Costing oder Pricing 2

Rechnen sich die Neuangebote? Beurteilung mit dynamischer Investitionsrechnung

Costing oder Pricing 2

Kunstleder-Präsentationsmappen anbieten?

In der Costing-Betrachtung werden die Netto-Planerlöse zu den erwarteten Kosten der Produkte, den Kosten der vorgesehenen Marketing- und Vertriebsmassnahmen und den erforderlichen Investitionen in Bezug gesetzt. Damit ist zu beurteilen, ob sich das gesamte Projekt rechnet und zur Umsetzung freigegeben werden kann.

Das erfordert eine Mehrjahresbetrachtung, weil Investitionen ins Anlagevermögen (zusätzliche Maschinen, Kapazitätserweiterung) zu erwarten sind und sich die Absatzmengen sowie die erzielbaren Nettoerlöse im Verlauf des Lebenszyklus‘ des Projekts verändern können. Zudem ist zu berücksichtigen, dass Ausgaben und Kosten zu anderen Zeitpunkten anfallen als die Nettoerlöse. Die Geldzu- und -abflüsse der einzelnen Jahre müssen deshalb vergleichbar gemacht werden. Das gelingt mit der dynamischen Investitionsrechnung.

Dazu werden die jährlich erwarteten Nettoerlöse (vgl. Costing oder Pricing 1) in Zeile 4 der Tabelle unten übernommen .

Da die Kunstleder-Präsentationsmappe noch nicht existiert, fehlen die Stückliste und der Arbeitsplan für dieses Produkt noch. Als Kalkulationsgrundlage kann von den Verbrauchsdaten eines möglichst ähnlichen schon hergestellten Produkts ausgegangen werden. Diese werden um die zu erwartenden zusätzlichen Einzelmaterialpositionen und Fertigungsleistungen ergänzt. So ergeben sich die proportionalen Planherstellkosten pro Präsentationsmappe (Zeile 5). Sind in den Planjahren höhere Einstandspreise und proportionale Kostensätze zu erwarten, können diese Kostenänderungen pro Planjahr berücksichtigt werden.  Im aktuellen Planungsstand wird pro Präsentationsmappe vorerst in allen Jahren von proportionalen Herstellkosten von 8.00 ausgegangen. Multipliziert mit den Plan-Absatzmengen (Zeile 2) ergeben sich in Zeile 6 die jährlichen proportionalen Plan-Herstellkosten und in Zeile 7 die mit den Präsentationsmappen in den Planjahren zu erzielenden Deckungsbeiträge I.

Costing oder Pricing 2
Dynamische Investitionsrechnung für Produktergänzung

In den Zeilen 8 und 9 sind die jährlich erwarteten zusätzlichen Fixkosten einzutragen, wenn die Präsentationsmappe eingeführt und die jährlichen Plan-Absatzmengen erreicht werden sollen. Das können externe Kosten für produktspezifische Werbung sein, Zusatzkosten für die Erstellung von Produktkatalogen, externe Kosten für die Ergänzung des eigenen Webauftritts sowie zusätzliche Personalkosten für die Betreuung und Administration der Neuprodukte. Wichtig ist, dass dabei nur Positionen berücksichtigt werden, die zu veränderten Geldabflüssen führen (keine Umlagen).

Es ergibt sich der jährlich erwartete Netto-Geldrückfluss aus dem Projekt, also der Cash Flow vor Abzug von Zinsen und Steuern CFBIT (Zeile 10).

Der CFBIT wird zuerst für die Bezahlung der sich aus dem Projekt ergebenden Investitionen verwendet, also für zusätzliche Maschinen, Kapazitätsausbauten bestehender Anlagen und eventuell für die externe Miete zusätzlicher Räumlichkeiten. Zu berücksichtigen sind auch höhere Debitorenbestände, welche voraussichtlich aus der Steigerung der fakturierten Umsätze folgen werden. Steigt durch das Neuprodukt auch das Einkaufsvolumen bei den Lieferanten, nehmen als Folge die Kreditorenbestände zu. Die Geldabflüsse erfolgen dadurch erst in der Folgeperiode. Diese Positionen sind in Zeile 11 zusammengefasst.

In Zeile 12 ergibt sich der Saldo der jährlichen Geldzu- und -abflüsse . Es ist zu erkennen, dass die Netto-Geldflüsse der Jahre 1 – 3 ausreichen werden, die Neuinvestitionen und die Veränderungen der Debitoren- und Kreditorenbestände der Jahre 1 – 3 zu decken. Die Payback-Periode des Projekts Kunstleder-Präsentationsmappen beträgt etwas mehr als 2 Jahre.

Aus Sicht der Eigentümer (Aktionäre) und der Kreditgeber (Banken) soll das Projekt zudem eine marktgerechte Verzinsung erbringen. Denn diese überlegen sich, ob sie ihr Geld im Beispielunternehmen Ringbuch AG oder in einer anderen Gesellschaft anlegen sollen. Um die Geldgeber von der Rentabilität des Projekts überzeugen zu können, sollte das Management der Ringbuch AG deshalb die zu erwartenden zukünftigen Netto-Geldflüsse auf den Zeitpunkt des Projektentscheids abzinsen.

Dazu ist der Barwert der nominalen jährlichen Geldflüsse zum Zeitpunkt der Entscheidung zu berechnen. Beispiel:

Bei einem angenommenen Zinssatz (i) von 10% p.a. hat ein Geldrückfluss von 1’000 EUR, der genau ein Jahr nach dem Projektentscheid erfolgt, zum Zeitpunkt des Entscheids den Wert von 909.09 EUR. Das ergibt sich aus der Diskontierungsformel: Barwert = Geldfluss x 1 : (1 + i)1 = 1 : 0.90909.

Diese Diskontierung der jährlichen Geldrückflüsse findet sich in Zeile 15 der Entscheidungsvorlage für die Präsentationsmappen. Die jährlichen nominalen Nettogeldflüsse in Zeile 12 wurden mit den Barwertfaktoren aus Zeile 13 multipliziert. In Zeile 14 stehen dadurch die  barwertigen jährlichen Geldrückflüsse. Der kumulierte Barwert des Projekts beläuft sich Ende Jahr 2 auf +8’182. Das bedeutet, dass sich die Einführung der Kunstleder-Präsentationsmappen auch unter Berücksichtigung von 10% Zins schon nach zwei Jahren bezahlt macht.

Das allgemeingültige Modell für die Quantifizierung von Investitionen, Projekten und strategischen Plänen können Sie als Excel-Modell hier herunterladen und es nach Ihrem Bedarf anpassen.

Der hier verwendete marktgerechte Zinssatz von 10% ist für den deutschen Sprachraum sehr aktuell. In unserem Buch 360°-Management, Seiten 243 ff., haben wir 2015 die marktgerechten Zinssätze verschiedener Branchen in verschiedenen Ländern berechnet und publiziert. In 2022 hat sich ergeben, dass die dort angegebenen Zinssätze für den deutschsprachigen Raum und für die USA nach wie vor aktuell sind. Vgl. auch den Beitrag „Marktgerechter Gewinn„.

Fazit für die finanzielle Beurteilung von Plänen und Projekten:

    • Pricing kommt vor Costing: Die Schätzung möglicher Absatzmengen und Nettopreise sowie ihr Vergleich mit Konkurrenzangeboten ist Voraussetzung, um die Rentabilität von Projekten vor der Entscheidung beurteilen zu können.
    • Für Direktkunden und Absatzmittler sind jeweils eigene Pläne zu erstellen, da die Netto-Verkaufserlöse stark divergieren.
    • Erlösschmälerungen reduzieren den Deckungsbeitrag genauso wie die proportionalen Herstellkosten.
    • Die direkten Kosten für die Gewinnung von Neukunden sind als Fixkosten in die Planung einzubeziehen.
    • Den Absatz- und Umsatzplänen sind die voraussichtlichen proportionalen Herstellkosten der Dienstleistungen und Produkte gegenüberzustellen. Die sich ergebenden Deckungsbeiträge I müssen mindestens die Fixkosten der Projekte decken.
    • Nicht die Kosten bestimmen den Verkaufspreis und die Nettoerlöse, sondern der Markt und die Verkäufer.
    • Vollkosten pro Produkteinheit lassen sich zwar berechnen, sind aber wegen der Fixkostenschlüsselung nicht entscheidungsrelevant.
    • Vor- und Rückkopplungen sind im Planungsprozess normal. Es gilt, die sich ergebenden Veränderungen in den Plänen kontinuierlich zu berücksichtigen.
    • Mehrjahreshorizont: Die Erweiterung oder Kürzung des Kundenkreises sowie des eigenen Angebots haben immer langfristige Auswirkungen. Deshalb sind meistens mehrjährige Betrachtungen entscheidungsrelevant. Das spricht für die Anwendung der dynamischen und geldflussorientierten Investitionsrechnung.
    • Die Annahmen hinterfragen und mehrere Varianten der Investitionsrechnung erstellen und vergleichen. Das ermöglicht es, die Folgen unterschiedlicher Schätzwerte in die Entscheidungsfindung einzubeziehen.

Costing oder Pricing 1

Nettoerlösplanung für eine Sortimentsergänzung

Costing oder Pricing 1

In der Unternehmensführung stellt sich oft die Frage, ob in erster Linie die Verkaufspreise und die eigenen Kosten für den Unternehmensgewinn bestimmend sind oder die Gestaltung des Sortiments und des Marktauftritts. Soll die Planung mit Costing oder Pricing begonnen werden?.

Meistens machen der Markt, also die potenziellen Kunden und die Konkurrenten sowie das Können der eigenen Verkäufer den Preis. Doch erst der Vergleich der Nettoerlöse mit den dafür entstandenen Kosten ergibt den Unternehmensgewinn. Der Gewinn einzelner Produkte oder einzelner Kunden kann nicht verursachungs- und periodengerecht ermittelt werden, weil die Kosten der Leistungsbereitschaft (fixe Kosten) weder Kunden noch Produkten/Dienstleistungen verursachungsgerecht belastet werden können (vgl. den Beitrag «Die Vollkosten eines Produkts sind immer falsch»).

