Quellen der BSC-Istdaten

Aus welchen Datensystemen kommen die Istdaten für die Erstellung der Balanced Scorecard?

Quellen der BSC-Istdaten

Erst die Gegenüberstellung der erreichten Resultate zu den beschlossenen Zielen ermöglicht die Beurteilung der Zielerreichung und damit die Anwendung der Balanced Scorecard. Deshalb ist zu prüfen, ob die in den Applikationen des Management-Control-Systems entstehenden Daten auch die für eine BSC erforderlichen Auswertungen bereithalten.

Diese Prüfung wird in fünf Bereiche gegliedert:

    • Projekte
    • Leistungserstellungsprozess
    • Supportprozesse
    • Verkaufsprozess
    • Integration mit der Deckungsbeitrags- und Ergebnisrechnung (nächster Beitrag).

Projekt-, Leistungserstellungs- und Supportprozesse

Projekte

Die Schaffung der Voraussetzungen für die Realisierung von Strategien, erfordert oft die Abwicklung von Projekten. Projekte werden angestossen, weil mehrere Personen aus unterschiedlichen Unternehmensbereichen gemeinsam neue Lösungen für die Abwicklung von Prozessen erarbeiten sollen. Die erste Schwierigkeit besteht in der Auftragsformulierung und der Festlegung, welche Resultate die Projektmitglieder hervorbringen sollen. Der klare Auftrag muss zuerst formuliert werden. Dazu gehören auch einzuhaltende Termine, die Bestimmung des Projektbudgets und die Formulierung der erwarteten Resultate. Das ist Sache der Auftraggeber. Diese benötigen als Entscheidungsgrundlage eine quantitative Schätzung des erzielbaren Projektnutzens, einen Zeitplan und das Projektbudget. Damit der Projektplaner dieses Budget erstellen kann, muss er schätzen,

    • welche Personalkosten für eigenes Personal und für zugezogene externe Projektmitarbeitende entstehen werden,
    • welche Materialbezüge vom Lager für die eigenen Tests zu erwarten sind,
    • welche Leistungen von innerbetrieblichen Servicebereichen (z.B. Werkstätten, Unterhaltsbereiche, Fertigungskostenstellen, Labors, Information Technology, Rechtsdienst) erforderlich sein werden,
    • ob eventuell zur Projektevaluation Investitionen ins Anlagevermögen nötig sein werden.

Diese Schätzungen ergeben in Summe das Projektbudget, welches zur Entscheidung vorgelegt wird. Die entsprechenden Leistungen und Werte sind, ähnlich wie bei einem Fertigungsauftrag, im ERP-System, resp. im Management Accounting System als Planwerte zu hinterlegen (vgl. den Beitrag „Projektkalkulation“).

Entscheidet das Management, das Projekt umsetzen zu lassen, sind zum Zweck des Soll-Ist-Vergleichs die real angefallenen Verbräuche des Projekts ebenfalls im ERP und im Management Accounting zu erfassen. Denn die Manager müssen bei jedem Projekt-Meilenstein entscheiden, ob das Projekt weitergeführt oder abgebrochen werden soll.

Wurde ein Projekt erfolgreich abgeschlossen und zur Umsetzung freigegeben, sind die sich daraus in den Stücklisten, Arbeits- und Kostenstellenplänen sowie in der Anlagenbuchhaltung ergebenden Änderungen in der Jahresplanung nachzupflegen, damit gemessen werden kann, ob sich das umgesetzte Projekt erfolgreich entwickelt und die angestrebten Verbesserungen auch wirklich erzielt werden. Auch diese Änderungen sind im ERP und im Management Accounting festzuhalten, sollen Plan-/Ist-Vergleiche möglich werden und Effizienzverbesserungen gemessen werden können.

