit niedrigen proportionalen Herstellkosten, z.B. Software).
    • Sind das Produkt oder die Dienstleistung den Konkurrenzangeboten überlegen, kaufen die Kunden auch bei höheren Preisen.

Marketing, Verkauf, Vertrieb:

    • Bestehende Kunden nach ABC-Analyse betreuen (A- und B-Kunden generieren höhere absolute Deckungsbeiträge und sollten folglich intensiver betreut werden).
    • Kontinuierliche Beschaffung neuer Leads (Adressen potenzieller Neukunden) und zeitnahe Kontaktaufnahme.
    • Weitgehend digitale Kundeninformation, um Kundenbesuche zu reduzieren (weniger Reisen).
    • Analyse der Deckungsbeitragsentwicklung nach der Durchführung von Messen, Ausstellungen, schriftlichen oder elektronischen Werbemassnahmen.
    • Werbebeiträge an wiederverkaufende Kunden als Deckungsbeitragsanteile fixieren und erst nach Umsatzerzielung gewähren.
    • Gratislieferung eines Teils der Bestellmenge mindert den Kunden-Deckungsbeitrag oft weniger als direkte Rabattprozente vom Verkaufspreis, weil nur die proportionalen Kosten den Deckungsbeitrag schmälern.
    • Kontinuierliche Beobachtung von Preisen, Sortiment und Umsatzentwicklung der Konkurrenten, um Chancen für neue Angebote zu lokalisieren.
    • Komplett automatisiertes Mahnwesen, um Aussenstandstage zu senken.

Fertigungsprozesse / Produktionsplanung und -steuerung:

    • Durch grössere Fertigungslose sinken die proportionalen Herstellkosten pro Stück, da Rüst- und Einrichtarbeiten nur einmal pro Los entstehen. Es lohnt sich, den Bestellungseingang regelmässig mit dem Lagerbestand und der Grösse der Fertigungsaufträge abzustimmen.
    • Mitarbeitende so ausbilden, dass sie mehrere Prozesse beherrschen und so weniger Leerzeiten haben.
    • Prozessschritte automatisieren. In der Inflation ist es oft einfacher an Investitionsmittel zu kommen, wenn auch zu höheren Zinsen.
    • Kontinuierlich prüfen, ob Lieferanten bestimmte Halbfabrikate günstiger anbieten als man sie selber herstellen kann (In – oder Outsourcing basierend auf proportionalen Herstellkosten plus direkten Fixkosten des eigenen Prozesses).
    • Computergesteuerte Bearbeitungsschritte einführen und so Personaleinsatz verringern.
    • Digitalisierung der Planung und Steuerung der Fertigungsaufträge sowie der Betriebsdatenerfassung.
    • Ausschuss vermindern.

Einkauf und Lager:

    • Bedarfsplanung pro Einkaufsartikel auf Basis von Planverbräuchen der Produktion und des Absatzes, um günstigere Rahmenvereinbarungen mit den Lieferanten zu erzielen.
    • Regelmässige Vergleiche der Einstandspreise potenzieller Lieferanten, für jedes Beschaffungsgut einen Ersatzlieferanten bereithalten.
    • Sofortige Information des Verkaufs und anderer betroffener Kostenstellen, wenn Preisänderungen gewichtiger zu beschaffender Artikel oder Dienstleistungen bevorstehen.
    • Einkaufspreisabweichungen gegenüber Plan-Einstandspreisen monatlich ausweisen, um in den Folgestufen die Auswirkungen auf zu verkaufende Produkt- und Dienstleistungen schätzen zu können.

Forschung und Entwicklung:

    • Günstigere oder besser geeignete Einsatzmaterialien finden.
    • Prozessabwicklungszeit für kundenspezifische Entwicklungen reduzieren, da schnelle Antworten bei Kunden vertrauensbildend wirken.
    • Regelmässige Projektfortschrittsbeurteilung mit go-/no go-Entscheid beendet dümpelnde Projekte früher und legt Forschungskapazität frei.

Interne Servicebereiche:

    • Out- oder Insourcing kontinuierlich re-evaluieren (was unterhalten und reparieren wir selbst, was geben wir auswärts?)
    • Pflege und Reinigung auswärts vergeben und Kadenz senken, sofern sie nicht Voraussetzung für die Betriebsbereitschaft sind (Fixkosten schneller beeinflussbar machen).
    • In der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung keine Fixkosten an Bezüger verrechnen. Für seine Fixkosten ist der Leistungsersteller selbst verantwortlich.

Controller:

    • Schneller Ablauf des Planungsprozesses und zeitnahe interne Berichterstattung werden zunehmend wichtiger, weil die Inflation auf der Beschaffungsseite schneller wirkt als beim Zahlungseingang.
    • Bei niedriger Wertschöpfung konzentriert sich das Kostenmanagement auf die Einkaufsseite, weil sich die Einstandspreise schnell und stark ändern. Bei hoher Wertschöpfung liegt das Schwergewicht vor allem bei den Personalkosten. Tendenziell führt Inflation zum Abbau von Arbeitsplätzen.
    • Kostenspaltung in proportionale und fixe Kosten sowohl in der Planung als auch im Soll-Ist-Vergleich einführen.
    • Simulation von Kosten- und Erlösentwicklungen computergestützt ermöglichen, damit Mengen-, Preis- und Kostenänderungen im Voraus abschätzbar werden.
    • Dynamische Investitionsrechnung anwenden, damit die Wirkung der Inflation auf Barwerte offensichtlich wird.

Führungsprozesse:

    • Verantwortlichkeiten einzelner Führungspositionen bestimmen, damit die Einhaltung von Qualitäten, Quantitäten, Terminen und Ergebnissen (QQTE) feststellbar ist.
    • Unternehmensweit Führung durch Zielvereinbarung einführen und die Zielerreichung der einzelnen Mitarbeitenden regelmässig messen und beurteilen.
    • Betriebsdatenerfassung auch in den administrativen Bereichen einführen, um den Zeitverbrauch in diesen Bereichen kontinuierlich zu reduzieren.

Die interne Inflationsbekämpfung ist vor allem die Aufgabe der Führungskräfte aller Hierarchiestufen. Schaffen sie es nicht, die gesamten Wertschöpfungskosten langsamer wachsen zu lassen als die Nettoerlöse, fehlen im Unternehmen die Gewinne für die Investition in die Zukunft und es wird mit der Zeit vom Markt verschwinden.

ROI und Inflation

Der ROI-Baum zeigt die Ansatzpunkte für die interne Bekämpfung inflationärer Einflüsse.

ROI und Inflation

Die Kennzahl Return on Investment ROI ist definiert als:

Gewinn vor Abzug von Steuern und Zinsen (EBIT) : investiertes Vermögen.

Im deutschen Sprachraum wird der ROI meistens als Gesamtkapitalrentabilität bezeichnet. Das ist begrifflich nicht ganz richtig, denn das eingesetzte Vermögen (links in der Bilanz) generiert den Gewinn, nicht die Schulden (rechts in der Bilanz).

Der ROI sagt aus, wie viele Cents Gewinn pro investierten EUR verdient wurden:

EBIT (100) : Bilanzsumme (1’000) = ROI (10%)

Die Finanzierungsstruktur, vereinfacht der Anteil des Fremd- und des Eigenkapitals an der Bilanzsumme, wird also nicht berücksichtigt. Das ermöglicht den Rentabilitätsvergleich zwischen verschiedenen Unternehmen auch dann, wenn sie unterschiedliche Finanzierungsstrukturen haben.

Werden die Erlös- und die Kostenseite eines Unternehmens in ihre wesentlichen Bestandteile gegliedert, lässt sich nachvollziehen, welche Positionen sich wie stark auf den ROI auswirken. Wir nennen diese Darstellung «ROI-Baum».

ROI und Inflation
ROI und Inflation

Im Beispiel wurden 200’000 Stück zum Bruttopreis von 50.- pro Stück verkauft. Das entsprach einem Bruttoerlös von 10.0 Mio. Davon wurden 10% Rabatte und weitere Erlösschmälerungen abgezogen, was zum Nettoerlös von 9.0 Mio. führte (1a, 1b, 2).

Die Material- und stückbezogenen Fremdleistungskosten beliefen sich auf 8.50 pro Stück (3a, 3b, 4). In der Fertigung wurden pro Stück 24 Minuten verbraucht, was beim Satz von 40.00 pro Stunde zu proportionalen Fertigungskosten von 16.00 pro Stück führte. Die proportionalen Herstellkosten  betrugen folglich 24.50 pro Stück. Multipliziert mit der Herstellmenge von 200’000 Stück ergaben sich proportionale Herstellkostenkosten von 4.9 Mio. (5a,5b).

Es resultierte ein Deckungsbeitrag I (DB I) von 4.1 Mio.