Planende Führungskräfte müssen entscheiden, ob sie ein neues Produkt oder gar eine Produktgruppe in ihr Sortiment aufnehmen wollen, neue Verkaufsgebiete oder Absatzkanäle bedienen oder gar in neue Technologien investieren sollen. Für den Ausbau muss oft investiert werden und es entstehen neue Kostenelemente, um zusätzliche Umsätze und Deckungsbeiträge zu erzielen.

Deshalb ist mit der Schätzung von Absatzmengen, Verkaufspreisen und Nettoerlösen pro Produkt zu beginnen. Denn diese Pricing-orientierten Daten schaffen die Grundlage für die Planung der notwendigen Investitionen und Kosten. Es ist vom Markt ins Unternehmen zu denken. Idealtypisch entsteht ein grober Ablauf:

    1. Ideen für neue Produkte oder Services aufbereiten.
    2. Analyse der konkurrierenden Produkte oder Services und damit der zu erwartenden Konkurrenten.
    3. Schätzung möglicher Absatzmengen und Nettopreise in verschiedenen Marktdimensionen wie Verkaufsgebiete, Absatzkanäle, Produktgruppen.
    4. Planung der Verkaufsmengen und Nettoerlöse pro Artikel, Verkaufsgebiet und Absatzkanal.
    5. Schätzung der jährlichen Zusatzkosten für Marketing, Werbung, Verkaufsförderung, Kundenbetreuung.
    6. Entscheid

Erst wenn Schätzwerte für Punkt 4.  verfügbar sind, macht es Sinn, die für die Umsetzung notwendigen Kosten und Investitionen zu planen.

Für die Planrechnung ist die dynamische Investitionsrechnung das geeignete Instrument. Denn in ihr können Absatz- und Nettoerlösschätzungen mit Geldausgaben für Neuinvestitionen und zu erwartenden Kosten verglichen werden, die Payback-Periode berechnet und die Barwerte auf den Entscheidungszeitpunkt diskontiert werden. Schon vorhandene Deckungsbeitrags- und Kosten-/Leistungsrechnungen können zwar wesentliche Planungsinputs liefern, doch sind in ihnen die neuen Produkte und Teilmärkte noch nicht angelegt. Deshalb empfiehlt es sich, zuerst die zu erwartenden Nettoerlöse und Deckungsbeiträge in einer eigenen Tabelle zu berechnen.

Kunstleder-Präsentationsmappen anbieten? (Costing oder Pricing, Teil 1)

Im Management der Ringbuch AG wird die Idee diskutiert, hochwertige Präsentationsringbücher mit Kunstlederhülle ins Sortiment aufzunehmen. Diese Präsentationsmappen sollen die Kunden dabei unterstützen, ihre eigenen Angebote erfolgreicher anpreisen zu können.

Die Kunstledermappen sollen in den bestehenden drei Absatzkanälen (Direktverkauf an Unternehmen, an Einzelhändler zum Wiederverkauf und via Onlineshop) vertrieben werden. Vorerst ist der Verkauf nur im Heimmarkt (Schweiz) vorgesehen.

Markteinschätzung

Die Verkaufsleitung und die Verkäufer der Ringbuch AG einigten sich in einer ersten Beurteilung auf folgende potenziellen Netto-Verkaufspreise (nach Abzug von Rabatten aller Art) und Absatzmengen für den Heimmarkt Schweiz:

Costing oder Pricing 1
Umsatzplan Präsentationsmappe

Die Verkäufer der jeweiligen Absatzkanäle haben die aus ihrer Sicht realisierbaren Absatzmengen von Präsentationsmappen geschätzt (Zeilen 1). Die angenommene Entwicklung der Planabsatzmengen lässt erkennen, dass davon ausgegangen wurde, dass die Lebenskurve des Produkts im fünften Jahr ihre Spitze erreichen wird und anschliessend die Absatzmengen wieder sinken werden (Produkt-Lebenszyklus).

Die Ringbuch AG gewährt ihren Kunden unterschiedliche Rabatte auf die Listenpreise und auf die Bestellwerte. Die bisher gewährten Durchschnittsrabatte sind in den Netto-Verkaufspreisen schon berücksichtigt. Das erklärt die unterschiedlichen Netto-Verkaufspreise pro Stück (Zeilen 2).

In den Zeilen 3 wurden die mit den vorgesehenen Präsentationsmappen zu erreichenden Nettoerlöse pro Jahr und Absatzkanal berechnet.  Es ergaben sich auch die geschätzten durchschnittlichen Netto-Verkaufspreise pro Stück.

Die Kunstleder-Präsentationsmappen sollen helfen, dass die Ringbuch AG bei allen potenziellen Kunden in den engeren Kreis möglicher Lieferanten für verkaufsunterstützende Hilfsmittel gehört. Das dient der kontinuierlichen Verbesserung der eigenen Marktposition.

Die Tabelle mit den absatzkanalbezogenen Planverkaufsmengen und Nettoerlösen ist somit ein Ansatz, strategische Absichten zu operationalisieren. Sie ist die Basis, um die Plan-Nettoerlöse mit den zu erwartenden Kosten und Ausgaben zu vergleichen. Erst dieser Vergleich kann zeigen, ob die Sortimentsausweitung auch das finanzielle Ergebnis der Ringbuch AG verbessern wird.

Die Kosten- und Gewinnseite folgt im nächsten Beitrag.

Simulationsmodelle

Anforderungen an die Gestaltung von Simulationsmodellen, dargestellt am Beispiel einer Verkaufsförderungsaktion

Simulationsmodelle

In Simulationen werden die Chancen einer Entscheidung ihren möglichen Risiken gegenübergestellt, quantifiziert und bewertet. Nutzer von Simulationsmodellen sind in erster Linie die entscheidenden Führungskräfte. Da Entscheidungen nur für die Zukunft getroffen werden können, sind zuerst Annahmen bezüglich zu erreichender Mengen, Zeiten und Werte massgeblich.

Zur Erhöhung der Entscheidungssicherheit soll soweit möglich gesichertes Wissen in die Simulationen einfliessen, also bisher realisierte Mengen und Nettoverkaufspreise sowie Istkosten. Das können mit bisherigen Kunden realisierte Absatzmengen und Nettoverkaufserlöse sowie die dafür entstandenen proportionalen und fixen Kosten sein. Diese Daten liefert ein Management Accounting System, wenn es den in diesem Blog beschriebenen Anforderungen genügt (vgl. 10 Regeln):

    • Sind mit den bestehenden Dienstleistungen und Produkten Neukunden zu gewinnen, ist zu schätzen, welche zusätzlichen Deckungsbeiträge mit diesen Neukunden erzielbar sind und ob für dieses Wachstum Neuinvestitionen oder höhere Fixkosten zu erwarten sind. Die zusätzlich zu generierenden Deckungsbeiträge müssen das Delta Fixkosten plus das Delta kalkulatorische Abschreibungen aus den Investitionen mindestens decken.
    • Sollen neue Produkte ins Sortiment aufgenommen werden, ist zu schätzen, wieviel zusätzlicher Deckungsbeitrag durch diese Erweiterung erzielt werden kann und ob dieser die ebenfalls geschätzten zusätzlichen Fixkosten (inklusive Veränderung der kalkulatorischen Abschreibungen) wird decken können.
    • Sollen mittels Investitionen in die Informationstechnologie die Kosten der Planung und der Abwicklung interner Prozesse und der Dokumentation verringert werden, ist einerseits zu schätzen, welche zu Geldabflüssen führenden Kostenstellenkosten in welchem Ausmass gesenkt werden können, andererseits welche Investitionen dafür erforderlich sein werden und während wie vieler Jahre diese Investitionen genutzt werden können.

Lohnt sich eine Aktion zur Neukundengewinnung?

Die Verkaufsleitung der Ringbuch AG überlegt sich, zur Gewinnung zusätzlicher Kunden eine Aktion durchzuführen. Von November bis Januar, also dann, wenn in den Unternehmen die Ablageordner für das Folgejahr beschriftet werden, sollen potenzielle Neukunden angeschrieben werden. Der Artikel 105010, das Standard-Ringbuch für die Aktenablage, soll in dieser Aktion zum Brutto-Sonderpreis von 2.90 anstatt 3.60 angeboten werden (rund 20% Rabatt). Im Werbeprospekt zum Sonderangebot sollen jedoch die Angebote für kundenindividuell ausgestattete Ringbücher im Vordergrund stehen. Diese generieren in der Ringbuch AG höhere Deckungsbeiträge pro Stück als die Standardprodukte.

Es ist vorgesehen, nach der Sommerpause zusätzlich 20’000 Stück von Artikel 105010 herzustellen und an Lager zu legen. Für die Werbeaktion (Briefe und Emails) ist ein Budget von 13’500.– für Prospekte (Design und Druck) sowie Umschläge und Porti vorgesehen. Es sollen 5’000 potenzielle Kunden angeschrieben werden. Der Verkaufsinnendienst verpackt und versendet die Prospekte. Soll diese Werbeaktion durchgeführt werden?

Aufbau des Simulationsmodells

Das Simulationsmodell soll darstellen können, wie sich die Veränderung der Eckwerte auf den finanziellen Erfolg der Aktion auswirken könnten. Eckwerte sind:

    • Wie viele potenzielle Neukunden sollen angeschrieben werden, welcher Anteil davon wird wie viele Stück von Artikel 105010 bestellen?
    • Wie viele zum Sonderaktionspreis verkaufte Stück sind nötig, um die Kosten der Aktion decken zu können?
    • Sind die personellen und maschinellen Kapazitäten für die rechtzeitige Herstellung der Planmengen verfügbar? Sind dazu Arbeitszeiten mit Schichtzulagen erforderlich?
    • Kann das bestehende Personal im Verkaufsinnendienst die Arbeiten für die Aktion leisten oder sind dafür höhere als die geplanten Personalkosten notwendig?

Entscheidungsrelevant sind einerseits die getroffenen Annahmen der Führungskräfte, andererseits  bestehende Daten aus dem Planungs- und Steuerungssystem der Ringbuch AG (vgl. Management-Control-System, integriert planen und steuern und das darin enthaltene Simulationsmodell).