Leistungserstellungsprozess

Prozessverbesserungen äussern sich dadurch, dass der Output mit weniger Input erzielt werden kann. Das gilt sowohl in der mittelfristigen als auch in der jahresbezogenen Betrachtung. Zunächst ist das eine technische Betrachtung: Kann eine Produkteinheit mit weniger Material- und Fremdleistungseinsatz und/oder mit weniger Arbeitseinsatz in den Kostenstellen hergestellt werden und sind zur Erzielung der Prozessverbesserungen Investitionen in Anlagen erforderlich? Die dafür notwendigen Daten sind in den Stücklisten und Arbeitsplänen des ERP-Systems als zu erreichende Planmengen und -zeiten enthalten. Die Investitionen werden in der jeweils entsprechenden Investitionsrechnung erfasst.

Im Management Accounting werden die Material- und Fremdleistungsverbräuche mit Standardsätzen bewertet und die Arbeitsleistungen in den Kostenstellen mit proportionalen Plankostensätzen. So entstehen die proportionalen Standard-Herstellkosten. Alle Abweichungen von den Standards werden in der Nachkalkulation pro Fertigungsauftrag nach Entstehungsursache (Einstandspreis-, Materialmengen-, Ausbeutegrad-, Ausschuss-, Losgrössenabweichung) ausgewiesen. Im Soll-Ist-Vergleich pro Kostenstelle entstehen die Verbrauchsabweichungen.

Sinngemäss gilt diese Beschreibung auch für direkt kundenorientierte Servicebereiche sowie für Forschungs- und Entwicklungsbereiche.

Im Management Accounting steht die zielorientierte Steuerung von Produkten, Fertigungsaufträgen und Kostenstellen im Vordergrund. Zur Messung von Verbesserungen in der Prozess- und Finanzperspektive der BSC werden diese Istdaten je nach Fragestellung anders verdichtet. In einer BSC verwendete Daten sind folglich höher aggregiert als im Management Accounting.

Beispiel: Es wird ein Produktivitätsverbesserungsziel in die Prozessperspektive einer BSC aufgenommen und beschlossen. Die Output-/Input-Relation eines Bereichs soll verbessert werden, die durchschnittlichen Kosten pro Stück sollen sinken. Weil in einem Bereich auf den gleichen Anlagen unterschiedliche Produkte hergestellt werden, müssen die verschiedenen Artikel zuerst gleichnamig gemacht werden. Dazu werden die Kosten der zu betrachtenden Produkte durch die hergestellten Mengen geteilt und der sich ergebende Wert in die BSC übertragen. Zur Planung und Steuerung der Verbesserungen benötigt der Bereichsleiter aber Einzelprodukt- und kostenstellenbezogene Daten, wie sie nur im ERP und im Management Accounting verfügbar sind. Zudem muss er wissen, welche Kosten direkt durch die Herstellmengen verursacht werden (proportionale Kosten) und welche die Folgen kapazitativer Leistungsbereitschaftsentscheide sind (Fixkosten). Aus diesem Grund wird empfohlen, schon in der Planung die Kostenspaltung in proportional und fix vorzunehmen.

Supportprozesse

Die Supportprozesse sollen sicherstellen, dass entwickelt, produziert, verkauft und geführt werden kann. Diese Aufgaben betreffen vor allem die Potenzial- und die Prozessperspektive.

Ausgeführt werden die Supportprozesse hauptsächlich in den Kostenstellen der Funktionsbereiche:

    • Informatik
    • Unterhalt / Werkstätten / Energieversorgung
    • Anlagenwirtschaft
    • Einkauf / Lager
    • Personaladministration
    • Interne Weiterbildung
    • Controller
    • Finanzen / Rechtsdienst

Diese Bereiche sorgen für die Leistungsbereitschaft der Organisation. Teilweise können die Leistungsempfänger (Kostenstellen) bestimmen, welche und wie viel Leistung sie beziehen wollen. Das ist vor allem in der Informatik, in den Unterhalts-, Energieversorgungs- und in den Werkstattbereichen der Fall. In der Anlagenwirtschaft werden die Anschaffungen für Gebäude, Maschinen und Einrichtungen erfasst und mittels kalkulatorischer Abschreibungen periodengerecht den nutzenden Kostenstellen belastet.  Alle anderen Supportprozesse sind aus Empfängersicht Zwangskonsum und können folglich nicht verursachungsgerecht an die Nutzer verrechnet werden (Beispiel: Softwarenutzungslizenzen, die für das Gesamtunternehmen unabhängig von der Anzahl Nutzer zu bezahlen sind (ERP)).