Mit dem DB I waren zuerst die fixen Kostenstellenkosten der Funktionsbereiche zu decken (6, 7, 8), was den Cash Flow vor Abzug von Zinsen und Steuern von 0.9 Mio. ergab.  Nach Abzug der kalkulatorischen Abschreibungen von 0.4 Mio. ergab sich der Gewinn vor Abzug von Zinsen und Steuern (EBIT) von 0.5 Mio.

Die Division des EBIT von 0.5 Mio. durch das in der Periode investierte Vermögen von 5.0 Mio. (9, 10,11) ergibt den ROI von 10% im Berichtsjahr.

Wirkungen der Inflation

    • Drücken die Lieferanten des Materials und der Fremdleistungen eine 5-prozentige Preissteigerung durch, resultiert im Unternehmen eine Kostensteigerung von 0.085 Mio. Der ROI-Baum lässt erkennen, dass dieser Betrag direkt auf den EBIT durchschlägt und damit auch auf den ROI. Vgl. den Beitrag «Die Einstandspreisabweichung ist wieder aktuell!».
    • In gleicher Weise wirken sich Preissteigerungen bei Hilfs- und Betriebsstoffen und eingekauften Dienstleistungen auf die Kostenstellen aus. Das betrifft einerseits die Fertigungsstellen (5a, 5b), andererseits die Kostenstellen der übrigen Funktionsbereiche (6, 7, 8).
    • Werden Maschinen, Gebäude, Einrichtungen und immaterielle Güter teurer, steigen in der Folge auch die kalkulatorischen Abschreibungen, was nochmals den EBIT und damit den ROI senkt (12).
    • Folge der Inflation ist weiter, dass die Mitarbeitenden Kaufkraft verlieren. Sie werden – etwas verzögert – höhere Löhne verlangen (5b, 6, 7, 8).
    • Auf der linken Seite der Bilanz führt Inflation zu höherem investiertem Vermögen:
      • Bei gleichbleibenden Lagerbestandsmengen steigt der durchschnittliche Wert des Lagers (10).
      • Die Einstandspreise für Maschinen, Gebäude und weitere Anlagen steigen (11),
      • wegen höherer fakturierter Beträge nimmt auch der durchschnittliche Debitorenbestand zu (9).

Die Banken werden die Zinssätze für Kredite erhöhen, was den Gewinn vor Steuern reduziert. Am Schluss werden auch die Unternehmenseigner (Teilhaber, Aktionäre) höhere Dividenden verlangen, weil die Kaufkraft ihres Dividendeneinkommens ebenfalls sinkt.

Fazit: Inflation ist ein Teufelskreis, den es mit allen Mitteln zu beseitigen gilt. Im privaten Bereich muss Verzicht geübt werden, um mit dem verfügbaren Einkommen und dem Vermögen zurechtzukommen. In den Unternehmen ist zu versuchen, Preiserhöhungen durchzusetzen. Dabei besteht immer das Risiko, dass Kunden zu anderen Anbietern abspringen und Umsatzeinbrüche die Folge sind. Noch wichtiger ist die Verbesserung der Effizienz in allen Bereichen, also die Durchbrechung des Teufelskreises durch kostengünstigere Prozesse und Strukturen.

Ansatzpunkte zur Effizienzverbesserung sind das Thema des nächsten Beitrags.

Die Inflation schlagen

Inflation frisst Gewinne. Wie sich dagegen wehren?

Die Inflation schlagen

«Die Inflation schlagen» ist der Titel des Buches von Prof. Dr. Hermann Simon, dem «Altmeister» in Sachen Preismanagement und Ergebnissteuerung, erschienen 2022 (Literaturhinweis). Dieser Beitrag beschäftigt sich mit den Anforderungen, welche die zurzeit wieder grassierende Inflation an die Unternehmensführung stellt. Viele Aussagen von Prof. Hermann sind zudem wesentliche Inputs  für die Gestaltung eines umfassenden Management-Control-Systems und damit für den nachhaltigen Erfolg eines Unternehmens. In diesem und in weiteren Beiträgen unseres Blogs werden seine Erkenntnisse mit der Ausgestaltung der umfassenden Planung und Steuerung eines Unternehmens kombiniert.

Nach einer rund 40-jährigen Periode mit kaum nennenswerten Inflationsraten sind vor allem Europa und der gesamte englische Sprachraum als Folge der COVID-Pandemie und kriegerischer Ereignisse von massiven Preissteigerungen betroffen. Viele aktive Führungskräfte erleben Inflation erstmalig intensiv und müssen sich klarwerden, wie in einer derartigen Situation zu planen und zu handeln ist, damit ihre Unternehmen erfolgreich überleben.

Wie sich Preissteigerungen fortpflanzen

Verallgemeinernd sind Preissteigerungen die Folge von Engpasssituationen. Engpässe können in verschiedenen Bereichen entstehen, wenn die Nachfrage grösser ist als das verfügbare Angebot. Ungenügende Angebotskapazitäten sind oft auf folgende Faktoren zurückzuführen:

    • Rohstoffverfügbarkeit in den erforderlichen Qualitäten zu niedrig
    • Mangelnde Transportkapazitäten oder Transportbehälter
    • Politisch/rechtlich begründete Lieferbeschränkungen
    • (Noch) nicht einhaltbare Vorschriften zu Herstellungsprozessen oder Herkunftsnachweisen
    • Ungenügende Personalkapazitäten für Bearbeitung und Abwicklung
    • Zu wenig Anlagen für die Herstellung verfügbar / ungenügende Fertigungskapazitäten
    • Zu hohe Investitionen für die Herstellung erforderlich.

Solche Engpässe führen bei den vorleistenden Lieferanten zu Kostensteigerungen. Diese Lieferanten versuchen, die Kostensteigerungen über höhere Netto-Verkaufspreise an ihre Kunden weiterzugeben. Gelingt dies, steigen für die (weiter-)verarbeitenden Unternehmen die Einstandspreise. Diese Preiserhöhungen müssen wiederum an die nächste Stufe weitergegeben werden. Gelingt diese Weiterwälzung nicht, schreibt das Unternehmen über kurz oder lang Verluste, wird in der Folge zahlungsunfähig und geht Konkurs.

Die Inflation schlagen
Die Inflation schlagen

Am Ende dieser Kette stehen die Endkunden, üblicherweise Privatpersonen. Steigen für sie die Einstandspreise, überlegen sie sich, welche der zur Verfügung stehenden Produkte und Dienstleistungen sie unter Berücksichtigung der Preissteigerungen weiterhin kaufen werden. Denn ihnen stehen nur das verfügbare Vermögen und das regelmässig wiederkehrende Einkommen zum Konsum zur Verfügung. Die Kunden entscheiden sich meistens für das aus ihrer Sicht beste Preis-/ Leistungsverhältnis.

Die Anbieter aller Stufen versuchen, mittels Verhandlungen oder Lieferantenwechsel die Preissteigerungen beim Einkaufen zu umgehen, zu verzögern und möglichst niedrig zu halten. Im Verkauf gilt es, die eingetretenen Preissteigerungen weiterzugeben. Ob dies vollumfänglich gelingt, hängt einerseits von den Präferenzen der Kunden und andererseits vom Verhalten der Konkurrenten ab.

Um in solchen inflationären Zeiten erfolgreich zu bleiben, muss es im eigenen Unternehmen gelingen, die Preissteigerungsspirale zu unterbrechen. Inflation ist eine Herausforderung für alle Mitarbeitenden, weil alle Funktionsbereiche betroffen sind und vor allem für das gesamte Management, weil unzählige Verbesserungsideen zu generieren, zu bewerten und zu entscheiden sind. Die Unterbrechung der Inflationsspirale muss zudem schnell erfolgen, weil sonst das finanzielle Ergebnis leidet. Anzupassen sind vor allem:

    • Das anzubietende Sortiment und die Sortimentstiefe
    • Der Preisbildungsprozess vom Bruttopreis bis zum Nettoerlös
    • Die Marketing- Kundengewinnungs- und Vertriebsprozesse
    • Die Vertriebswege und die Definition der Zielkunden
    • Die Produktentwicklung und -gestaltung
    • Die Herstellungsprozesse und die zu verwendenden Einsatzmaterialien
    • Der Einkaufsprozess und die Lieferantenwahl
    • Alle administrativen Prozesse
    • Die Datenintegration und die Automatisierung aministrativer Prozesse
    • Die Investitionsplanung als Folge der Prozessänderungen.

Professor Simon schätzt, dass die meisten Unternehmen nur etwa 50% der inflationären Kostensteigerungen auf der Beschaffungsseite auf die Kunden überwälzen können. Deshalb muss auch die gesamte Kostenseite einen Beitrag zur Gewinnverteidigung leisten (ebenda, S. 191).

Im nächsten Beitrag wird vertieft, welche Massnahmen sich wie stark auf das Ergebnis auswirken.

Costing oder Pricing 2

Rechnen sich die Neuangebote? Beurteilung mit dynamischer Investitionsrechnung

Costing oder Pricing 2

Kunstleder-Präsentationsmappen anbieten?