Die roten Felder sind die vorläufigen Annahmen der Führungskräfte, die blauen Felder enthalten die Ausgangsdaten aus dem Simulationsmodell der Ringbuch AG.

Simulationsmodelle
Simulationsmodelle

Die Kalkulationsgrundlage findet sich in den Zeilen 1 – 8:

    • Bruttoumsatz : Absatzmenge ergibt den geltenden Bruttoverkaufspreis von 3.60
    • Die 17.4% sind der durchschnittliche Rabattsatz, welcher den bisherigen Kunden aufgrund ihrer Kundengruppenzugehörigkeit gewährt wird. So ergibt sich der Nettoerlös von 375’705 in Zeile 5, Spalte 2.
    • Die proportionalen Herstellkosten pro Stück 105010 von 1.02 stammen ebenfalls aus dem Simulationsmodell.
    • Mit diesen Angaben werden die DB I pro Stück und pro Periode (246’672) berechnet.

Spalte 4 verbindet die Eckwerte der geplanten Aktion mit den Ausgangsdaten:

    • Planmenge, 20’000 Stück, Bruttoverkaufspreis 2.90.
    • Der durchschnittliche Rabattsatz von 17.4% wird aus der Jahresplanung übernommen, ebenso die proportionalen Herstellkosten von 1.02 pro Stück.
    • Können die vorgesehenen 20’000 Stück als Folge der Aktion wirklich verkauft werden, entsteht ein DB I von 27’400. Nach Abzug der direkten Kosten der Aktion (fix) in den Zeilen 9 und 10 verbleibt eine Ergebnisverbesserung von 13’400.
    • Durch den Sonderrabatt sinkt der DB I pro Stück von 1.95 auf 1.37. Die Aktion wird also gewinnbringend, wenn mehr als 10’219 Stück zum Aktionspreis verkauft werden (Breakeven-Menge der Aktion).

Im Simulationsmodell werden pro Kostenstelle auch die verfügbaren und genutzten Kapazitäten in Minuten geplant. Aus dieser Auswertung ist zu entnehmen, dass zur Herstellung der 20’000 Stück für die Aktion in den Herbstmonaten genügend freie Kapazität zu erwarten ist:

Kapazitaetsbedarf fuer Verkaufsfoerderung
Kapazitätsbedarf für Verkaufsfürderung

Die beschriebene Aktion zur Gewinnung von Neukunden kann durchgeführt werden. Sie lohnt sich, wenn etwas mehr als 50% der dafür produzierten Artikel 105010 zum Sonderpreis verkauft werden können. Die nicht verkauften Stück befinden sich Ende Januar noch zu proportionalen Herstellkosten verkaufsbereit am Lager. Die Chance, Neukunden auch zur Bestellung individuell ausgestatteter Ringbücher zu bewegen, ist intakt. Circa 4 Monate nach Abschluss der Aktion ist zu beurteilen, welche Neukunden gewonnen wurden und ob sie wieder gekauft haben.

Datenbasis für Simulationsmodelle im Management Accounting

Die Quantifizierung geplanter Aktionen soll zeigen, wie sich die Ergebnisse (Deckungsbeiträge, Fixkosten, Investitionen) voraussichtlich verändern werden. Die Voraussetzungen dafür müssen in den operativen Systemen geschaffen werden:

    • Im Ressourcenplanungssystem (ERP) müssen Material- und Arbeitszeitverbräuche sowie Kapazitäten, Umsätze und Nettoerlöse geplant und im Ist verfolgt werden können.
    • Das Management Accounting-System ist als stufenweise und mehrdimensionale Deckungsbeitragsrechnung aufzubauen, damit die proportionalen Plan-Herstellkosten und damit die zu erzielenden Deckungsbeiträge kalkuliert werden können.
    • Die zu erwartenden Neu-Investitionen sind zu berücksichtigen. Die bisherigen Abschreibungskosten sind nicht entscheidungsrelevant (sunk costs).

Im zitierten Simulationsmodell für das Management-Control-System lässt sich schrittweise nachvollziehen, wie die Modelle aufzubauen sind. Der Ausbau von  Planungs- und Steuerungssystemen in eine simulationsfähige Version ermöglicht es, Entscheidungen umfassender vorzubereiten und dadurch rentabler zu werden.

 

Management Control und Controlling international

Fachwörterbuch

Management Control und Controlling international

Fachwörterbuch zu Management Control und Controlling

Weil viele Oganisationen international tätig sind, ist zunehmend mehrsprachig zu kommunizieren. Aus diesem Grund haben wir unsere Übersicht zu Fachbegriffen der Controllerwelt und der Management Control Systeme ausgebaut und aktualisiert. Sie finden mehr als 2’500 Fachbegriffe in Deutsch, Englisch, Französich und Italienisch.

Im Downloadbereich dieses Blogs können Sie unsere Übersicht herunterladen und für Ihre Bedürfnisse speichern, bearbeiten und ergänzen.

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Integration der BSC mit der DB-Rechnung

Messung des finanziellen Erfolgs der Balanced Scorecard mit der Deckungsbeitragsrechnung.

Integration der BSC mit der DB-Rechnung

Erst in der Gesamtbetrachtung und im Vergleich zum Plan zeigt sich, inwieweit die BSC-Vorschläge erfolgreich realisiert wurden. Um das Gesamtbild zusammenfügen zu können, müssen Mengen, Leistungen, Zeiten, Bestände gleichnamig gemacht werden. Das gelingt in der Ergebnisrechnung und in der internen Bilanz.

Wird die die Ergebnisrechnung als stufenweise und mehrdimensionale Deckungsbeitragsrechnung aufgebaut, lassen sich Zwischenresultate präsentieren, welche die jeweils zuständigen Führungskräfte direkt selbst verantworten können. Zudem können Entwicklungen im Zeitablauf (vom Vergleich mit dem Vormonat bis zu mehrjährigen Veränderungen) sowie als Plan-Ist-Vergleiche dargestellt werden. Die Abweichungen gegenüber Plan werden jeweils dort ausgewiesen, wo sie zu verantworten sind. Eine Umlage von Abweichungen auf Produkte erübrigt sich.

Integration der BSC mit der Deckungsbeitragsrechnung
Integration der BSC mit der Deckungsbeitragsrechnung

Beispiele für stufenweise DB-Rechnungen und eine Verkaufsgebiets-DB-Rechnung finden sich hier.

Verantwortlichkeiten und Abweichungsanalyse

Die Verkäufer können zuerst den Nettoerlös verantworten, weil sie alle bestimmenden Einflussgrössen planen und steuern. Werden vom realisierten Nettoerlös eines Verkaufs seine geplanten proportionalen Standard-Herstellkosten abgezogen, bleiben alle in den nachgelagerten Funktionsbereichen entstehenden Abweichungen aussen vor. Dadurch können die verkaufenden Personen in ihrem Bereich auch die Verantwortung für die erzielten DB I übernehmen.

Dem eigenen Geschäftsmodell und der Marktbearbeitung entsprechend ist die DB-Rechnung mehrdimensional aufzubauen:

    • In der Produkt-/Produktgruppensicht können die Fixkosten der Verkaufsförderung eindeutig den Deckungsbeiträgen der Produktgruppen oder Sortimente zugeordnet werden. Produktgruppenmanager können damit die Verantwortung für den DB I ihrer Produktgruppe sowie für ihre eigenen direkt beeinflussbaren und damit verantwortbaren Fixkosten übernehmen. Für ihre Zielerreichungsbeurteilung ist der Produktgruppen- oder Sortiments-DB relevant.
    • Sinngemäss können auch Verkaufsgebiets-DB geplant und gemessen werden. Die in einem Verkaufsgebiet erzielten DBI (nach Abzug der proportionalen Standard-Herstellkosten) abzüglich der direkt beeinflussbaren Kosten des Verkaufsgebiets (Kostenstelle) ergeben den Verkaufsgebiets-DB.
    • Ist im Kundenstamm für jeden Kunden der Absatzkanal hinterlegt (z.B. Direktverkauf, Online, Händler) kann die DB-Rechnung auch für diese Dimension erstellt werden. Vom DB I des Absatzkanals sind in diesem Fall die beeinflussbaren Fixkosten der Channel-Betreuung abzuziehen.

Mit der skizzierten mehrstufigen und mehrdimensionalen DB-Rechnung ist es somit möglich, jeder betrachteten Dimension in Plan und Ist die erzielten DB I sowie die in dieser Dimension zu verantwortenden Fixkosten und Abweichungen eindeutig zuzuordnen. Die jeweils Verkaufsverantwortlichen können beurteilen, wie sich BSC-Aktivitäten auf das Ergebnis ihres Bereichs ausgewirkt haben.

Abweichungen zwischen Plan-/Soll- und Istwerten entstehen in der Produktion sowie in den anderen Kostenstellen. Die Differenz zwischen Soll- und Istkosten heisst Verbrauchsabweichung. Für diese ist der jeweilige Kostenstellenleiter zuständig.

Da sich die Produktion der Kundennachfrage anpassen und gleichzeitig Bestandsziele im Lager berücksichtigen soll, ergeben sich verschiedene Abweichungsarten, für welche der Produktionsleiter zuständig ist, da er, zusammen mit seinem Personal, in den abgewickelten Fertigungsaufträgen die plankalkulierten Werte erreichen soll. Steigen wegen grösserer Verkaufsmengen die Losgrössen in der Fertigung, führt das zu positiven Losgrössenabweichungen, weil das Einrichten und Rüsten nur einmal pro Fertigungsauftrag anfällt. Wird pro Stück weniger Material verbraucht als geplant, entstehen positive Materialmengenabweichungen. Können mehr gute Stück aus dem Materialeinsatz hergestellt werden als geplant, entstehen positive Ausbeuteabweichungen. Werden Fertigungsaufträge in anderen als den geplanten Kostenstellen abgewickelt (Engpässe), entstehen Verfahrens- oder Routingabweichungen. Schliesslich entstehen Arbeitszeitabweichungen, wenn für die Abwicklung eines Fertigungsauftrags in den Fertigungs-Kostenstellen mehr oder weniger Zeit als vorkalkuliert verbraucht wurde.