Insoweit Leistungen der Unterhalts-, Werkstätten-, Energie- und Informatikbereiche die direkte Folge von internen Bestellungen der empfangenden Kostenstellen oder deren Leistung sind, können die proportionalen Kosten der entsprechenden Leistungen an die Empfänger verrechnet werden und erscheinen dort auch als beeinflussbare Kosten. Das erfordert im Management Accounting die Verrechnung der innerbetrieblichen Leistungen (ILV) zum proportionalen Plankostensatz in Plan und Ist.

Alle in den Supportbereichen verbleibenden (fixen) Kosten können weder Produkten noch Kunden verursachungsgerecht zugeordnet werden. Sie sind durch die im Verkaufsprozess erzielten Deckungsbeiträge zu decken. In der BSC sind es Prozess- und Potenzialkosten, welche durch die Gesamtheit der verkauften Leistungen zu decken sind, was bedeutet, dass diese Kosten zwar teilweise den Perspektiven, nicht aber den Kunden oder Produkten verursachungsgerecht zuordenbar sind.

Verkaufsprozess

Erzielte Umsätze mögen zwar für die Berechnung von Marktanteilen interessant sein. Intern und damit auch bezüglich ihrer Präsentation in der BSC ist jedoch relevant, welcher Anteil dieser Umsätze zur Deckung der gesamten Unternehmenskosten verbleibt. Das ist der Nettoerlös. Mit ihm sind die proportionalen Herstellkosten der verkauften Einheiten, die gesamten Fixkosten, alle Abweichungen und der Zielgewinn zu decken.

Es ist üblich, dass die Marktbearbeitung in verschiedenen Dimensionen erfolgt. Zur Umsatzerzielung werden Werbung für das gesamte Angebot betrieben und Spezialangebote für verschiedene Kundengruppen publiziert. Zur Umsetzung werden

    • Verkäufer eingesetzt, die abgegrenzte Verkaufsgebiete betreuen,
    • Verkaufsförderungsmassnahmen für verschiedene Produkt- oder Kundengruppen durchgeführt,
    • Wiederverkäufer in ihren Absatzkanälen unterstützt,
    • Absatzmittler (Architekten, Ingenieure, Ärzte, Journalisten, Wissenschaftler und allgemein Influencer) betreut, damit sie verkaufsfördernd wirken.

Diese Anstrengungen können in unterschiedlichen Ländern oder Gebieten spezifisch ausgestaltet werden und sich auf das gesamte angebotene Sortiment oder auf Teile davon beziehen.

Kleinster gemeinschaftlicher Nenner ist die Fakturazeile, aus welcher hervorgeht, welcher Artikel welchem Kunden zu welchem Zeitpunkt zu welchem Bruttopreis und zu welchem Nettoerlös verkauft wurde (oder werden soll). Daraus ergibt sich, dass das Management Accounting die Planung und die Erfassung der Verkäufe so aufbauen muss, dass sowohl die geplanten als auch die realisierten Nettoerlöse nach den angeführten Dimensionen auswertbar werden. Die steuerungsrelevanten Auswertungsdimensionen bestimmen somit, welche Daten bei der Erstellung eines Angebots oder anlässlich der Rechnungstellung zu erfassen sind. Diese Angaben sind für Verkäufer, Verkaufsleiter, Product Manager, Channel Manager sowie Marketing- und Werbeleiter relevant.

Balanced Scorecards können zwar ebenfalls für Verkaufsgebiete oder Produktgruppen erstellt werden, meistens wird jedoch beobachtet, wie sich die Nettoerlöse für das gesamte Unternehmen entwickeln, weil die BSC für eben dieses Gesamtunternehmen aufgebaut wird. Die Datenbasis für die Nettoerlösanalyse in der BSC entsteht bei der Rechnungstellung an den Einzelkunden.