In der Costing-Betrachtung werden die Netto-Planerlöse zu den erwarteten Kosten der Produkte, den Kosten der vorgesehenen Marketing- und Vertriebsmassnahmen und den erforderlichen Investitionen in Bezug gesetzt. Damit ist zu beurteilen, ob sich das gesamte Projekt rechnet und zur Umsetzung freigegeben werden kann.

Das erfordert eine Mehrjahresbetrachtung, weil Investitionen ins Anlagevermögen (zusätzliche Maschinen, Kapazitätserweiterung) zu erwarten sind und sich die Absatzmengen sowie die erzielbaren Nettoerlöse im Verlauf des Lebenszyklus‘ des Projekts verändern können. Zudem ist zu berücksichtigen, dass Ausgaben und Kosten zu anderen Zeitpunkten anfallen als die Nettoerlöse. Die Geldzu- und -abflüsse der einzelnen Jahre müssen deshalb vergleichbar gemacht werden. Das gelingt mit der dynamischen Investitionsrechnung.

Dazu werden die jährlich erwarteten Nettoerlöse (vgl. Costing oder Pricing 1) in Zeile 4 der Tabelle unten übernommen .

Da die Kunstleder-Präsentationsmappe noch nicht existiert, fehlen die Stückliste und der Arbeitsplan für dieses Produkt noch. Als Kalkulationsgrundlage kann von den Verbrauchsdaten eines möglichst ähnlichen schon hergestellten Produkts ausgegangen werden. Diese werden um die zu erwartenden zusätzlichen Einzelmaterialpositionen und Fertigungsleistungen ergänzt. So ergeben sich die proportionalen Planherstellkosten pro Präsentationsmappe (Zeile 5). Sind in den Planjahren höhere Einstandspreise und proportionale Kostensätze zu erwarten, können diese Kostenänderungen pro Planjahr berücksichtigt werden.  Im aktuellen Planungsstand wird pro Präsentationsmappe vorerst in allen Jahren von proportionalen Herstellkosten von 8.00 ausgegangen. Multipliziert mit den Plan-Absatzmengen (Zeile 2) ergeben sich in Zeile 6 die jährlichen proportionalen Plan-Herstellkosten und in Zeile 7 die mit den Präsentationsmappen in den Planjahren zu erzielenden Deckungsbeiträge I.

Costing oder Pricing 2
Dynamische Investitionsrechnung für Produktergänzung

In den Zeilen 8 und 9 sind die jährlich erwarteten zusätzlichen Fixkosten einzutragen, wenn die Präsentationsmappe eingeführt und die jährlichen Plan-Absatzmengen erreicht werden sollen. Das können externe Kosten für produktspezifische Werbung sein, Zusatzkosten für die Erstellung von Produktkatalogen, externe Kosten für die Ergänzung des eigenen Webauftritts sowie zusätzliche Personalkosten für die Betreuung und Administration der Neuprodukte. Wichtig ist, dass dabei nur Positionen berücksichtigt werden, die zu veränderten Geldabflüssen führen (keine Umlagen).

Es ergibt sich der jährlich erwartete Netto-Geldrückfluss aus dem Projekt, also der Cash Flow vor Abzug von Zinsen und Steuern CFBIT (Zeile 10).

Der CFBIT wird zuerst für die Bezahlung der sich aus dem Projekt ergebenden Investitionen verwendet, also für zusätzliche Maschinen, Kapazitätsausbauten bestehender Anlagen und eventuell für die externe Miete zusätzlicher Räumlichkeiten. Zu berücksichtigen sind auch höhere Debitorenbestände, welche voraussichtlich aus der Steigerung der fakturierten Umsätze folgen werden. Steigt durch das Neuprodukt auch das Einkaufsvolumen bei den Lieferanten, nehmen als Folge die Kreditorenbestände zu. Die Geldabflüsse erfolgen dadurch erst in der Folgeperiode. Diese Positionen sind in Zeile 11 zusammengefasst.

In Zeile 12 ergibt sich der Saldo der jährlichen Geldzu- und -abflüsse . Es ist zu erkennen, dass die Netto-Geldflüsse der Jahre 1 – 3 ausreichen werden, die Neuinvestitionen und die Veränderungen der Debitoren- und Kreditorenbestände der Jahre 1 – 3 zu decken. Die Payback-Periode des Projekts Kunstleder-Präsentationsmappen beträgt etwas mehr als 2 Jahre.

Aus Sicht der Eigentümer (Aktionäre) und der Kreditgeber (Banken) soll das Projekt zudem eine marktgerechte Verzinsung erbringen. Denn diese überlegen sich, ob sie ihr Geld im Beispielunternehmen Ringbuch AG oder in einer anderen Gesellschaft anlegen sollen. Um die Geldgeber von der Rentabilität des Projekts überzeugen zu können, sollte das Management der Ringbuch AG deshalb die zu erwartenden zukünftigen Netto-Geldflüsse auf den Zeitpunkt des Projektentscheids abzinsen.

Dazu ist der Barwert der nominalen jährlichen Geldflüsse zum Zeitpunkt der Entscheidung zu berechnen. Beispiel:

Bei einem angenommenen Zinssatz (i) von 10% p.a. hat ein Geldrückfluss von 1’000 EUR, der genau ein Jahr nach dem Projektentscheid erfolgt, zum Zeitpunkt des Entscheids den Wert von 909.09 EUR. Das ergibt sich aus der Diskontierungsformel: Barwert = Geldfluss x 1 : (1 + i)1 = 1 : 0.90909.

Diese Diskontierung der jährlichen Geldrückflüsse findet sich in Zeile 15 der Entscheidungsvorlage für die Präsentationsmappen. Die jährlichen nominalen Nettogeldflüsse in Zeile 12 wurden mit den Barwertfaktoren aus Zeile 13 multipliziert. In Zeile 14 stehen dadurch die  barwertigen jährlichen Geldrückflüsse. Der kumulierte Barwert des Projekts beläuft sich Ende Jahr 2 auf +8’182. Das bedeutet, dass sich die Einführung der Kunstleder-Präsentationsmappen auch unter Berücksichtigung von 10% Zins schon nach zwei Jahren bezahlt macht.

Das allgemeingültige Modell für die Quantifizierung von Investitionen, Projekten und strategischen Plänen können Sie als Excel-Modell hier herunterladen und es nach Ihrem Bedarf anpassen.

Der hier verwendete marktgerechte Zinssatz von 10% ist für den deutschen Sprachraum sehr aktuell. In unserem Buch 360°-Management, Seiten 243 ff., haben wir 2015 die marktgerechten Zinssätze verschiedener Branchen in verschiedenen Ländern berechnet und publiziert. In 2022 hat sich ergeben, dass die dort angegebenen Zinssätze für den deutschsprachigen Raum und für die USA nach wie vor aktuell sind. Vgl. auch den Beitrag „Marktgerechter Gewinn„.

Fazit für die finanzielle Beurteilung von Plänen und Projekten:

    • Pricing kommt vor Costing: Die Schätzung möglicher Absatzmengen und Nettopreise sowie ihr Vergleich mit Konkurrenzangeboten ist Voraussetzung, um die Rentabilität von Projekten vor der Entscheidung beurteilen zu können.
    • Für Direktkunden und Absatzmittler sind jeweils eigene Pläne zu erstellen, da die Netto-Verkaufserlöse stark divergieren.
    • Erlösschmälerungen reduzieren den Deckungsbeitrag genauso wie die proportionalen Herstellkosten.
    • Die direkten Kosten für die Gewinnung von Neukunden sind als Fixkosten in die Planung einzubeziehen.
    • Den Absatz- und Umsatzplänen sind die voraussichtlichen proportionalen Herstellkosten der Dienstleistungen und Produkte gegenüberzustellen. Die sich ergebenden Deckungsbeiträge I müssen mindestens die Fixkosten der Projekte decken.
    • Nicht die Kosten bestimmen den Verkaufspreis und die Nettoerlöse, sondern der Markt und die Verkäufer.
    • Vollkosten pro Produkteinheit lassen sich zwar berechnen, sind aber wegen der Fixkostenschlüsselung nicht entscheidungsrelevant.
    • Vor- und Rückkopplungen sind im Planungsprozess normal. Es gilt, die sich ergebenden Veränderungen in den Plänen kontinuierlich zu berücksichtigen.
    • Mehrjahreshorizont: Die Erweiterung oder Kürzung des Kundenkreises sowie des eigenen Angebots haben immer langfristige Auswirkungen. Deshalb sind meistens mehrjährige Betrachtungen entscheidungsrelevant. Das spricht für die Anwendung der dynamischen und geldflussorientierten Investitionsrechnung.
    • Die Annahmen hinterfragen und mehrere Varianten der Investitionsrechnung erstellen und vergleichen. Das ermöglicht es, die Folgen unterschiedlicher Schätzwerte in die Entscheidungsfindung einzubeziehen.