Alle diese Abweichungsarten sind den Produktionsverantwortlichen zu berichten, da sie die Einzigen sind, die direkt dafür sorgen können, dass solche Abweichungen nicht entstehen. Deshalb werden diese Abweichungen nicht auf die hergestellten Einheiten verrechnet und auch nicht in den Produkt-Deckungsbeiträgen ausgewiesen. Die Abweichungsanalyse für die Fertigungsaufträge stellt dar, um wieviel die effektiven Kosten der produzierten Aufträge von den Sollkosten abweichen. Dazu kommen noch die Verbrauchsabweichungen der Produktionskostenstellen. Solche Abweichungen zu vermeiden, liegt in der Verantwortung der Produktionsleitung und ihrer Kostenstellenleiter.

Ergeben sich beim Einkauf Differenzen zwischen Plan- und bezahlten Preisen, entstehen Einstandspreisabweichungen. Für diese ist der Einkäufer, nicht der Verbraucher zuständig. Nur wenn das Material direkt für einen bestimmten Fertigungsauftrag eingekauft wird, kann eine Einstandspreisabweichung verursachungsgerecht dem Auftrag belastet werden. Diese Abweichungsart entsteht im Moment des Einkaufs, nicht des Verbrauchs vgl. auch den Beitrag „Plankalkulation“.

Verbrauchsabweichungen entstehen in allen weiteren Kostenstellen, wenn die Istkosten nicht den Sollkosten entsprechen. Folglich sind die Kostenstellenleiter dafür zuständig. Die Verbrauchsabweichungen können nicht verursachungsgerecht den Produkteinheiten zugerechnet werden! In der stufenweisen und mehrdimensionalen DB-Rechnung werden sie (organisationsbezogen) jeweils der untersten Verdichtungsebene zugeordnet, zu welcher ein eindeutiger Bezug besteht (vgl. den Beitrag „mehrdimensionale DB-Rechnung“).

Diese tiefgegliederten Soll-Ist-Vergleiche werden für die unterjährige Steuerung eingesetzt, damit die jeweils Verantwortlichen schnell Korrekturmassnahmen festlegen können. Für die Bereitstellung der Daten für die Balanced Scorecard sind  die verdichteten Angaben zu erbrachten Leistungen und die nachkalkulierten Istkosten meistens ausreichend.

Es ergibt sich, dass das konsequent entscheidungs- und verantwortungsgerecht aufgebaute Management Accounting System auch die für die Umsetzung der BSC notwendigen Daten bereitstellt. Eine Vollkostenrechnung, in welcher fixe Kosten auf die Lagerbestände und von dort auf die verkauften Einheiten umgelegt werden, taugt nicht für die Belieferung einer BSC. Denn durch die Umlagen sehen die verantwortlichen Personen nur stark eingeschränkt oder gar nicht, welche ihrer Massnahmen sich direkt auf die Verbesserung der Prozesskosten auswirken.

Die Kombination der stufenweisen und mehrdimensionalen DB-Rechnung mit der Standardkostenrechnung zu proportionalen Kosten führt zu klaren Schnittstellen zwischen den einzelnen Führungsbereichen.

Quellen der BSC-Istdaten

Aus welchen Datensystemen kommen die Istdaten für die Erstellung der Balanced Scorecard?

Quellen der BSC-Istdaten

Erst die Gegenüberstellung der erreichten Resultate zu den beschlossenen Zielen ermöglicht die Beurteilung der Zielerreichung und damit die Anwendung der Balanced Scorecard. Deshalb ist zu prüfen, ob die in den Applikationen des Management-Control-Systems entstehenden Daten auch die für eine BSC erforderlichen Auswertungen bereithalten.

Diese Prüfung wird in fünf Bereiche gegliedert:

    • Projekte
    • Leistungserstellungsprozess
    • Supportprozesse
    • Verkaufsprozess
    • Integration mit der Deckungsbeitrags- und Ergebnisrechnung (nächster Beitrag).

Projekt-, Leistungserstellungs- und Supportprozesse

Projekte

Die Schaffung der Voraussetzungen für die Realisierung von Strategien, erfordert oft die Abwicklung von Projekten. Projekte werden angestossen, weil mehrere Personen aus unterschiedlichen Unternehmensbereichen gemeinsam neue Lösungen für die Abwicklung von Prozessen erarbeiten sollen. Die erste Schwierigkeit besteht in der Auftragsformulierung und der Festlegung, welche Resultate die Projektmitglieder hervorbringen sollen. Der klare Auftrag muss zuerst formuliert werden. Dazu gehören auch einzuhaltende Termine, die Bestimmung des Projektbudgets und die Formulierung der erwarteten Resultate. Das ist Sache der Auftraggeber. Diese benötigen als Entscheidungsgrundlage eine quantitative Schätzung des erzielbaren Projektnutzens, einen Zeitplan und das Projektbudget. Damit der Projektplaner dieses Budget erstellen kann, muss er schätzen,

    • welche Personalkosten für eigenes Personal und für zugezogene externe Projektmitarbeitende entstehen werden,
    • welche Materialbezüge vom Lager für die eigenen Tests zu erwarten sind,
    • welche Leistungen von innerbetrieblichen Servicebereichen (z.B. Werkstätten, Unterhaltsbereiche, Fertigungskostenstellen, Labors, Information Technology, Rechtsdienst) erforderlich sein werden,
    • ob eventuell zur Projektevaluation Investitionen ins Anlagevermögen nötig sein werden.

Diese Schätzungen ergeben in Summe das Projektbudget, welches zur Entscheidung vorgelegt wird. Die entsprechenden Leistungen und Werte sind, ähnlich wie bei einem Fertigungsauftrag, im ERP-System, resp. im Management Accounting System als Planwerte zu hinterlegen (vgl. den Beitrag „Projektkalkulation“).

Entscheidet das Management, das Projekt umsetzen zu lassen, sind zum Zweck des Soll-Ist-Vergleichs die real angefallenen Verbräuche des Projekts ebenfalls im ERP und im Management Accounting zu erfassen. Denn die Manager müssen bei jedem Projekt-Meilenstein entscheiden, ob das Projekt weitergeführt oder abgebrochen werden soll.

Wurde ein Projekt erfolgreich abgeschlossen und zur Umsetzung freigegeben, sind die sich daraus in den Stücklisten, Arbeits- und Kostenstellenplänen sowie in der Anlagenbuchhaltung ergebenden Änderungen in der Jahresplanung nachzupflegen, damit gemessen werden kann, ob sich das umgesetzte Projekt erfolgreich entwickelt und die angestrebten Verbesserungen auch wirklich erzielt werden. Auch diese Änderungen sind im ERP und im Management Accounting festzuhalten, sollen Plan-/Ist-Vergleiche möglich werden und Effizienzverbesserungen gemessen werden können.

Leistungserstellungsprozess

Prozessverbesserungen äussern sich dadurch, dass der Output mit weniger Input erzielt werden kann. Das gilt sowohl in der mittelfristigen als auch in der jahresbezogenen Betrachtung. Zunächst ist das eine technische Betrachtung: Kann eine Produkteinheit mit weniger Material- und Fremdleistungseinsatz und/oder mit weniger Arbeitseinsatz in den Kostenstellen hergestellt werden und sind zur Erzielung der Prozessverbesserungen Investitionen in Anlagen erforderlich? Die dafür notwendigen Daten sind in den Stücklisten und Arbeitsplänen des ERP-Systems als zu erreichende Planmengen und -zeiten enthalten. Die Investitionen werden in der jeweils entsprechenden Investitionsrechnung erfasst.

Im Management Accounting werden die Material- und Fremdleistungsverbräuche mit Standardsätzen bewertet und die Arbeitsleistungen in den Kostenstellen mit proportionalen Plankostensätzen. So entstehen die proportionalen Standard-Herstellkosten. Alle Abweichungen von den Standards werden in der Nachkalkulation pro Fertigungsauftrag nach Entstehungsursache (Einstandspreis-, Materialmengen-, Ausbeutegrad-, Ausschuss-, Losgrössenabweichung) ausgewiesen. Im Soll-Ist-Vergleich pro Kostenstelle entstehen die Verbrauchsabweichungen.

Sinngemäss gilt diese Beschreibung auch für direkt kundenorientierte Servicebereiche sowie für Forschungs- und Entwicklungsbereiche.

Im Management Accounting steht die zielorientierte Steuerung von Produkten, Fertigungsaufträgen und Kostenstellen im Vordergrund. Zur Messung von Verbesserungen in der Prozess- und Finanzperspektive der BSC werden diese Istdaten je nach Fragestellung anders verdichtet. In einer BSC verwendete Daten sind folglich höher aggregiert als im Management Accounting.

Beispiel: Es wird ein Produktivitätsverbesserungsziel in die Prozessperspektive einer BSC aufgenommen und beschlossen. Die Output-/Input-Relation eines Bereichs soll verbessert werden, die durchschnittlichen Kosten pro Stück sollen sinken. Weil in einem Bereich auf den gleichen Anlagen unterschiedliche Produkte hergestellt werden, müssen die verschiedenen Artikel zuerst gleichnamig gemacht werden. Dazu werden die Kosten der zu betrachtenden Produkte durch die hergestellten Mengen geteilt und der sich ergebende Wert in die BSC übertragen. Zur Planung und Steuerung der Verbesserungen benötigt der Bereichsleiter aber Einzelprodukt- und kostenstellenbezogene Daten, wie sie nur im ERP und im Management Accounting verfügbar sind. Zudem muss er wissen, welche Kosten direkt durch die Herstellmengen verursacht werden (proportionale Kosten) und welche die Folgen kapazitativer Leistungsbereitschaftsentscheide sind (Fixkosten). Aus diesem Grund wird empfohlen, schon in der Planung die Kostenspaltung in proportional und fix vorzunehmen.

Supportprozesse

Die Supportprozesse sollen sicherstellen, dass entwickelt, produziert, verkauft und geführt werden kann. Diese Aufgaben betreffen vor allem die Potenzial- und die Prozessperspektive.