Zur Beurteilung der Wirkung von Verkaufsförderungs- und weiteren Marketing- oder Werbemassnahmen sind die beeinflussbaren Kosten dieser Kostenstellen den erzielten Nettoerlösen gegenüberzustellen. Die Kosten dieser Massnahmen werden im Management Accounting geplant und erfasst. Dabei ist darauf zu achten, dass keine hin- und her-Verrechnungen oder Kostenumlagen in die Systematik eingebaut werden. Denn die Vertriebs- und Marketing-Fachleute können nur für diejenigen Kosten verantwortlich sein, die sie selbst direkt verursachen. Auf BSC-Niveau ist die Entwicklung des Anteils der Marketing- und Vertriebskosten pro Euro Umsatz zu verfolgen, soll die Effektivität des Mitteleinsatzes verbessert werden (%-Anteil der gesamten direkten Marketing- und Vertriebskosten (ohne Umlagen) am Nettoerlös).

Für den Verkaufserfolg sind viele weitere Faktoren massgeblich, welche nicht im Management Accounting abbildbar sind aber in der BSC als wichtig erachtet werden. Hauptsächlich durch Kunden- und Interessentenbefragungen können Entwicklungen zu folgenden Beispielthemen ermittelt werden:

    • Einkaufserlebnis, Sauberkeit, Erscheinungsbild
    • Bedienungsfreundlichkeit
    • Pünktlichkeit der Lieferung
    • Erreichbarkeit und Warteschlange der Hotline
    • Konzilianz bei Reklamationen.

Führungsverhalten und Management Accounting

Führungsorientierung und Entscheidungsrelevanz mit dem Management Accounting (Kosten-, Leistungs-, Erlös- und Ergebnisrechnung KLEER) umsetzen.

Führungsverhalten und Management Accounting

Alle Führungskräfte treffen Entscheidungen und tragen die Verantwortung für deren Umsetzung. Diese Feststellung gilt für alle Personen, die einen Bereich leiten und dessen Ergebnisse gegenüber ihren Vorgesetzten oder gegenüber dem Unternehmen verantworten. Sie sind die Hauptkunden des Management Accounting Systems. Deshalb müssen Führungsverhalten und Management Accounting zusammenpassen. Vgl. auch den Beitrag „Planung dauert zu lang„.

Entscheidungsrelevante Zahlen liefern

Die Kosten-, Leistungs-, Erlös- und Ergebnisrechnung (KLEER), kürzer als Management Accounting bezeichnet, ist konsequent so aufzubauen, dass sie den Managern aller Führungsebenen Entscheidungsunterstützung bietet und die Verantwortlichkeiten organisationsgerecht abgrenzen kann.

Ziele und Planwerte gehören zusammen

Zur Zweckerfüllung sind in einem Unternehmen Resultate zu erreichen. Ziele betrachten wir als zu erreichende Resultate. Jede Führungskraft soll deshalb – ihrer Verantwortung entsprechend – ihre Zielerreichung planen, messen und steuern können. Soweit es um geldwertbezogene Ziele geht, sind sie im Management Accounting abzubilden. Daraus ist abzuleiten, dass die Planung im Management Accounting parallel zum Prozess der Zielvereinbarung ablaufen sollte. Wird z.B. die Leistungsmenge einer Kostenstelle als Ziel bestimmt, der dafür notwendige Personalbestand aber nicht bewilligt, ist das Ziel nicht erreichbar.

Mit der Planung gilt es, die zur strategischen und operativen Zielerreichung notwendigen Entscheidungen bezüglich personeller, sachlicher und finanzieller Mitteleinsätze zu treffen und vorzubereiten. Da dies zeitaufwändige Prozesse sind, wird oft nach Wegen gesucht, den Planungsprozess zu vereinfachen und zu kürzen. Trotz des grossen Arbeitsaufwands zeigt die Praxis jedoch, dass es sich lohnt, einmal pro Jahr alle Bereiche, Produkte und Führungsebenen komplett leistungs- und wertmässig im Verbund mit den Bereichszielen zu planen. Das gibt den Massstab für den Plan-/Soll-/Ist-Vergleich und damit die Grundlage für die Bestimmung von Korrekturmassnahmen. Die Planung für ein Geschäftsjahr erweist sich auch in «kurzlebigeren» Zeiten als sinnvoll, weil personal- und führungsmässige Entscheidungen sowie die Ziele meistens ebenfalls für ein Geschäftsjahr vereinbart werden.