Costing oder Pricing 1

Nettoerlösplanung für eine Sortimentsergänzung

Costing oder Pricing 1

In der Unternehmensführung stellt sich oft die Frage, ob in erster Linie die Verkaufspreise und die eigenen Kosten für den Unternehmensgewinn bestimmend sind oder die Gestaltung des Sortiments und des Marktauftritts. Soll die Planung mit Costing oder Pricing begonnen werden?.

Meistens machen der Markt, also die potenziellen Kunden und die Konkurrenten sowie das Können der eigenen Verkäufer den Preis. Doch erst der Vergleich der Nettoerlöse mit den dafür entstandenen Kosten ergibt den Unternehmensgewinn. Der Gewinn einzelner Produkte oder einzelner Kunden kann nicht verursachungs- und periodengerecht ermittelt werden, weil die Kosten der Leistungsbereitschaft (fixe Kosten) weder Kunden noch Produkten/Dienstleistungen verursachungsgerecht belastet werden können (vgl. den Beitrag «Die Vollkosten eines Produkts sind immer falsch»).

Planende Führungskräfte müssen entscheiden, ob sie ein neues Produkt oder gar eine Produktgruppe in ihr Sortiment aufnehmen wollen, neue Verkaufsgebiete oder Absatzkanäle bedienen oder gar in neue Technologien investieren sollen. Für den Ausbau muss oft investiert werden und es entstehen neue Kostenelemente, um zusätzliche Umsätze und Deckungsbeiträge zu erzielen.

Deshalb ist mit der Schätzung von Absatzmengen, Verkaufspreisen und Nettoerlösen pro Produkt zu beginnen. Denn diese Pricing-orientierten Daten schaffen die Grundlage für die Planung der notwendigen Investitionen und Kosten. Es ist vom Markt ins Unternehmen zu denken. Idealtypisch entsteht ein grober Ablauf:

    1. Ideen für neue Produkte oder Services aufbereiten.
    2. Analyse der konkurrierenden Produkte oder Services und damit der zu erwartenden Konkurrenten.
    3. Schätzung möglicher Absatzmengen und Nettopreise in verschiedenen Marktdimensionen wie Verkaufsgebiete, Absatzkanäle, Produktgruppen.
    4. Planung der Verkaufsmengen und Nettoerlöse pro Artikel, Verkaufsgebiet und Absatzkanal.
    5. Schätzung der jährlichen Zusatzkosten für Marketing, Werbung, Verkaufsförderung, Kundenbetreuung.
    6. Entscheid

Erst wenn Schätzwerte für Punkt 4.  verfügbar sind, macht es Sinn, die für die Umsetzung notwendigen Kosten und Investitionen zu planen.

Für die Planrechnung ist die dynamische Investitionsrechnung das geeignete Instrument. Denn in ihr können Absatz- und Nettoerlösschätzungen mit Geldausgaben für Neuinvestitionen und zu erwartenden Kosten verglichen werden, die Payback-Periode berechnet und die Barwerte auf den Entscheidungszeitpunkt diskontiert werden. Schon vorhandene Deckungsbeitrags- und Kosten-/Leistungsrechnungen können zwar wesentliche Planungsinputs liefern, doch sind in ihnen die neuen Produkte und Teilmärkte noch nicht angelegt. Deshalb empfiehlt es sich, zuerst die zu erwartenden Nettoerlöse und Deckungsbeiträge in einer eigenen Tabelle zu berechnen.

Kunstleder-Präsentationsmappen anbieten? (Costing oder Pricing, Teil 1)

Im Management der Ringbuch AG wird die Idee diskutiert, hochwertige Präsentationsringbücher mit Kunstlederhülle ins Sortiment aufzunehmen. Diese Präsentationsmappen sollen die Kunden dabei unterstützen, ihre eigenen Angebote erfolgreicher anpreisen zu können.

Die Kunstledermappen sollen in den bestehenden drei Absatzkanälen (Direktverkauf an Unternehmen, an Einzelhändler zum Wiederverkauf und via Onlineshop) vertrieben werden. Vorerst ist der Verkauf nur im Heimmarkt (Schweiz) vorgesehen.

Markteinschätzung

Die Verkaufsleitung und die Verkäufer der Ringbuch AG einigten sich in einer ersten Beurteilung auf folgende potenziellen Netto-Verkaufspreise (nach Abzug von Rabatten aller Art) und Absatzmengen für den Heimmarkt Schweiz:

Costing oder Pricing 1
Umsatzplan Präsentationsmappe

Die Verkäufer der jeweiligen Absatzkanäle haben die aus ihrer Sicht realisierbaren Absatzmengen von Präsentationsmappen geschätzt (Zeilen 1). Die angenommene Entwicklung der Planabsatzmengen lässt erkennen, dass davon ausgegangen wurde, dass die Lebenskurve des Produkts im fünften Jahr ihre Spitze erreichen wird und anschliessend die Absatzmengen wieder sinken werden (Produkt-Lebenszyklus).

Die Ringbuch AG gewährt ihren Kunden unterschiedliche Rabatte auf die Listenpreise und auf die Bestellwerte. Die bisher gewährten Durchschnittsrabatte sind in den Netto-Verkaufspreisen schon berücksichtigt. Das erklärt die unterschiedlichen Netto-Verkaufspreise pro Stück (Zeilen 2).

In den Zeilen 3 wurden die mit den vorgesehenen Präsentationsmappen zu erreichenden Nettoerlöse pro Jahr und Absatzkanal berechnet.  Es ergaben sich auch die geschätzten durchschnittlichen Netto-Verkaufspreise pro Stück.

Die Kunstleder-Präsentationsmappen sollen helfen, dass die Ringbuch AG bei allen potenziellen Kunden in den engeren Kreis möglicher Lieferanten für verkaufsunterstützende Hilfsmittel gehört. Das dient der kontinuierlichen Verbesserung der eigenen Marktposition.

Die Tabelle mit den absatzkanalbezogenen Planverkaufsmengen und Nettoerlösen ist somit ein Ansatz, strategische Absichten zu operationalisieren. Sie ist die Basis, um die Plan-Nettoerlöse mit den zu erwartenden Kosten und Ausgaben zu vergleichen. Erst dieser Vergleich kann zeigen, ob die Sortimentsausweitung auch das finanzielle Ergebnis der Ringbuch AG verbessern wird.

Die Kosten- und Gewinnseite folgt im nächsten Beitrag.

Funktionendiagramm

Ein Funktionendiagramm ist eine tabellarische Darstellung der zu erfüllenden Aufgaben und der dabei geltenden Kompetenzen. Der Einsatzbereich dieses Instruments wird oft unterschätzt.

Funktionendiagramm

In seiner herkömmlichen Form stellt das Funktionendiagramm eine Aufgabengruppe einer Organisation (Zeilen) den Beiträgen gegenüber, welche die beteiligten Personen oder Bereiche zur Erfüllung dieser Aufgaben erbringen sollen (Spalten). In die Felder dieser zweidimensionalen Darstellung wird der zu leistende Beitrag mit einem Buchstaben bezeichnet. Mit den Buchstaben «PEAKI» können die Beiträge einzelner Personen oder Abteilungen eingetragen werden:

P             planen

E             entscheiden (Planumsetzung und die Qualität des Resultats)

A             ausführen

K             kontrollieren (welches Resultat ist entstanden?)

I              informieren (wer erhält Nachricht über das Erreichte?)

Ein Funktionendiagramm ersetzt viel Text, der üblicherweise in Stellenbeschreibungen erfasst und gepflegt werden muss. Dadurch wird einerseits Erfassungs- und Pflegeaufwand in der Personaladministration gespart, andererseits ist pro Aufgabe in einer Zeile erkennbar, wer dazu welchen Beitrag leistet.

Funktionendiagramm
Funktionendiagramm

Die tabellarische Darstellung kann in vielfältiger Weise erweitert werden. Auch Beiträge externer Unternehmen und ihrer Mitarbeitenden lassen sich aufführen (Spalten D und E), sowie Termine und Kurzbeschreibungen der Aufgaben anhängen. Ebenso lassen sich die vorzusehenden Arbeitszeitverbräuche pro einzelne Aufgabe eintragen.

Auch der strategische Planungsprozess kann mit dem Funktionendiagramm unterstützt werden. Die für die Strategiefindung und noch viel mehr für die Strategieumsetzung notwendigen Zwischenresultate lassen sich beschreiben, den einzelnen am Prozess beteiligten Personen und Bereichen zuweisen und näher ausführen, sowie die erreichten (Zwischen-)Resultate dokumentieren. In Zusatzspalten können Plan- und Isttermine pro Aufgabe erfasst werden, sinnvollerweise auch die dafür verbrauchten Arbeitszeiten (Plan- und Isttermine).