Ausgeführt werden die Supportprozesse hauptsächlich in den Kostenstellen der Funktionsbereiche:

    • Informatik
    • Unterhalt / Werkstätten / Energieversorgung
    • Anlagenwirtschaft
    • Einkauf / Lager
    • Personaladministration
    • Interne Weiterbildung
    • Controller
    • Finanzen / Rechtsdienst

Diese Bereiche sorgen für die Leistungsbereitschaft der Organisation. Teilweise können die Leistungsempfänger (Kostenstellen) bestimmen, welche und wie viel Leistung sie beziehen wollen. Das ist vor allem in der Informatik, in den Unterhalts-, Energieversorgungs- und in den Werkstattbereichen der Fall. In der Anlagenwirtschaft werden die Anschaffungen für Gebäude, Maschinen und Einrichtungen erfasst und mittels kalkulatorischer Abschreibungen periodengerecht den nutzenden Kostenstellen belastet.  Alle anderen Supportprozesse sind aus Empfängersicht Zwangskonsum und können folglich nicht verursachungsgerecht an die Nutzer verrechnet werden (Beispiel: Softwarenutzungslizenzen, die für das Gesamtunternehmen unabhängig von der Anzahl Nutzer zu bezahlen sind (ERP)).

Insoweit Leistungen der Unterhalts-, Werkstätten-, Energie- und Informatikbereiche die direkte Folge von internen Bestellungen der empfangenden Kostenstellen oder deren Leistung sind, können die proportionalen Kosten der entsprechenden Leistungen an die Empfänger verrechnet werden und erscheinen dort auch als beeinflussbare Kosten. Das erfordert im Management Accounting die Verrechnung der innerbetrieblichen Leistungen (ILV) zum proportionalen Plankostensatz in Plan und Ist.

Alle in den Supportbereichen verbleibenden (fixen) Kosten können weder Produkten noch Kunden verursachungsgerecht zugeordnet werden. Sie sind durch die im Verkaufsprozess erzielten Deckungsbeiträge zu decken. In der BSC sind es Prozess- und Potenzialkosten, welche durch die Gesamtheit der verkauften Leistungen zu decken sind, was bedeutet, dass diese Kosten zwar teilweise den Perspektiven, nicht aber den Kunden oder Produkten verursachungsgerecht zuordenbar sind.

Verkaufsprozess

Erzielte Umsätze mögen zwar für die Berechnung von Marktanteilen interessant sein. Intern und damit auch bezüglich ihrer Präsentation in der BSC ist jedoch relevant, welcher Anteil dieser Umsätze zur Deckung der gesamten Unternehmenskosten verbleibt. Das ist der Nettoerlös. Mit ihm sind die proportionalen Herstellkosten der verkauften Einheiten, die gesamten Fixkosten, alle Abweichungen und der Zielgewinn zu decken.

Es ist üblich, dass die Marktbearbeitung in verschiedenen Dimensionen erfolgt. Zur Umsatzerzielung werden Werbung für das gesamte Angebot betrieben und Spezialangebote für verschiedene Kundengruppen publiziert. Zur Umsetzung werden

    • Verkäufer eingesetzt, die abgegrenzte Verkaufsgebiete betreuen,
    • Verkaufsförderungsmassnahmen für verschiedene Produkt- oder Kundengruppen durchgeführt,
    • Wiederverkäufer in ihren Absatzkanälen unterstützt,
    • Absatzmittler (Architekten, Ingenieure, Ärzte, Journalisten, Wissenschaftler und allgemein Influencer) betreut, damit sie verkaufsfördernd wirken.

Diese Anstrengungen können in unterschiedlichen Ländern oder Gebieten spezifisch ausgestaltet werden und sich auf das gesamte angebotene Sortiment oder auf Teile davon beziehen.

Kleinster gemeinschaftlicher Nenner ist die Fakturazeile, aus welcher hervorgeht, welcher Artikel welchem Kunden zu welchem Zeitpunkt zu welchem Bruttopreis und zu welchem Nettoerlös verkauft wurde (oder werden soll). Daraus ergibt sich, dass das Management Accounting die Planung und die Erfassung der Verkäufe so aufbauen muss, dass sowohl die geplanten als auch die realisierten Nettoerlöse nach den angeführten Dimensionen auswertbar werden. Die steuerungsrelevanten Auswertungsdimensionen bestimmen somit, welche Daten bei der Erstellung eines Angebots oder anlässlich der Rechnungstellung zu erfassen sind. Diese Angaben sind für Verkäufer, Verkaufsleiter, Product Manager, Channel Manager sowie Marketing- und Werbeleiter relevant.

Balanced Scorecards können zwar ebenfalls für Verkaufsgebiete oder Produktgruppen erstellt werden, meistens wird jedoch beobachtet, wie sich die Nettoerlöse für das gesamte Unternehmen entwickeln, weil die BSC für eben dieses Gesamtunternehmen aufgebaut wird. Die Datenbasis für die Nettoerlösanalyse in der BSC entsteht bei der Rechnungstellung an den Einzelkunden.

Zur Beurteilung der Wirkung von Verkaufsförderungs- und weiteren Marketing- oder Werbemassnahmen sind die beeinflussbaren Kosten dieser Kostenstellen den erzielten Nettoerlösen gegenüberzustellen. Die Kosten dieser Massnahmen werden im Management Accounting geplant und erfasst. Dabei ist darauf zu achten, dass keine hin- und her-Verrechnungen oder Kostenumlagen in die Systematik eingebaut werden. Denn die Vertriebs- und Marketing-Fachleute können nur für diejenigen Kosten verantwortlich sein, die sie selbst direkt verursachen. Auf BSC-Niveau ist die Entwicklung des Anteils der Marketing- und Vertriebskosten pro Euro Umsatz zu verfolgen, soll die Effektivität des Mitteleinsatzes verbessert werden (%-Anteil der gesamten direkten Marketing- und Vertriebskosten (ohne Umlagen) am Nettoerlös).

Für den Verkaufserfolg sind viele weitere Faktoren massgeblich, welche nicht im Management Accounting abbildbar sind aber in der BSC als wichtig erachtet werden. Hauptsächlich durch Kunden- und Interessentenbefragungen können Entwicklungen zu folgenden Beispielthemen ermittelt werden:

    • Einkaufserlebnis, Sauberkeit, Erscheinungsbild
    • Bedienungsfreundlichkeit
    • Pünktlichkeit der Lieferung
    • Erreichbarkeit und Warteschlange der Hotline
    • Konzilianz bei Reklamationen.

Investitionsrechnung für Robotereinsatz

Dynamische Investitionsrechnung zur Beurteilung von Projekten und Strategien

Logo Schüga
Brauerei Schützengarten St. Gallen, älteste selbständige Brauerei der Schweiz

Die Brauerei Schützengarten AG in St. Gallen wurde 1779 gegründet. Sie ist die die älteste private und selbständige Brauerei in der Schweiz. Trotz Verdrängungswettbewerb und der Marktbeherrschung durch wenige internationale Grossbrauereien schafft sie es, Marktanteile zu gewinnen und gleichzeitig finanziell nachhaltig erfolgreich zu bleiben.Das Sortiment wird kontinuierlich auf neue Kundenbedürfnisse ausgerichtet; an internationalen Wettbewerben gewinnt die Brauerei regelmässig höchste Auszeichnungen für ihre neuen Produkte.

Diese Entwicklung hat zwei Hauptursachen:

    • Die Produktivität der operativen Prozesse wird in allen Bereichen kontinuierlich verbessert, was sich natürlich positiv auf die Rentabilität auswirkt.
      Schüga Pferdegespann
      Auffahrt an den Pferdesporttagen, ca. 1960

Roboter für die Fassfüllerei

Zwecks Produktivitätsverbesserung war zu entscheiden, ob sich die Investition in zwei Handlingsroboter für die Fassfüllerei lohnen würde und wie viele Jahre der Nutzen fliessen müsste, bis die Kosteneinsparungen die Investition und ihre Verzinsung decken würden.

Die dynamische Investitionsrechnung ist das Instrument für die finanzielle Beurteilung dieser Entscheidung.

Die Brauerei Schützengarten AG wollte durch den Robotereinsatz folgende Nutzen erzielen:

    1. Verhinderung körperlicher Langzeitschäden für die in der Fassfüllerei arbeitenden Personen (Gewicht der Fässer (KEG’s) und Anzahl der Bewegungen).
    2. Die drucksichere Füllung, Prüfung und Versiegelung belegen (Qualitätssicherung)
    3. Auch für saisonale Konsumspitzen jederzeit genügend Abfüllkapazität haben (an grossen Veranstaltungen wird Bier hauptsächlich offen, d.h. aus Fässern ausgeschenkt)
    4. Die erbrachten Leistungseinheiten und den Zustand der Anlage (präventive Wartung) elektronisch messen können.
    5. Pro Outputeinheit (verschiedene KEG-Grössen) kostengünstiger produzieren.

Die Investitionsbeträge und die laufenden Ausgaben für den Betrieb (vor allem Stromverbrauch und Anlagenunterhalt) gingen aus den Angeboten der Lieferanten hervor, die Kosten der aktuellen Mitarbeiter in der Fassfüllerei stammten aus der Kostenstellenrechnung oder aus den Lohn- und Sozialleistungsabrechnungen. Die qualitativen und die kapazitätsmässigen Anforderungen der Punkte 2. – 4. sind Musskriterien, welche in den Angeboten abzudecken sind. Höhere Gebühren für Unfallversicherung und Betriebshaftplicht könnten eventuell noch dazukommen. Das war aber im beschriebenen Beispiel nicht der Fall. 

Investitionsrechnung für Robotereinsatz: Investitions- und laufende Ausgaben

Für die Entscheidungsvorbereitung trug der Controller der Brauerei folgende Angaben zusammen:

Die betriebswirtschaftliche Plannutzungsdauer beträgt 15 Jahre. Die Geldflüsse sind gegliedert nach Investitionsbeträgen, welche zu Beginn der Massnahme zu bezahlen sind und nach den zu erwartenden jährlichen Ausgaben. Der Investitionsbetrag wird ins Anlagevermögen gebucht und ab Nutzungsjahr 1 abgeschrieben.

Schüga Geldflüsse
Zu erwartende Geldflüsse für den Robotereinsatz

Schon diese Übersicht zeigt, dass die Roboterinstallation nach rund zwei Jahren komplett zurückbezahlt sein wird, dann aber viele weitere Jahre genutzt werden kann.