Plan, Soll, Ist und Abweichung entsprechen dem Führungskreislauf

Damit der Führungskreislauf funktionieren kann, sind die zusammen mit den Zielen entstehenden Pläne im System in allen Einzelheiten zu hinterlegen, um sie mit den Resultaten vergleichen zu können. So wird die Messung der bisherigen Zielerreichung auch wertmässig möglich. Es empfiehlt sich, den Plan-/Ist-Vergleich monatlich zu erstellen, damit das reale Geschehen für die Beurteilung der Ergebnisse noch präsent ist und bei Abweichungen schneller reagiert werden kann. In Projekten sollte der Plan-/Ist-Vergleich für jeden Meilenstein eingerichtet werden, weil an jeder Meilensteinsitzung zu entscheiden ist, ob das Projekt weitergeführt oder abgebrochen werden soll (go/no-go-Enscheid).

Führungskräfte aller Ebenen entscheiden meistens über Mengen, Leistungen und Zeiten. Die wertmässigen Folgen der Umsetzung entstehen dann in der Kostenrechnung. Das erfordert, dass diese Rechnung als Kosten-, Leistungs-, Erlös- und Ergebnisrechnung (KLEER) ausgestaltet wird. Die führungsgerechte KLEER unterscheidet sich deshalb klar vom rein wertbezogenen finanziellen Rechnungswesen.

Mehrjahresplanung erfordert Umwertung der Bestände

Strategische Planung legt die beabsichtigte Positionierung in den Märkten fest. Dazu werden zu erreichende Produkt-/Marktpositionen mit Mengen und Umsätzen für mehrere Jahre definiert. Die mittelfristige operative Planung hat den Auftrag, die Umsetzung der Strategien vorzubereiten. Da die Manager dazu Mengen, Leistungen und Preise festhalten müssen, sind die KLEER-Strukturen auch in der Mehrjahresplanung aufzubauen.

In der Jahresplanung werden die Plan-Einstandspreise, die Plan-Personalkosten sowie die Stücklisten und Arbeitspläne für das Planjahr festgehalten. Dadurch ergeben sich auch neue Plankostensätze der Kostenstellen und neue Produkt-Plankosten. Damit die Führungskräfte ihre erzielten Resultate mit den Planwerten unterjährig jederzeit vergleichen können, sind in der KLEER die Lagerbestände von Material, Halb- und Fertigfabrikaten zu Jahresbeginn auf die neuen Planwerte umzuwerten. Kann z.B. ein Produkt wegen einer Prozessverbesserung im neuen Jahr günstiger hergestellt werden, ist der Vorjahresendbestand intern zum neuen Ansatz zu bewerten. Wird diese Umwertung der Jahresendbestände nicht vorgenommen, entstehen im neuen Jahr Abweichungen, welche noch ins alte Jahr gehören. Die Umwertung erfolgt nur im Management Accounting. Die Bestandsbewertung im finanziellen Rechnungswesen folgt weiterhin den geltenden handelsrechtlichen Vorschriften.

Forecasts

Weil die Erstellung von Forecasts (Erwartungsrechnungen) ebenfalls viel Managementkapazität bindet, empfiehlt es sich, zwei Forecasttermine vorzusehen. Der erste sollte, wenn das Geschäftsjahr dem Kalenderjahr entspricht,  auf Basis der Plan- und Istdaten von Januar bis April erstellt werden (die Ostertage sind dann immer enthalten). Basierend auf den kumulierten Istwerten per Ende August (grosse Ferienzeit meistens abgeschlossen) sollte der zweite Forecast erarbeitet werden. Dieser bildet dann auch den Input für die sich anschliessende Planung des nächsten Geschäftsjahres. Diese bildet normalerweise auch den Forecast für die ersten vier Monate des Planjahres. Börsenkotierte Unternehmen sind meistens gezwungen, quartalsweise Erwartungsrechnungen zu erstellen. Die Praxis zeigt jedoch, dass vor allem die Erwartungsrechnung auf Basis der Istdaten von Ende März nicht besonders aussagekräftig wird, ihre Erstellung aber meistens viel Hektik in den Organisationen auslöst.