Planung und Steuerung Interner Aufgaben

Für verkaufs- oder lagerfähige Produkte und Dienstleistungen sind die geplanten und die wirklich verbrauchten Arbeitszeiten, da sie mit der Kosten- / Leistungsrechnung zu verbinden sind, üblicherweise in den Arbeitsplänen im ERP-System hinterlegt. Dort wird auch beschrieben, wie der Herstellungsprozess abzuwickeln ist.

Für die Internen Aufgaben besteht dieser leistungsbezogene Zusammenhang jedoch nicht, da keine direkte Ursache- /Wirkungsbeziehung zwischen hergestellten oder verkauften Mengen und Zeitverbräuchen für Aufgaben wie Abteilungsleitung oder für die Abwicklung eines Bestellprozesses bestehen.

Es bietet sich deshalb an, das Funktionendiagramm zu einer veritablen Datenbank auszubauen, welche von allen Mitarbeitenden und ihren Chefs für die Planung und Steuerung ihrer Arbeiten verwendet werden kann. Aus Managementsicht sollte eine entsprechende Applikation folgende Daten erfassen und auswerten können:

    • Interne Aufgaben (Katalog)
    • Teilaufgaben einer internen Aufgabe
    • Planbedarf in Stunden p.a. pro Interne Aufgabe
    • Kostenstellen (wo wird gearbeitet, Funktionsbereichszuordnung)
    • Beitragsarten (PEAKI) der an einer Internen Aufgabe Beteiligten
    • Zeitbedarf Plan (durch KOS-Leiter oder Mitarbeitende erfasst)
    • Mitarbeitende (wer ist im Einsatz, geschätzte Personalkosten?
    • Geleistete Arbeiten mit Zeitangabe und Datum (persönliche Arbeitserfassung)
    • Plan- Ist-Vergleich des Arbeitseinsatzes
    • Leistungsempfänger (Kunde, Kostenstelle, Projekt)

Damit diese Daten für die Planung und Steuerung einsetzbar sind, sind verschiedene Dateien, welche in vielen Unternehmen schon geführt werden, durch ein Datenmodell und eine entsprechende Applikation zu verbinden.

Durch den Vergleich von Plan- und Ist-Zeitverbräuchen kann die Planung für die nächsten Jahre verbessert werden und es lassen sich durch Rückgriff auf die Daten der Lohnadministration auch Kosten der einzelnen Aufgaben berechnen.

Die Spalten können bis auf die Ebene der einzelnen mitarbeitenden Person erweitert werden. In weiteren Spalten können Termine pro Aufgabe erfasst und die Kosten dieser Aufgaben quantifiziert werden.

Obwohl in einem grossen Teil der Unternehmen die Wahrnehmung der Internen Aufgaben schon mehr als 50% der gesamten Personalkosten verschlingt, wird dieser Kostenblock nach unserer Erfahrung bisher nur selten resultatbezogen geplant und gesteuert. Funktionendiagramme für die Internen Aufgaben können helfen, dass die Kosten der Internen Aufgaben unterproportional zur Entwicklung von Umsätzen und Deckungsbeiträgen wachsen. Dies erhöht die Konkurrenzfähigkeit.

Simulationsmodelle

Anforderungen an die Gestaltung von Simulationsmodellen, dargestellt am Beispiel einer Verkaufsförderungsaktion

Simulationsmodelle

In Simulationen werden die Chancen einer Entscheidung ihren möglichen Risiken gegenübergestellt, quantifiziert und bewertet. Nutzer von Simulationsmodellen sind in erster Linie die entscheidenden Führungskräfte. Da Entscheidungen nur für die Zukunft getroffen werden können, sind zuerst Annahmen bezüglich zu erreichender Mengen, Zeiten und Werte massgeblich.

Zur Erhöhung der Entscheidungssicherheit soll soweit möglich gesichertes Wissen in die Simulationen einfliessen, also bisher realisierte Mengen und Nettoverkaufspreise sowie Istkosten. Das können mit bisherigen Kunden realisierte Absatzmengen und Nettoverkaufserlöse sowie die dafür entstandenen proportionalen und fixen Kosten sein. Diese Daten liefert ein Management Accounting System, wenn es den in diesem Blog beschriebenen Anforderungen genügt (vgl. 10 Regeln):

    • Sind mit den bestehenden Dienstleistungen und Produkten Neukunden zu gewinnen, ist zu schätzen, welche zusätzlichen Deckungsbeiträge mit diesen Neukunden erzielbar sind und ob für dieses Wachstum Neuinvestitionen oder höhere Fixkosten zu erwarten sind. Die zusätzlich zu generierenden Deckungsbeiträge müssen das Delta Fixkosten plus das Delta kalkulatorische Abschreibungen aus den Investitionen mindestens decken.
    • Sollen neue Produkte ins Sortiment aufgenommen werden, ist zu schätzen, wieviel zusätzlicher Deckungsbeitrag durch diese Erweiterung erzielt werden kann und ob dieser die ebenfalls geschätzten zusätzlichen Fixkosten (inklusive Veränderung der kalkulatorischen Abschreibungen) wird decken können.
    • Sollen mittels Investitionen in die Informationstechnologie die Kosten der Planung und der Abwicklung interner Prozesse und der Dokumentation verringert werden, ist einerseits zu schätzen, welche zu Geldabflüssen führenden Kostenstellenkosten in welchem Ausmass gesenkt werden können, andererseits welche Investitionen dafür erforderlich sein werden und während wie vieler Jahre diese Investitionen genutzt werden können.

Lohnt sich eine Aktion zur Neukundengewinnung?

Die Verkaufsleitung der Ringbuch AG überlegt sich, zur Gewinnung zusätzlicher Kunden eine Aktion durchzuführen. Von November bis Januar, also dann, wenn in den Unternehmen die Ablageordner für das Folgejahr beschriftet werden, sollen potenzielle Neukunden angeschrieben werden. Der Artikel 105010, das Standard-Ringbuch für die Aktenablage, soll in dieser Aktion zum Brutto-Sonderpreis von 2.90 anstatt 3.60 angeboten werden (rund 20% Rabatt). Im Werbeprospekt zum Sonderangebot sollen jedoch die Angebote für kundenindividuell ausgestattete Ringbücher im Vordergrund stehen. Diese generieren in der Ringbuch AG höhere Deckungsbeiträge pro Stück als die Standardprodukte.

Es ist vorgesehen, nach der Sommerpause zusätzlich 20’000 Stück von Artikel 105010 herzustellen und an Lager zu legen. Für die Werbeaktion (Briefe und Emails) ist ein Budget von 13’500.– für Prospekte (Design und Druck) sowie Umschläge und Porti vorgesehen. Es sollen 5’000 potenzielle Kunden angeschrieben werden. Der Verkaufsinnendienst verpackt und versendet die Prospekte. Soll diese Werbeaktion durchgeführt werden?

Aufbau des Simulationsmodells

Das Simulationsmodell soll darstellen können, wie sich die Veränderung der Eckwerte auf den finanziellen Erfolg der Aktion auswirken könnten. Eckwerte sind:

    • Wie viele potenzielle Neukunden sollen angeschrieben werden, welcher Anteil davon wird wie viele Stück von Artikel 105010 bestellen?
    • Wie viele zum Sonderaktionspreis verkaufte Stück sind nötig, um die Kosten der Aktion decken zu können?
    • Sind die personellen und maschinellen Kapazitäten für die rechtzeitige Herstellung der Planmengen verfügbar? Sind dazu Arbeitszeiten mit Schichtzulagen erforderlich?
    • Kann das bestehende Personal im Verkaufsinnendienst die Arbeiten für die Aktion leisten oder sind dafür höhere als die geplanten Personalkosten notwendig?

Entscheidungsrelevant sind einerseits die getroffenen Annahmen der Führungskräfte, andererseits  bestehende Daten aus dem Planungs- und Steuerungssystem der Ringbuch AG (vgl. Management-Control-System, integriert planen und steuern und das darin enthaltene Simulationsmodell).

Die roten Felder sind die vorläufigen Annahmen der Führungskräfte, die blauen Felder enthalten die Ausgangsdaten aus dem Simulationsmodell der Ringbuch AG.

Simulationsmodelle
Simulationsmodelle

Die Kalkulationsgrundlage findet sich in den Zeilen 1 – 8:

    • Bruttoumsatz : Absatzmenge ergibt den geltenden Bruttoverkaufspreis von 3.60
    • Die 17.4% sind der durchschnittliche Rabattsatz, welcher den bisherigen Kunden aufgrund ihrer Kundengruppenzugehörigkeit gewährt wird. So ergibt sich der Nettoerlös von 375’705 in Zeile 5, Spalte 2.
    • Die proportionalen Herstellkosten pro Stück 105010 von 1.02 stammen ebenfalls aus dem Simulationsmodell.
    • Mit diesen Angaben werden die DB I pro Stück und pro Periode (246’672) berechnet.