In den meisten Unternehmen konkurrieren verschiedene Investitionsvorhaben mit verschiedenen Plannutzungsdauern gleichzeitig um ihre Freigabe. Damit die unterschiedlichen Laufzeiten und Investitionsbeträge der Projekte zueinander vergleichbar gemacht werden können, ist dem Zeitwert von Geld Rechnung zu tragen. Die dynamische Investitionsrechnung schafft diesdurch Abzinsung der jährlichen Geldflüsse auf den Startzeitpunkt.

Die Investitionen und die laufenden Ausgaben von oben wurden in unser allgemein anwendbares dynamisches Investitionsrechenmodell eingetragen und führten zu folgendem Ergebnis (das Excel-Modell kann hier mit Anwendungserklärung heruntergeladen werden, alle gelben Felder sind änderbar):

Investitionsrechnung für Robotereinsatz
Investitionsrechnung für Handlingroboter in der Brauerei

Wird eine Zielverzinsung von 10% vor Zinsen und Ertragsteuern angesetzt, ist aus (8) zu entnehmen, dass die Investition durch die Nutzen nach knapp zwei Jahren bezahlt ist.

Bestimmung des erforderlichen ROCE

Für die Bestimmung der einzusetzenden Zielverzinsung empfiehlt es sich, die Finanzierungsstruktur des Unternehmens zu berücksichtigen und vom zinskostenden Kapital (Capital Employed) auszugehen. Die im Investitionsrechenmodell angesetzten 10% lassen sich im Modell unternehmensspezifisch anpassen.

Im internationalen Vergleich zeigt sich, dass ein Unternehmen, langfristig betrachtet, jährlich circa 10% Return on Capital Employed (ROCE) schaffen muss, sollen die Aktionäre ihr Geld diesem Unternehmen weiterhin zur Verfügung stellen (vgl. die Herleitung und die empirischen Erkenntnisse für verschiedene Länder im Buch «360°-Management für alle Funktionen und Führungsstufen»).

Im Zahlenbeispiel wird ein EBIT (Gewinn vor Zinsen und Ertragsteuern von 100 mit einer (betrieblichen) Bilanzsumme von 1’000 erzielt, was einem ROI von 10% entspricht. Kreditorenbestände und Kundenanzahlungen kosten keinen Zins, wodurch das zinskostende Vermögen 900 beträgt. Das netto eingesetzte Kapital generiert somit einen ROCE von 11.11%. Mit dem EBIT sind die Fremdkapitalzinsen von 50 und die Ertragsteuern von 10 zu bezahlen. Der für die Aktionäre verbleibende Gewinn beträgt 40 und das dafür eingesetzte Eigenkapital 400. Die Eigenkapitalrentabilität ist folglich 10%.

Investitionsrechnung = reine Geldflussbetrachtung

Bei der Anwendung des Investitionsrechenmodells ist zu beachten, dass wirklich nur die durch einen Investitionsentscheid erwarteten Geldein- und -ausgänge berücksichtigt werden. Abschreibungen haben in einer Investitionsrechnung nichts zu suchen, da die Geldausgabe für die Investition schon enthalten ist. Für Investitionsentscheidungen sind auch eventuell niedrigere Steuerzahlungen nicht entscheidungsrelevant, da die definitive Steuerlast erst aufgrund der in einem Berichtsjahr real eingetretenen Gewinne berechnet wird.

Das vorgestellte Investitionsrechenmodell eignet sich für mehrere Zwecke:

    • Schätzung der finanziellen Auswirkungen strategischer und mittelfristiger operativer Entscheidungen
    • Vergleich der finanziellen Auswirkungen konkurrierender Investitionsprojekte und Auswahl der zu realisierenden
    • Grundlage für die Erstellung des mittelfristigen (strategischen) Investitionsplans.

Fazit

Die Roboter sind im Einsatz. Wie sie arbeiten, sehen Sie im Video: Handlingroboter Brauerei Schützengarten (youtube.com). Der Investitionsentscheid war richtig, die erwarteten Nutzen werden kontinuierlich realisiert. Die Brauerei Schützengarten AG hat ihre Konkurrenzfähigkeit verbessert.

Wir wünschen der Brauerei weiterhin nachhaltigen Umsetzungserfolg.

Dein Schüga
Braumeisterin Regina präsentiert „Dein Schüga“

 

 

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Brauerei Schützengarten St. Gallen, älteste selbständige Brauerei der Schweiz

Die Brauerei Schützengarten AG in St. Gallen wurde 1779 gegründet. Sie ist die die älteste private und selbständige Brauerei in der Schweiz. Trotz Verdrängungswettbewerb und der Marktbeherrschung durch wenige internationale Grossbrauereien schafft sie es, Marktanteile zu gewinnen und gleichzeitig finanziell nachhaltig erfolgreich zu bleiben.Das Sortiment wird kontinuierlich auf neue Kundenbedürfnisse ausgerichtet; an internationalen Wettbewerben gewinnt die Brauerei regelmässig höchste Auszeichnungen für ihre neuen Produkte.

Diese Entwicklung hat zwei Hauptursachen:

    • Die Produktivität der operativen Prozesse wird in allen Bereichen kontinuierlich verbessert, was sich natürlich positiv auf die Rentabilität auswirkt.
      Schüga Pferdegespann
      Auffahrt an den Pferdesporttagen, ca. 1960

Roboter für die Fassfüllerei

Zwecks Produktivitätsverbesserung war zu entscheiden, ob sich die Investition in zwei Handlingsroboter für die Fassfüllerei lohnen würde und wie viele Jahre der Nutzen fliessen müsste, bis die Kosteneinsparungen die Investition und ihre Verzinsung decken würden.

Die dynamische Investitionsrechnung ist das Instrument für die finanzielle Beurteilung dieser Entscheidung.

Die Brauerei Schützengarten AG wollte durch den Robotereinsatz folgende Nutzen erzielen:

    1. Verhinderung körperlicher Langzeitschäden für die in der Fassfüllerei arbeitenden Personen (Gewicht der Fässer (KEG’s) und Anzahl der Bewegungen).
    2. Die drucksichere Füllung, Prüfung und Versiegelung belegen (Qualitätssicherung)
    3. Auch für saisonale Konsumspitzen jederzeit genügend Abfüllkapazität haben (an grossen Veranstaltungen wird Bier hauptsächlich offen, d.h. aus Fässern ausgeschenkt)
    4. Die erbrachten Leistungseinheiten und den Zustand der Anlage (präventive Wartung) elektronisch messen können.
    5. Pro Outputeinheit (verschiedene KEG-Grössen) kostengünstiger produzieren.

Die Investitionsbeträge und die laufenden Ausgaben für den Betrieb (vor allem Stromverbrauch und Anlagenunterhalt) gingen aus den Angeboten der Lieferanten hervor, die Kosten der aktuellen Mitarbeiter in der Fassfüllerei stammten aus der Kostenstellenrechnung oder aus den Lohn- und Sozialleistungsabrechnungen. Die qualitativen und die kapazitätsmässigen Anforderungen der Punkte 2. – 4. sind Musskriterien, welche in den Angeboten abzudecken sind. Höhere Gebühren für Unfallversicherung und Betriebshaftplicht könnten eventuell noch dazukommen. Das war aber im beschriebenen Beispiel nicht der Fall. 

Investitionsrechnung für Robotereinsatz: Investitions- und laufende Ausgaben

Für die Entscheidungsvorbereitung trug der Controller der Brauerei folgende Angaben zusammen:

Die betriebswirtschaftliche Plannutzungsdauer beträgt 15 Jahre. Die Geldflüsse sind gegliedert nach Investitionsbeträgen, welche zu Beginn der Massnahme zu bezahlen sind und nach den zu erwartenden jährlichen Ausgaben. Der Investitionsbetrag wird ins Anlagevermögen gebucht und ab Nutzungsjahr 1 abgeschrieben.

Schüga Geldflüsse
Zu erwartende Geldflüsse für den Robotereinsatz

Schon diese Übersicht zeigt, dass die Roboterinstallation nach rund zwei Jahren komplett zurückbezahlt sein wird, dann aber viele weitere Jahre genutzt werden kann.

In den meisten Unternehmen konkurrieren verschiedene Investitionsvorhaben mit verschiedenen Plannutzungsdauern gleichzeitig um ihre Freigabe. Damit die unterschiedlichen Laufzeiten und Investitionsbeträge der Projekte zueinander vergleichbar gemacht werden können, ist dem Zeitwert von Geld Rechnung zu tragen. Die dynamische Investitionsrechnung schafft diesdurch Abzinsung der jährlichen Geldflüsse auf den Startzeitpunkt.

Die Investitionen und die laufenden Ausgaben von oben wurden in unser allgemein anwendbares dynamisches Investitionsrechenmodell eingetragen und führten zu folgendem Ergebnis (das Excel-Modell kann hier mit Anwendungserklärung heruntergeladen werden, alle gelben Felder sind änderbar):

Investitionsrechnung für Robotereinsatz
Investitionsrechnung für Handlingroboter in der Brauerei

Wird eine Zielverzinsung von 10% vor Zinsen und Ertragsteuern angesetzt, ist aus (8) zu entnehmen, dass die Investition durch die Nutzen nach knapp zwei Jahren bezahlt ist.

Bestimmung des erforderlichen ROCE

Für die Bestimmung der einzusetzenden Zielverzinsung empfiehlt es sich, die Finanzierungsstruktur des Unternehmens zu berücksichtigen und vom zinskostenden Kapital (Capital Employed) auszugehen. Die im Investitionsrechenmodell angesetzten 10% lassen sich im Modell unternehmensspezifisch anpassen.

Im internationalen Vergleich zeigt sich, dass ein Unternehmen, langfristig betrachtet, jährlich circa 10% Return on Capital Employed (ROCE) schaffen muss, sollen die Aktionäre ihr Geld diesem Unternehmen weiterhin zur Verfügung stellen (vgl. die Herleitung und die empirischen Erkenntnisse für verschiedene Länder im Buch «360°-Management für alle Funktionen und Führungsstufen»).