Controller prüfen die richtige Systemanwendung

Die Controller als Gestalter und Betreiber des Management Accountings haben den Auftrag, die richtige Anwendung des Planungs- und Steuerungssystems zu überwachen. Das ergibt sich aus dem Controller-Leitbild (vgl. den Beitrag Management, Controlling, Controller). Sind die Planungsergebnisse oder die Forecastdaten im Management Accounting System erfasst, muss deshalb ein genügender Zeitraum vorgesehen werden, während welchem die Controller die Einhaltung der Systemregeln überprüfen und gegebenenfalls für termingerechte Korrekturen sorgen können. Leider gibt es immer wieder «Spezialisten», die versuchen, das Planungssystem oder Bewertungsregeln zu ihren Gunsten zu missbrauchen, indem sie inhaltliche oder prozessuale Regeln umgehen.

    • In einem uns bekannten Unternehmen hat ein Geschäftsbereichsleiter die Plan-Präsenzzeiten der Mitarbeitenden in einem neu aufzubauenden Werk massiv nach oben manipuliert, um so niedrigere Stückkosten kalkulieren zu können. Auf dieser Basis wurde die Investition in das Werk von der Konzernleitung bewilligt. Schon im ersten Betriebsjahr zeigte es sich, dass die realen Präsenzzeiten nicht den geplanten entsprachen, was zum Verlust der vorgesehenen Kosteneinsparungen führte. Die Investition musste im Nachhinein als Fehlentscheid beurteilt werden, das Geld war aber schon ausgegeben.
    • In multinationalen Unternehmen ist das Risiko gross, dass Entscheidungen über die Rentabilität einer Tochtergesellschaft auf Basis der Verrechnungspreise zwischen den Konzerngesellschaften getroffen werden. Letztere sind jedoch durch internationale Transferpreisregelungen getrieben, gehorchen also den gesetzlichen Vorgaben und lassen die Gesamtkonzernsicht aus (jedes Land will für den produzierten Wert lokal Steuern abschöpfen, was es schwierig macht, Konzernleistungen sachgerecht an die produzierenden und verkaufenden Einzelgesellschaften zurück zu verrechnen).
    • Aus Controllersicht muss deshalb die Planung in der einzelnen Gesellschaft basierend auf den lokalen Gegebenheiten, aber unter Berücksichtigung der konzerninternen Planungs- und Steuerungsvorgaben erfolgen (diejenigen Grössen, welche die lokalen Verantwortlichen auch wirklich selbst beeinflussen und damit auch verantworten können). Daraus ist abzuleiten, dass die Controller das Management Accounting System so einrichten müssen, dass lokal das gesamte Geschäft erfolgreich geführt werden kann. Der Finanzbereich in der Konzernzentrale muss hingegen durch Transferpreisgestaltung dafür sorgen, dass die gesamte Steuerbelastung möglichst gering bleibt (Steueroptimierung). Diese beiden Bereiche sind aus Führungssicht zu trennen, soll sowohl lokal richtig geplant und gesteuert werden als auch das Konzernergebnis optimiert werden.

Gestaltung des entscheidungsrelevanten Management Accountings

Zwecks Gestaltung eines umfassenden Management Accounting Systems das die sich aus dem Führungsprozess ergebenden Anforderungen erfüllen kann, beobachten wir seit mehreren Jahrzehnten die wissenschaftlichen Entwicklungen sowie deren praktische Umsetzung bei unseren Kunden. Für die Konzeption der KLEER sind nach unseren Erkenntnissen folgende Quellen und Systeme von massgeblicher Bedeutung:

    • Grenzplankostenrechnung nach Hans-Georg Plaut
    • Flexible Plankostenrechnung nach Wolfgang Kilger
    • Deckungsbeitragsrechnung nach Albrecht Deyhle
    • Resource Consumption Accounting RCA nach Larry White
    • Absatz- und Umsatzplanung entsprechend den gelebten Marktbearbeitungsstrukturen
    • Erweiterung zur mehrstufigen und mehrdimensionalen Deckungsbeitragsrechnung (v.a. beschrieben von Lukas Rieder)
    • Drei Dimensionen für die managementorientierte Strukturierung von Kosten und Erlösen im Controller-Wörterbuch der IGC
    • Activity Based Costing nach Robert Kaplan und Peter Norton, aber ohne Verrechnung fixer Kosten auf Produkteinheiten, entspricht Resource Consumption Accounting (RCA)
    • The Costing Levels Continuum Maturity Model von Gary Cokins
    • The IMA Conceptual Framework for Managerial Costing (IMA = Institute of Management Accountants).