Spalte 4 verbindet die Eckwerte der geplanten Aktion mit den Ausgangsdaten:

    • Planmenge, 20’000 Stück, Bruttoverkaufspreis 2.90.
    • Der durchschnittliche Rabattsatz von 17.4% wird aus der Jahresplanung übernommen, ebenso die proportionalen Herstellkosten von 1.02 pro Stück.
    • Können die vorgesehenen 20’000 Stück als Folge der Aktion wirklich verkauft werden, entsteht ein DB I von 27’400. Nach Abzug der direkten Kosten der Aktion (fix) in den Zeilen 9 und 10 verbleibt eine Ergebnisverbesserung von 13’400.
    • Durch den Sonderrabatt sinkt der DB I pro Stück von 1.95 auf 1.37. Die Aktion wird also gewinnbringend, wenn mehr als 10’219 Stück zum Aktionspreis verkauft werden (Breakeven-Menge der Aktion).

Im Simulationsmodell werden pro Kostenstelle auch die verfügbaren und genutzten Kapazitäten in Minuten geplant. Aus dieser Auswertung ist zu entnehmen, dass zur Herstellung der 20’000 Stück für die Aktion in den Herbstmonaten genügend freie Kapazität zu erwarten ist:

Kapazitaetsbedarf fuer Verkaufsfoerderung
Kapazitätsbedarf für Verkaufsfürderung

Die beschriebene Aktion zur Gewinnung von Neukunden kann durchgeführt werden. Sie lohnt sich, wenn etwas mehr als 50% der dafür produzierten Artikel 105010 zum Sonderpreis verkauft werden können. Die nicht verkauften Stück befinden sich Ende Januar noch zu proportionalen Herstellkosten verkaufsbereit am Lager. Die Chance, Neukunden auch zur Bestellung individuell ausgestatteter Ringbücher zu bewegen, ist intakt. Circa 4 Monate nach Abschluss der Aktion ist zu beurteilen, welche Neukunden gewonnen wurden und ob sie wieder gekauft haben.

Datenbasis für Simulationsmodelle im Management Accounting

Die Quantifizierung geplanter Aktionen soll zeigen, wie sich die Ergebnisse (Deckungsbeiträge, Fixkosten, Investitionen) voraussichtlich verändern werden. Die Voraussetzungen dafür müssen in den operativen Systemen geschaffen werden:

    • Im Ressourcenplanungssystem (ERP) müssen Material- und Arbeitszeitverbräuche sowie Kapazitäten, Umsätze und Nettoerlöse geplant und im Ist verfolgt werden können.
    • Das Management Accounting-System ist als stufenweise und mehrdimensionale Deckungsbeitragsrechnung aufzubauen, damit die proportionalen Plan-Herstellkosten und damit die zu erzielenden Deckungsbeiträge kalkuliert werden können.
    • Die zu erwartenden Neu-Investitionen sind zu berücksichtigen. Die bisherigen Abschreibungskosten sind nicht entscheidungsrelevant (sunk costs).

Im zitierten Simulationsmodell für das Management-Control-System lässt sich schrittweise nachvollziehen, wie die Modelle aufzubauen sind. Der Ausbau von  Planungs- und Steuerungssystemen in eine simulationsfähige Version ermöglicht es, Entscheidungen umfassender vorzubereiten und dadurch rentabler zu werden.

 

Produktivität

Produktivitätssteigerung = Mit bisheriger Leistung mehr Output oder mit weniger Leistung gleichen Output realisieren.

Produktivität

Eine Organisation wird produktiver, wenn es ihr gelingt, ihren Output zu steigern und dabei den Input entweder gleich zu behalten oder, noch besser, zu verringern. Im Beitrag «Profitabilität» wurde die Messung von Produktivitätskennzahlen erläutert. Es handelt sich immer um eine Division des Outputs durch den dazu verbrauchten Input sowie um die Messung der Entwicklung dieser Kennzahl im Zeitablauf. Im Beispiel zum erwähnten Beitrag wurde eine Arbeitsproduktivitätssteigerung von 11.11% berechnet, indem die verkauften Einheiten (Stück Output) durch die eingesetzten kompletten Arbeitsstunden (Stunden Input) des Unternehmens dividiert wurden. Diese Kennzahl ist für die Planung und Steuerung des Unternehmens jedoch nur von beschränktem Nutzen. Sie zeigt nämlich nicht an, welche Prozesse produktiver wurden und um wieviel. Produktivitätskenngrössen werden auf der Ebene von Kostenstellen und Prozessen benötigt, da unzählige Teilprozesse kontinuierlich zu verbessern sind.

Die Schwierigkeit besteht darin, in kleineren Einheiten, z. B. einzelnen Kostenstellen oder Prozessen, die Produktivitätsentwicklung zu messen. Denn dort sind die Verbesserungen zuerst zu erzielen. Im Bereich der Fertigung ist durch die Auswertung der auftragsbezogenen Leistungserfassung zu erkennen, ob die Bearbeitungszeiten für einen bestimmten Artikel in einer Kostenstelle im Zeitablauf sinken. Schwierig ist es, Produktivitätsverbesserungen in internen Prozessen und Kostenstellen zu messen, weil oft die Outputgrösse nicht klar abgegrenzt werden kann, weil die Leistungen verschiedener Kostenstellen zum Output beitragen und weil deren Arbeitsaufwand nicht gemessen wird (oder kann).

Beispiel 1: Ticketbeantwortung in der IT

Viele Rechenzentren haben Ticketsysteme zur Bearbeitung und Beantwortung von Fehlermeldungen oder Anfragen der Systemnutzer eingerichtet. Output solcher Ticketsysteme sind beantwortete Anfragen der Systembenutzer. Zwecks Messung des Outputs ist festzulegen, was als Beantwortung und damit als Output gelten soll (z.B. Problem gelöst, Systeme laufen wieder oder nur die Erklärung, warum der Fehler aufgetreten ist und wie er zukünftig vermieden werden kann).

Die Inputmessung erfordert weitere Festlegungen:

    • Welche Arbeitszeiten zur Behebung des Fehlers sind zu messen? (Die Bearbeitungszeit des beauftragten IT-Mitarbeiters, aller Beteiligten oder auch diejenige für externe Unterstützung?)
    • Sind auch die Antwortgeschwindigkeit und der Zeitraum bis zur kompletten Problemlösung zu messen? Wenn ja, wie werden sie gewichtet?
    • Sind auch finanzielle Inputs einzubeziehen wie z. B. Fremdrechnungen, höhere Lizenzgebühren oder Abschreibungen? Wenn ja, müssen die Inputs gleichnamig gemacht werden, was nur über Geldwerte erfolgen kann.

Beispiel 2: Produktivität in der Personaladministration

Es lässt sich zwar feststellen, ob sich der durchschnittliche Stundenaufwand für die Betreuung und die Lohnadministration einer mitarbeitenden Person im Zeitablauf verringert: Output = 1’000 betreute Mitarbeitende, Input 30’000 Stunden p.a., also 30 Stunden pro Person und Jahr. Wird eine in Pension gehende Mitarbeiterin des Personalbereichs nicht ersetzt, werden 30 Stunden weniger geleistet, respektive von anderen Personen des Personalbereichs übernommen. Die Produktivität der Gesamtabteilung steigt dadurch, weil für das gesamte Personal nur noch 29’970 Stunden eingesetzt werden. Es ist jedoch nicht erkennbar, welches die Auswirkungen für die betreuten Personen (Output) sind.

Auch die Outputs und die Inputs der Personalabteilung sind zu differenzieren, um vertieften Einblick in die Produktivitätsentwicklung ihrer Prozesse zu gewinnen. Wieviel Arbeitszeit wird eingesetzt für:

    • Anwerbung und Einstellung von Mitarbeitenden
    • Erfassung und Pflege der Mitarbeiterdaten inklusive Leistungsbeurteilungsdokumentation
    • Lohn- und Gehaltsabrechnung, Sozialversicherungen, Abrechnungen mit Dritten
    • Betreuung bezüglich interner und externer Aus- und Weiterbildung
    • Planung und Ausführung von internen Weiterbildungsveranstaltungen
    • Abstimmung mit Betriebsrat und Gewerkschaften?

Beispiel 3: Erfassung der Verkaufsaufträge sowie der Auslieferungsarbeiten

Im Beispielunternehmen Ringbuch AG soll die Produktivität der Verkaufsauftragsbearbeitung und der Auslieferung der verkauften Artikel an die Kunden erhöht werden. Die Kosten des Transports der Güter zum Kunden werden nicht berücksichtigt, da die Zustellung durch externe Unternehmen (Post, Auslieferdienst, Transportunternehmen) ausgeführt und den Kunden gemäss Kalkulationstabelle in Rechnung gestellt wird. Es werden nur die Personalkosten für diese Arbeitsgänge betrachtet. Die Analyse ergab folgende Werte:

Produktivität
Produktivität in der Verkaufs-Auftragsbearbeitung

Im Geschäftsjahr 2021 wurden 293 Kundenaufträge abgewickelt mit insgesamt 471 Artikelpositionen. Gemäss Leistungserfassung (Erfassung der Stundenverbräuche für Interne Aufgaben, vgl. den Beitrag Interne Aufgaben, wurden dafür im Verkaufsinnendienst 2’250 Stunden gearbeitet, im Lager für den Bezug und die Erstellung der Transportverpackung der verkauften Artikel 2’355 Stunden. Diese Stunden wurden mit dem gewichteten Präsenzstundensatz der beteiligten Mitarbeitenden multipliziert. Daraus ergaben sich die Personalkosten des Verpackungs-, Versand- und Fakturierungsprozesses von 333’140. Durchschnittlich verbraucht die Abwicklung eines Verkaufsauftrags 4’605 Stunden dividiert durch 293 Aufträge = 15.72 Stunden, was Personalkosten von 1’137 zur Folge hat.