Im Zahlenbeispiel wird ein EBIT (Gewinn vor Zinsen und Ertragsteuern von 100 mit einer (betrieblichen) Bilanzsumme von 1’000 erzielt, was einem ROI von 10% entspricht. Kreditorenbestände und Kundenanzahlungen kosten keinen Zins, wodurch das zinskostende Vermögen 900 beträgt. Das netto eingesetzte Kapital generiert somit einen ROCE von 11.11%. Mit dem EBIT sind die Fremdkapitalzinsen von 50 und die Ertragsteuern von 10 zu bezahlen. Der für die Aktionäre verbleibende Gewinn beträgt 40 und das dafür eingesetzte Eigenkapital 400. Die Eigenkapitalrentabilität ist folglich 10%.

Investitionsrechnung = reine Geldflussbetrachtung

Bei der Anwendung des Investitionsrechenmodells ist zu beachten, dass wirklich nur die durch einen Investitionsentscheid erwarteten Geldein- und -ausgänge berücksichtigt werden. Abschreibungen haben in einer Investitionsrechnung nichts zu suchen, da die Geldausgabe für die Investition schon enthalten ist. Für Investitionsentscheidungen sind auch eventuell niedrigere Steuerzahlungen nicht entscheidungsrelevant, da die definitive Steuerlast erst aufgrund der in einem Berichtsjahr real eingetretenen Gewinne berechnet wird.

Das vorgestellte Investitionsrechenmodell eignet sich für mehrere Zwecke:

    • Schätzung der finanziellen Auswirkungen strategischer und mittelfristiger operativer Entscheidungen
    • Vergleich der finanziellen Auswirkungen konkurrierender Investitionsprojekte und Auswahl der zu realisierenden
    • Grundlage für die Erstellung des mittelfristigen (strategischen) Investitionsplans.

Fazit

Die Roboter sind im Einsatz. Wie sie arbeiten, sehen Sie im Video: Handlingroboter Brauerei Schützengarten (youtube.com). Der Investitionsentscheid war richtig, die erwarteten Nutzen werden kontinuierlich realisiert. Die Brauerei Schützengarten AG hat ihre Konkurrenzfähigkeit verbessert.

Wir wünschen der Brauerei weiterhin nachhaltigen Umsetzungserfolg.

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Marktstellung

Kundennutzen, Marktanteil und Lernen aus der Erfahrung sind zentrale Erfolgselemente.

Marktstellung

Ein Unternehmen muss fortwährend genügend Kunden finden, die seine Produkte und Dienstleistungen kaufen (und bezahlen). Dazu bedarf es einer starken und ausbaufähigen Stellung im Markt. Die Marktstellung ist die Position, welche ein eigenes Produkt, Sortiment oder gar ein gesamtes Unternehmen im Vergleich zu den Angeboten seiner Konkurrenten aus Sicht der bestehenden und potenziellen Kunden hat.

Marktanteil

Der üblichste Weg zur Beurteilung der Marktstellung besteht in der Messung des Marktanteils. Diese ist aber schwierig, weil oft unklar ist, welches Marktgebiet für die Beobachtung relevant ist, welches die konkurrierenden Anbieter in diesem Gebiet sind und wie viel diese verkaufen (Mengen und Werte).

Der absolute Marktanteil ergibt sich, indem der eigene Umsatz im zu messenden Bereich durch das Umsatztotal aller Anbieter dividiert wird.

Beispiel lokaler Fahrradhändler:

Eigener Umsatz im Einzugsgebiet dividiert durch Umsatz aller Fahrradhändler im gleichen Gebiet.

Oft sind die von Anderen erzielten Absätze und Umsätze nicht erhebbar oder werden erst mit Verzögerung bekannt. Das erschwert die eigene Planung und erfordert Schätzungen. Gute Schätzungen sind für die strategische Planung meistens ausreichend, um das Angebot und die vorgesehenen Verkaufspreise festzulegen.

Weil oft die Absatz- und Umsatzdaten fehlen und vor allem der Vergleich mit den grössten Konkurrenten gesucht wird, wird auch der relative Marktanteil berechnet:

Eigener Umsatz dividiert durch Umsatz des grössten oder der drei grössten Konkurrenten im gleichen Gebiet.

Die entsprechenden Daten können meistens aus den Geschäftsberichten der Marktführer entnommen werden.

Marktanteilsschätzung ist wichtig für strategische Entscheidungen.

Gross angelegte statistische Analysen des Strategic Planning Institute SPI zeigten, dass Marktführer real höhere Rentabilitäten erreichen (Return on Sales ROS) als Anbieter mit niedrigeren Marktanteilen (vgl. Das PIMS-Programm, Strategien und Unternehmenserfolg, von R.D. Buzzell und T. Gale, Wiesbaden 1989). Auch wenn diese Auswertungen schon älteren Datums sind, haben die Relationen immer noch Bestand. Das erklärt sich schon dadurch, dass Marktführer ihre Fixkosten auf mehr verkaufte Einheiten verteilen können als kleinere Anbieter. Zudem wirkt sich die Optimierung ihrer Stücklisten, Arbeitspläne und Losgrössen auf grössere Produktionsmengen aus, wodurch auch die proportionalen Stückkosten schneller sinken als diejenigen der kleineren Konkurrenten (mehr Automatisierung, weniger Ausschuss, weniger Rüstkosten).

Marktstellung
Marktanteilsrang und Rentabilität

Das Zusammenspiel der aufgeführten Faktoren führt bei den Marktführern zu deutlich höheren Umsatzrentabilitäten als bei den Anbietern mit den niedrigeren Marktanteilen. Die höhere Rentabilität führt vor allem in reifen Märkten dazu, dass die Marktführer mit dem verdienten Geld die kleineren Konkurrenten übernehmen, was zu höherer Konzentration führt. Am Beispiel der Automobilindustrie wird diese Entwicklung offensichtlich:

Automobilhersteller
Weltgrösste Automobilkonzerne und ihre Marktanteile 2018

In der Zwischenzeit haben auch noch Fiat-Chrysler und PSA fusioniert. Zudem hat PSA von General Motors Opel und Vauxhall übernommen. Für den neuen Konzern wird geschätzt, dass er jährlich ca. 8.7 Mio. Automobile herstellen wird, was weltweit Rang 4 entspricht.

Grosse Marktanteile bedeuten auch Marktmacht bei der Festlegung von technischen Standards und Verkaufspreisen. Einige Beispiele:

    • Computer-Betriebssysteme: Microsoft Windows hat einen Marktanteil von ca. 85%, Apple’s MAC OS ca. 18%, Android steigend (praxistipps.chip.de)
    • Krebsmedikamente: Roche, Pfizer, Johnson und Johnson (statista.com)
    • Internet-Suchmaschinen: Google (92%), Yahoo (2,7%), Bing (2.4%), Baidu (in China 64.5%), Quelle: indexlift.com

Im Strategiefindungsprozess ist deshalb die eigene Marktstellung mit derjenigen der Marktführer im vorgesehenen Angebotsbereich zu vergleichen. Das gilt für ein kleines lokales Geschäftsfeld genauso wie für grosse Konzerne. Die Marktanalyse muss offenlegen, welches im Einzugsbereich die massgeblichen Anbieter sind und mit welchen Angeboten sie den grössten Erfolg erzielen.

Wie oben gezeigt, hat die Marktstellung auch einen massgeblichen Einfluss auf die Kosten pro Einheit. Je grösser der Marktanteil, desto grösser sind die Chancen, günstigere durchschnittliche Stückkosten zu erreichen als die Mitbewerber. Um diese Zusammenhänge zu durchdringen, werden auch einige Beiträge zur Erfahrungskurve in diesem Blog veröffentlicht.

Kundennutzen:

Der Kunde (potenziell oder real) entscheidet schlussendlich, ob er kauft und bei wem. Es gilt deshalb, die kaufentscheidenden Kriterien der Kunden herauszufinden und mit den eigenen Angeboten und denjenigen der Konkurrenz zu vergleichen. Das ist das Thema der Kundennutzenanalyse. Diese ist unseres Erachtens ein zentraler Inputgeber für die Festlegung des Angebots und des Marktauftritts. Zur Kundennutzenanalyse erscheinen deshalb in diesem Blog mehrere Beiträge.

Fazit:

Es gilt, im zu bedienenden Markt eine massgebliche Marktstellung zu erreichen, damit mittelfristig günstiger und mit weniger Mitteleinsatz pro verkaufte Einheit produziert werden kann.

Fixkostenreduktion durch Lean Management

Nachhaltige Fixkostensenkung durch Effizienzsteigerung (Praxisbeispiel)

Fixkostenreduktion durch Lean Management

Die kurz- und langfristige Rentabilität einer Organisation wird zunehmend  durch die fixen Kosten der unterstützenden Funktionsbereiche bestimmt (Beschaffung, Personaladministration und -entwicklung, Information Technology, Anlagen, Investition und Finanzen, Verkauf und Marketing, Geschäftsleitung). Durch die zunehmende Komplexität nehmen die für diese Funktionen entstehenden Kosten kontinuierlich zu und betragen heute in vielen Unternehmen ein Vielfaches der proportionalen Produktkosten. Soll eine Organisation profitabler werden, gilt es deshalb vor allem in diesen Bereichen Fixkostenreduktion durch Lean Management zu betreiben.

Das ist das Feld von Lean Administration, Lean Logistics und Lean Sales. Es geht darum, die gesamten fixen Kosten der Organisation langsamer ansteigen zu lassen als den Nettoerlös. Erster und wichtigster Ansatzpunkt dazu ist die Verminderung oder Verhinderung von Arbeitszeiten, die zum Gewinnen und Halten von Kunden einzusetzen sind sowie für die Administration und das Management der Organisation. Zweitens ist zu erreichen, dass die Investitionen für die erfolgreiche Weiterentwicklung in allen Bereichen (vor allem IT und Gebäude) langsamer wachsen als die Nettoerlöse, weil sie zu fixen Betriebs- und Abschreibungskosten führen.