 Quellenangaben zu diesen Publikationen finden sich auf der Seite Literaturnachweise.

Management Accounting

Zweck des Management Accountings ist die Führungs- und Entscheidungsunterstützung, nicht die externe Berichterstattung.

Management Accounting dient der internen Entscheidungsfindung

Planungs- und Steuerungsinstrumente müssen führungsorientiert und damit entscheidungsrelevant sein. Der Zweck von Management Accounting ist die Führungsunterstützung. Das gesamte operative Zahlenwerk soll planungs- und steuerungsgerecht vom Einzelmaterial bis zur Bilanz abgebildet werden, damit die Führungskräfte ihre Verantwortungsbereiche planen und steuern sowie gegenseitig abstimmen können. Im Fokus steht immer die eigenverantwortliche Führung des geleiteten Bereichs. Bezogen auf eine Kostenstelle ergeben sich folgende Fragen:

    • Welche und wie viele Leistungseinheiten sollen wir erbringen und welches sollen die leistungsabhängigen Kosten sein (Planung der proportionalen Kosten)?
    • Welche indirekt leistungsmengenabhängigen Strukturen müssen wir für die Leistungserbringung vorhalten und wie viel sollen diese kosten (Planung der fixen Kosten)?
    • Wie viele Leistungseinheiten haben wir in einer Betrachtungsperiode erbracht und wie viel hätten diese (abgeleitet vom Plan und zusammen mit den geplanten Fixkosten) kosten dürfen (Sollkosten)?
    • Welche durch unseren Bereich direkt zu verantwortenden Kosten sind real entstanden (Einzelkostenerfassung auf Produkte und Kostenstellen)?
    • Welche Differenzen zwischen Soll und Ist sind entstanden, die wir selbst zu verantworten haben (Abweichungsanalyse)?
    • Welche weitere Entwicklung erwarten wir bis zum Jahres- oder Projektende unter Berücksichtigung des Erreichten und der schon vorgesehenen Korrekturmassnahmen (Erwartungsrechnung / Forecast)?

Insgesamt ist Accounting for Management somit Unterstützung für die Entscheidungsfindung in Planung, Umsetzung, Kontrolle, Korrektur und Erwartung / Forecast (vgl. Führungskreislauf). Dies erfordert den Einbezug von Leistungen, Erlösen und Beständen, dargestellt in Mengen und Werten. Dazu ist eine konsequent führungsorientiert aufgebaute Kosten-, Leistungs-, Erlös- und Ergebnis-Rechnung (KLEER) erforderlich, die Plan, Soll, Ist und Forecast abbilden kann. Die datenmässige Grundlage stammt aus den Dispositionssystemen (ERP) und aus dem Rechnungswesen.

Controller-Service

Der Controller-Service ist für die Gestaltung, Umsetzung und den Betrieb dieser Gesamtsystematik verantwortlich. „The Controller is the Chief Management Accountant“ (Ch.T. Horngren, Cost Accounting, a Managerial Emphasis, 1991)

Bewertungsvorgaben aus Gesetzen und Rechnungslegungsstandards sind für die Gestaltung des Management Accountings nachrangig, weil die interne und die marktbezogene Planung sowie die Steuerung im Vordergrund stehen.

Management Accounting kann unseres Erachtens seiner Bestimmung nur dann gerecht werden, wenn es der jeweils verantwortlichen Person die von ihr und ihren Mitarbeitenden direkt beeinflussbaren Grössen in Plan, Soll, Ist und Forecast (Erwartung) zeigt.