Die Produktivität des Fakturierungs- und Auslieferungsprozesses wird somit besser, wenn es gelingt, die durchschnittlichen Personalkosten pro Auftrag unter 1’173 zu senken.

Arbeitszeiten für Interne Aufgaben messen

Die drei Beispiele sollen zeigen, dass Produktivitätsverbesserungen vor allem in den einzelnen Kostenstellen und (kostenstellenübergreifenden) Prozessen zu suchen und festzustellen sind. Dazu sind in erster Linie die Zeitverbräuche für Prozesse zu messen, was insbesondere in den nicht direkt produktionsbezogenen Bereichen schwierig ist.

Einerseits ist abzugrenzen, welche Inhalte und Resultate durch einen Prozess abschliessend bestimmt werden. Andererseits ist die Leistungserfassung so aufzubauen, dass die erbrachten Arbeitsleistungen auch entsprechend dieser Abgrenzungen erfasst werden können und dass auch zudienende Arbeitsschritte anderer Kostenstellen erfassbar werden, z. B. die Arbeitszeit der Produktionsdatenverwaltung, um einen Fertigungsauftrag überhaupt auslösen und verfolgen zu können.

Zur Beurteilung von Ideen zur Produktivitätsverbesserung ist es notwendig, die Verbräuche, vor allem von Mitarbeiterstunden messen oder mindestens schätzen zu können. Deshalb wird die Planung und Erfassung der Verbräuche für Interne Aufgaben in diesem Blog vertieft behandelt.

Investitionen und Sachkosten für Produktivitätssteigerungen

Oft stellt sich bei der Suche nach Produktivitätsverbesserungen die Frage, ob einzelne Arbeiten an ein anderes Unternehmen ausgelagert werden sollen oder ob sich Investitionen in Hard- und Software oder in Automatisierung lohnen könnten. In solchen Fällen erweist dich die dynamische Investitionsrechnung als probates Mittel zur prozessbezogenen Quantifizierung der Prozessveränderungen. Denn sie kann auch Investitionen und Verbrauchsänderungen einbeziehen und damit helfen, die Entscheidung ganzheitlicher zu treffen. Den Kosteneinsparungen werden die Investitionsbeträge sowie die Ausgaben für externe Services gegenübergestellt und ihre Auswirkungen werden für die geplante Nutzungsdauer quantifiziert.

Vgl. dazu die Beiträge zu „Lean Management

und zur „dynamischen Investitionsrechnung„.

Voraussetzungen für Agile Teamfuehrung

Alles wird agil – wirklich?

Voraussetzungen für Agile Teamfuehrung

«Agilität ist die Fähigkeit eines Unternehmens sein Geschäftsmodell und seine Organisation in kurzer Zeit auf neue Marktanforderungen und sich bietende Chancen auszurichten. Das heisst, agil sein bedeutet einerseits reaktiv, flexibel und anpassungsfähig und gleichzeitig proaktiv, initiativ und antizipativ zu handeln (Andreas Diehl ).»

«Agile Methoden umfassen Methoden wie Scrum, Kanban oder Design Thinking. Als Projektmanagementmethoden dienen sie der Optimierung bestehender Prozesse in Teams und Unternehmen. Quelle: Haufe Akademie, Management Challenges 2022, S. 44/45) ( )». Ebendort heisst es, «… es kommt auf eine Vertrauenskultur an, die Mitarbeiter:innen ermutigt, aktiv und schnell individuelle Lösungen an der direkten Kontaktstelle zu Kund:innen zu entwickeln, anstatt auf zentrale Vorgaben zu warten oder durch zu viele und zu  starre bürokratische Planungs-, Kontroll- und Reporting-Aktivitäten gelähmt zu werden.»

Gemäss den Change Beratern Dr. Kraus und Partner «…bezeichnet agile Führung einen Führungsstil, der ein schnelles und flexibles Agieren sowie Reagieren auf veränderte Rahmenbedingungen sowie Markt- und Kundenanforderungen ermöglichen soll. Dabei werden ein Einbezug der Mitarbeiter in die Entscheidungsprozesse sowie eine weitreichende Delegation von Kompetenzen und Entscheidungsbefugnissen an die Mitarbeiter bzw. Teams als zentrale Erfolgsfaktoren gesehen.»

Wird agile Führung den Gestaltungselementen des Management-Control-Systems gegenübergestellt, ist zu fragen, welche Planungs- und Steuerungsmethoden und -systeme im Gesamtunternehmen erforderlich sind, damit die Teams selbstverantwortlich, schnell und erfolgreich kundenzentrierte (nach aussen und nach innen) Lösungen erarbeiten können, ohne den Gesamterfolg des Unternehmens zu gefährden oder gar zu vereiteln.

Voraussetzungen für agile Teamführung
Voraussetzungen für agile Teamführung

Nehmen die höheren Führungskräfte die im unteren Bereich der Abbildung aufgeführten Aufgaben nicht richtig wahr, fehlen die Grundlagen für den Einsatz agiler Teams. Denn entsprechend ausgebildete Mitarbeitende stehen nicht zur Verfügung, Gebäulichkeiten, Maschinen, Transportmittel und vor allem geeignete Hard- und Software fehlen und oft auch das Geld für die Bezahlung des Personals, der Rohstoffe und der Investitionsgüter.

Aus Unternehmenspolitik und Strategie sind die auf- oder auszubauenden Erfolgspotenziale abzuleiten und in der operativen Planung die dafür notwendigen Mittel zu bewilligen. Erst die mehrjährige Planung kann die Voraussetzungen schaffen, dass agil auf die (meistens) dringlichen Kundenbedürfnisse reagiert werden kann. Vor- und Rückkopplungen zwischen Planung und dispositiver Steuerung sind deshalb ein wesentliches Element, soll Agilität möglich sein (vgl. auch den Beitrag «Planungsstufen».

Arbeitgeberattraktivität

Jede menschliche Organisation ist darauf angewiesen, die richtigen Mitarbeitenden zu haben, will sie ihren Zweck erfüllen. Damit sie diese Personen finden, einstellen und halten kann, muss sie als attraktiver Arbeitgeber gelten.

Arbeitgeberattraktivität

Arbeitgeberattraktivität ist als Anziehungskraft einer Organisation zu verstehen, Bewerbende für neu zu besetzende Stellen zu gewinnen und wichtige Mitarbeitende zu halten. Deshalb ist zwischen externer und interner Arbeitgeberattraktivität zu unterscheiden. Die Faktoren, welche ein Unternehmen für potenzielle Mitarbeitende interessant erscheinen lassen, werden als externe Arbeitgeberattraktivität zusammengefasst. Faktoren, welche die Bindung bestehender Mitarbeitender fördern, sind Elemente der internen Arbeitgeberattraktivität.

Arbeitgeberattraktivität
Arbeitgeberattraktivität

Externe Arbeitgeberattraktivität

Die Top 5 Kriterien bei der Arbeitgeberwahl (Quelle: Randstad Employer Brand Research 2022). Online-Befragung Anfang 2022 von 3’727 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie Arbeitssuchenden von 18 – 65 Jahren in Deutschland. Die Zahlen für 2016 wurden aus der damaligen Untersuchung in die untenstehende Tabelle  übernommen. Die Arbeitnehmenden und Arbeitssuchenden wurden nach den für sie fünf wichtigsten Faktoren befragt.

 Arbeitgeberattraktivität
Faktoren der Arbeitgeberattraktivität

Die zeitliche Entwicklung zeigt, dass sich zwar kleinere Rangverschiebungen ergeben, teilweise auch durch die COVID-Pandemie verursacht, dass die wichtigsten 5 Attraktivitätsfaktoren jedoch die gleichen bleiben.