Lean Administration

Die Anstrengungen sollen den Arbeits- und Kosteneinsatz verringern für die:

    • Erfüllung staatlicher/behördlicher Vorschriften (vor allem Personaladministration und Einhaltung arbeitsrechtlicher Vorschriften)
    • Aufrechterhaltung der Betriebsbewilligungen (Dokumentation der Rechtskonformität)
    • Dokumentation des rechtskonformen Funktionierens der Anlagen und Einrichtungen
    • Dokumentation und Nachvollziehbarkeit der Produktentstehung
    • Die Erfassung von Daten und die Sicherstellung der Datenqualität
    • Planung und Erfassung von Kosten und Erlösen plus Auswertung
    • Erfassung und Auswertung aller Buchhaltungsdaten
    • Wahrnehmung der Managementaufgaben in allen zu führenden Bereichen.

Lean Sales

soll dafür sorgen, dass der Arbeitseinsatz für nachstehende Aufgaben langsamer wächst als die erzielten Nettoerlöse.

    • den gesamten Verkaufs- und Vertriebsprozess (von der Adressgewinnung (Lead) bis zur Nachbetreuung der Kunden),
    • das Produktmanagement und die Verkaufsförderung,
    • die Werbung und andere Marketingmassnahmen,

Lean Logistics

soll bewirken, dass:

    • Rohstoffe, Hilfsmittel und weitere Güter und Services günstiger eingekauft werden können (Vertragsgestaltung, Lieferkonditionen, andere Materialien, welche die Anforderungen auch erfüllen),
    • alle Spezifikationen für zu beschaffende Güter und Dienstleistungen elektronisch verfügbar sind, bevor der Bestellprozess ausgelöst wird,
    • Transportkosten für Zu- und Auslieferung pro Einheit günstiger werden,
    • der Arbeitsaufwand für die Bestell- und Auslieferungsabwicklung geringer wird,
    • alle relevanten Daten direkt und ohne Zugriff auf Papierablagen zur Verfügung stehen,
    • Beschaffungsprozesse in einem Durchgang und ohne Wartezeiten bearbeitet werden können.

Effizienzsteigerung durch höhere Stammdatenqualität und Leistungserfassung

Die Stammdatenqualität der Kunden-, Mitarbeiter- und Lieferantendaten steht im Vordergrund, sollen Suchprozesse und Nachfragen nach aktuellen Daten weniger Arbeitszeit beanspruchen. Die jederzeitige Verfügbarkeit aktueller Daten ist eine zentrale Voraussetzung für die Realisierung möglichst verschwendungsfreier administrativer Prozesse. Offen ist, ob die Stammdaten eines Unternehmens zentral oder bereichsweise gepflegt werden sollen und wer für welche Inhalte verantwortlich sein soll.

In allen erwähnten Bereichen geht es darum, Effizienzsteigerungen zu erzielen und dadurch konkurrenzfähig zu bleiben. Dies erfordert die Planung und Messung des Arbeitseinsatzes für die verschiedenen (Teil-)Prozesse. Dazu sind diese inhaltlich zu strukturieren, damit die für ihre Umsetzung notwendigen Zeitverbräuche für Interne Aufgaben gemessen werden können. Die im Fertigungsbereich übliche Betriebsdatenerfassung gilt es auch für die Messung der Arbeitszeiten für interne Aufgaben anzuwenden. Gegen diese Erfassung wehren sich viele Kopfarbeiter, doch erst sie ermöglicht es, erzielte Effektivitäts- (tun wir das Richtige?) und Effizienzverbesserungen (tun wir es richtig?) zu messen.

Die Erfassung des Zeitverbrauchs für Interne Aufgaben muss tagfertig erfolgen. Denn schon morgen weiss man nicht mehr genau, wofür gestern wie viel Arbeitszeit eingesetzt wurde. Steht jederzeit ein mitarbeitergerechtes elektronisches Erfassungsinstrument zu Verfügung, ist diese Erfassung einfach auszuführen. Im Beitrag «Kapazitätsbedarf für interne Aufgaben» wird gezeigt, wie die internen Aufgaben gegliedert werden können, damit ihre Erfassung und Klassifizierung In der praktischen Anwendung einfach wird.

In Lean Administration-Projekten soll vor allem der Zeitverbrauch für repetitive Arbeiten reduziert werden. Dazu sind direkte Beobachtungen und Verbrauchserfassungen pro Arbeitsschritt erforderlich, da kleine Zeitersparnisse zu finden sind, welche sich durch tausendfache Repetition zu ganzen Vollzeitstellen summieren können.

Praxisbeispiel zur Auftragsabwicklung

Im diesem Beispiel aus einem produzierenden Unternehmen wurde der gesamte Ablauf von der Kundenbestellung bis zur Auslieferung und Fakturierung an den Kunden untersucht. Das Unternehmen wollte den Zeitbedarf für die Abwicklung verringern und zugleich die Durchlaufzeit eines Auftrags verkürzen. So sollte freie Kapazität für mehr Kundenaufträge geschaffen werden. Bei der Aufnahme des Istzustands wurde festgestellt, dass die Durchlaufzeit 2-8 Tage dauerte, nach der Umsetzung waren es noch 1-3 Tage. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit pro Auftrag sank von 40 Minuten auf durchschnittlich 20 Minuten, also auf rund 50%. Bei rund 13’000 Aufträgen pro Jahr entspricht dies einer Zeiteinsparung von jährlich circa 4’300 Arbeitsstunden oder 2,5 Vollzeitstellen. Würde das Personal abgebaut, könnten im nächsten Planjahr in den Kostenstellen Verkaufsabwicklung und Produktionsplanung insgesamt 2,5 Vollzeitstellen weniger geplant werden. Wird die freiwerdende Personalkapazität in andere Kostenstellen verschoben, müssten diese ihre Plan-Personalkosten im nächsten Planjahr entsprechend erhöhen.

Fixkostenreduktion durch Lean Management
Fixkostenreduktion durch Lean Management

Proportionale Kosten mit Lean Production senken

Praxisbeispiel zur Senkung der proportionalen Standard-Herstellkosten durch Prozesszeitenverbesserung

Proportionale Kosten mit Lean Production senken

Das Beispielunternehmen stellt Bremsventile zum präzisen Bewegen und Halten schwerer Lasten her. Diese Ventile, von welchen es ca. 3’000 Typen gibt, werden in eigene Produkte integriert sowie auch an andere Verwender verkauft. Der Auftrag war, proportionale Kosten mit Lean Production zu senken und gleichzeitig auch kürzere Durchlaufzeiten und niedrigere Durchschnittsbestände in den Konten Ware in Arbeit und Lagerbestände zu realisieren.

Durchfluss steigern und Bearbeitungszeit kürzen

Dieses Ziel wurde hauptsächlich durch Umgestaltung des Produktionsablaufs erreicht. Alle in ein spezifisches Bremsventil zu verbauenden Einzelteile werden neu in einer Rüststrasse auf einem Objektträger bereitgestellt und via Band an den Endmontageplatz geliefert. Die manuelle Endmontage und der computergestützte Prüfprozess wurden zu einem Gesamtprozess verschmolzen (während des Prüfprozesses montiert der Spezialist das nächste Ventil und stellt das Prüfresultat fest).

Nach Ablauf der Testphase wurden folgende Resultate gemessen:

Proportionale Kosten mit Lean Production senken
Proportionale Kosten mit Lean Production senken

Resultat: Niedrigere Produktkosten, kürzere Durchlaufzeit, weniger Raumbedarf, höhere Produktionskapazität

Da sich am Materialeinsatz (Halbfabrikate und Zukaufteile) nichts geändert hat, sind für die Plankalkulation der Produkte nur die Vorgabezeiten in den Arbeitsplänen zu ändern. Die Projektumsetzung führt zur Reduktion der Vorgabezeit pro Stück von 4 Minuten. Unter der Annahme, dass ein Mitarbeiter in dieser Kostenstelle inklusive Sozialleistungen 85’000 pro Jahr kostet und  netto 1’700 h pro Jahr arbeitet, ergibt sich ein Stundensatz von 50.– und ein Minutensatz von 0.833. Die proportionalen Fertigungskosten pro Bremsventil sinken folglich um 3.333, werden doch 4 Minuten eingespart. Die proportionalen Standard-Herstellkosten sinken im nächsten Planjahr ebenfalls um 3.333. Diese Entwicklung erhöht die Konkurrenzfähigkeit und senkt den Wert der Ware in Arbeit sowie der Lagerbestände. Dadurch wird die Bilanzsumme kleiner und es entstehen weniger Zinskosten.

Wird die Kosten-/Leistungsrechnung in der Form der proportionalen Standardkostenrechnung aufgebaut, lässt sich der Umsetzungserfolg des Lean-Projekts monatlich direkt an den Soll-/Ist-Abweichungen ablesen. Werden die Vorgabezeiten aus dem Lean-Projekt nicht eingehalten, entstehen Arbeitszeitabweichungen. Entspricht der reale auftragsbezogene Materialverbrauch nicht den Planverbräuchen gemäss Stückliste, entstehen Materialverbrauchsabweichungen. Sinngemäss können auch Abweichungen von Rüstzeiten und -mengen oder Ausbringungsraten (Yield rate) gemessen werden.

Die wertmässige Auswirkung der Senkung der Durchlaufzeiten kann nicht eindeutig beantwortet werden, da sie vor allem vom Kundenverhalten abhängig ist. Können die Kunden durch diesen Zeitgewinn schneller beliefert werden, kann das zu Mehrverkäufen und eventuell auch zu Neukunden führen. Ob diese zusätzlichen Abschlüsse erfolgen werden, ist meistens kaum einschätzbar und sollte deshalb auch nicht in der Umsatzplanung eingerechnet werden. Auf jeden Fall steigt der Kundennutzen durch die schnellere Belieferung.

Der reduzierte Flächenbedarf hat erst dann eine finanzielle Konsequenz, wenn bei Aus- oder Umbauten geeigneter Platz zum Engpass wird und als Folge neue Räume gebaut oder zugemietet werden müssen. Eine sich dadurch ergebende Kostensteigerung wäre in der vergrösserten Kostenstelle zu planen (Anmerkung: Im entscheidungsrelevanten Management Accounting werden die Raumkosten nicht auf die Produkte verrechnet, da es Fixkosten sind, die auch weiter anfallen, wenn nicht mehr produziert wird. Vgl. auch den Beitrag „Plan, Soll und Ist von Fertigungsaufträgen“ im Blog Management Accounting).