Auch andere Befragungen zeigen fünf Attraktivitätsfaktoren an der Spitze. Das Meinungsforschungsinstitut Innofact AG hat zum Beispiel im Auftrag der TARGOBANK AG im Mai 2019 1.006 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Auszubildende und Studierende bevölkerungs- und bundesrepräsentativ online befragt und kam zu folgender Rangfolge:

Faktoren Auszubildende und Studierende
Faktoren Auszubildende und Studierende
Attraktive Arbeitgeber für Berufsstarter

Worauf achten Berufsstarter, wenn sie vielversprechende Arbeitgeber suchen? 2015 hat berufsstart.de untersucht, welche besonderen Eigenschaften Unternehmen aufweisen sollten, um als attraktiver Arbeitgeber bei Studenten, Absolventen sowie Young Professionals wahrgenommen zu werden (leider ist der Artikel auf berufsstart.de zur Zeit nicht zugänglich).

In dieser Studie wurden neben den sogenannten Hard Facts, als primäre Faktoren, auch die weichen Eigenschaften – die sekundären Merkmale für die Beliebtheit von Arbeitgebern erstmalig ermittelt. Es ergab sich, dass bei den Hard Facts Weiterbildungsmöglichkeiten mit 88% und Aufstiegschancen mit 79,5% die höchste Priorität bei der Wahl des passenden Arbeitgebers geniessen. Für drei Viertel aller Teilnehmer hat das Image eines Unternehmens den drittwichtigsten Rang. Auch auf internationale Ausrichtung sowie auf Jobsicherheit wird Wert gelegt.

Sozialleistungen sowie Infrastruktur werden von Berufsstartenden als eher unwesentlich für die Arbeitgeberattraktivität gewichtet. Bei den gewünschten sekundären Eigenschaften wurde mit 91,2% die Arbeitsatmosphäre als der wichtigste „weiche“ Faktor für die Anziehungskraft von Unternehmen erachtet. Arbeitsatmosphäre ist immer eine wesentliche Basis für die Mitarbeiterzufriedenheit und die kollegiale Zusammenarbeit. Abwechslungsreiche Tätigkeiten (76,7%) sowie Work-Life-Balance und Verantwortung waren nahezu gleich wichtig. Für ein Drittel der Berufsstarter war die Familienfreundlichkeit ein wesentlicher Grund für die Wahl eines Unternehmens. Weniger bedeutend für die Unternehmenswahl waren „flache Hierarchien, Benefits sowie Freizeitangebote“.

Quelle (22.05.2022): https://zvoove.com/blog/was-bewerber-bei-unternehmen-schaetzen-die-attraktivsten-arbeitgeber-2015-studie-berufsstart-de

Hauptfaktoren für die Mitarbeitergewinnung

Aus den gezeigten Rangfolgen und Beurteilungsschwerpunkten lässt sich ein Katalog der zehn wichtigsten Aspekte der externen Arbeitgeberattraktivität ableiten. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit wird der Katalog hier nach den Dimensionen der AMPEL gegliedert:

Arbeitsbedingungen

    1. Führungsverhalten und -prozesse
    2. Aufstiegs- und Karrieremöglichkeiten
    3. Akzeptable Arbeitsbelastung / Flexible Arbeitszeiten
    4. Work-Life Balance, Familie und Beruf
    5. Attraktiver Standort (Arbeitsweg, Gebäulichkeiten)

Profitabilität und Liquidität

    1. Wettbewerbsfähige Vergütung und Sozialleistungen
    2. Rentabilität und finanzielle Stabilität des Unternehmens

Evolution

    1. Herausfordernde Beschäftigung, Weiterbildungsmöglichkeiten

Marktposition

    1. Gute Produkte und Dienstleistungen des Unternehmens
    2. Guter Ruf des Arbeitgebers

In Einstellungsinseraten (Print oder elektronische Medien) sollten Angaben zu diesen 10 Attraktivitätsfaktoren enthalten sein. Interessierte sollten in Vorstellungsgesprächen dazu aufgefordert werden, vertiefende Fragen zu diesen Faktoren zu stellen. Die entsprechenden Dokumentationen wird wohl meistens der Personalbereich erstellen, doch sollten die erwähnten Punkte auch in den Direktgesprächen zwischen Bewerbenden und zukünftigen Vorgesetzten angesprochen werden.

Interne Arbeitgeberattraktivität

Es lohnt sich, mehr für die eigene Attraktivität als Arbeitgeber zu tun!

Das Institut für Führung und Personalmanagement (IFPM) der Universität St. Gallen hat 2015 und 2021 umfangreiche Befragungen und Studien zur internen Arbeitgeberattraktivität durchgeführt (diese Top Job-Trendstudie lässt sich hier herunterladen. 2021 wurden 13.400 Mitarbeitende aus rund 100 Unternehmen verschiedenster Branchen und Grössen befragt, davon 61% männlich. 20% der Antwortenden waren Führungskräfte. 92% der Befragten hatten Geburtsjahrgänge zwischen 1950 und 1996 (Generationen Baby Boomer, X und Y).

Mittels Befragung der Geschäftsführungsmitglieder wurden qualitative Vergleiche zwischen Unternehmen mit hoher und niedriger gemessener Arbeitgeberattraktivität erstellt. Es ergab sich, dass die Gruppe der Unternehmen mit hoher Arbeitgeberattraktivität rund ein Viertel bessere Werte bezüglich Umsatzwachstum und generierten Innovationsideen der Mitarbeitenden erzielte. Der Anteil der produktiven Arbeitszeit der Mitarbeitenden war ca. 20 % höher und der erzielte ROI lag im Vergleich zu den Unternehmen mit wenig Arbeitgeberattraktivität ebenfalls um rund 20% höher.

Faktoren der internen Arbeitgeberattraktivität

Werden Faktoren zur Steigerung der internen Attraktivität untersucht, ist zuerst zu beachten, dass alle Arbeitnehmenden ihre Realität subjektiv wahrnehmen und dass emotionale und handlungsbezogene Faktoren oft unbewusst wirken.

Deshalb ist es schwierig, allgemeingültige Kataloge attraktivitätssteigernder Handlungen zu definieren. Aus der Literatur und insbesondere aus in Interviews abgegebenen Kommentaren zur Wahl der attraktivsten Arbeitgeber sind jedoch viele positiv wirkende Verhaltensweisen ableitbar. Aus den präsentierten empirischen Analysen leiten wir die zehn wichtigsten internen Attraktivitätsfaktoren ab:

    1. Führungsstil und Feedbackkultur der Vorgesetzten
    2. Messbar formulierte zu erreichende Ziele und Erläuterung ihrer Bedeutung
    3. Freiheitsgrade in der Umsetzung
    4. Messung/Beurteilung erreichter Resultate (Soll-Ist-Vergleich) inklusive mündlicher und schriftlicher Anerkennung
    5. Lernmöglichkeiten am Arbeitsplatz
    6. Weiterbildungsangebote, auch in Bezug auf Softskills zum zwischenmenschlichen Umgang
    7. Entwicklungsmöglichkeiten im Unternehmen (Karrierechancen)
    8. Arbeit im Homeoffice
    9. Vereinbarkeit von Arbeit und Familienbetreuung
    10. Gemeinsame Aktivitäten (wo man sich trifft und austauscht).

Diese Faktoren sind – entsprechend den zitierten IFPM-Umfrageresultaten  kaum zeitabhängig. Sie repräsentieren unseres Erachtens die zu erfüllenden Bedürfnisse der Mitarbeitenden, damit sie sich im Unternehmen wohlfühlen und sich für die Erreichung der Unternehmensziele einsetzen wollen.

Dazu ist es erforderlich, dass alle Führungskräfte, von der obersten Unternehmensleitung bis zum Team- oder Kostenstellenleiter mit ihren Mitarbeitenden

    • regelmässig die Unternehmensziele und die strategischen Ziele pro Geschäftsfeld erklären,
    • die mittelfristig zu erreichenden Resultate des operativen Geschäfts und der Projekte erläutern,
    • die Jahresziele vereinbaren, damit diese wissen, auf welche Resultate es ankommt,
    • mindestens zweimal pro Jahr die Zielerreichung besprechen und, soweit nötig, Korrekturmassnahmen vereinbaren,
    • die in den vergangenen Monaten erreichten Resultate und den dafür geleisteten Einsatz verdanken,
    • die Verbesserungsvorschläge aus den Besprechungen aufnehmen und deren Realisierbarkeit beurteilen, respektive deren Umsetzung initiieren,
    • Anmerkungen der befragten Personen zur internen Zusammenarbeit aufnehmen und bearbeiten.

Die wesentlichen Faktoren der internen Arbeitgeberattraktivität werden somit hauptsächlich durch die Wahrnehmung der personenbezogenen Führungsaufgaben bestimmt.

Die finanzielle Vergütung der geleisteten Arbeit ist in allen Mitarbeitergenerationen (vom Babyboomer, Geburtsjahre 1950-1964, bis zur Generation Z, Geburtsjahre 1996-2010) der wichtigste und am einfachsten vergleichbare Entscheidungsfaktor (siehe oben).

Ob Mitarbeitende kommen und bleiben ist auch nach unserer Erfahrung hauptsächlich auf das Führungsverhalten und auf anspornende Arbeitsinhalte zurückzuführen.