Vorsteuerung für den Markt

Welche Kenngrössen sind die Vorboten der zu erwartenden Umsätze und Nettoerlöse?

Aktualisiert am 13. März 2024 durch Lukas Rieder Dr. oec.

Vorsteuerung für den Markt

Aktuell erzielte Nettoerlöse sind weitgehend die Folge früherer Marketing-, Vertriebs- und Produktmanagementaktionen. Leads (qualifizierte Angaben für anzusprechende Personen in bestimmten Unternehmen) für zukünftige Akquisitionsgespräche führen zu Anfragen für Angebote oder Offerten. Diese werden, so sie den Interessenten zusagen, zu Auftragseingängen und schliesslich zu Umsatz. Mit Vorsteuerung für den Markt sollen diese Entwicklungen in Marketing und Akquisition erfasst und ausgewertet werden. Sie sind die Datengrundage für die Planung der Aktionen, Prozesse und Investitionen der nächsten Jahre.

Vorsteuerung für den Markt
Vorsteuerung für den Markt

Vom Lead bis zum Umsatz

Um die Entwicklungen in der Geschäftsanbahnung erkennen und verfolgen zu können, empfiehlt es sich, mit Zeitreihenanalysen zu arbeiten. Es stehen verschiedene Fragestellungen im Vordergrund:

    • Wie viele Leads sind durchschnittlich nötig, um eine Einladung zur Präsentation zu erhalten? Dazu können die beschafften Leads zu den Besuchseinladungen in Beziehung gesetzt werden, also: Anzahl Leads : erhaltene Besuchseinladungen jeweils bezogen auf ein Jahr. Da ein Kundengespräch die Folge eines Kontakts aus früheren Jahren sein kann, sollte die mehrjährige Entwicklung dieser Kennzahl (gleitender Durchschnitt) ebenfalls dargestellt werden. Die Ermittlung dieser Kennzahl erfordert, dass die Leads und die vereinbarten Besuchstermine im Kundenbeziehungs-Management (Customer Relationship Management CRM) inhaltlich und datumsbezogen erfasst werden.
    • Im CRM-System sollten auch die Kontakte mit den Interessenten (Datum) und die dabei besprochenen Inhalte festgehalten werden. Dies ermöglicht es, den Zeitraum zwischen Erstkontakt und Anfrage auszuwerten und die Gesprächsinhalte zu dokumentieren. Das erleichtert den Kundenbetreuenden die Vorbereitung der nächsten Gespräche.
    • Wünscht der (potenzielle) Kunde ein Angebot, soll dieses schon möglichst detailliert die einzelnen angebotenen Artikel mit ihren Preisen und Konditionen enthalten. So können die offenen Angebote auch in der Absatz- und Produktionsplanung berücksichtigt werden. Die dazu erforderlichen Basisdaten (Kundendaten, Artikeldaten, Rabattierungsregeln, Zahlungskonditionen) werden oft im ERP-System geführt, mit welchem das CRM-System verbunden ist.
    • Eine weitere Vorsteuerungsgrösse entsteht, wenn die abgegebenen Angebote/Offerten mit der Anzahl Leads in Beziehung gesetzt werden: A) Entwicklung des durchschnittlichen Zeitraums zwischen Lead-Generierung und Angebot über die Jahre. B) Wie viele Leads sind durchschnittlich zu bearbeiten, bis ein Angebot abgegeben werden kann. Diese Kennzahlen sind für die Arbeitsplanung der Verkäufer wichtig, können siedoch damit abschätzen, wie lange es vom Erstkontakt bis zur Einreichung einer Offerte dauert und wie viel Arbeitszeit  dafür nötig ist.
    • Erfolgt der Auftragseingang, kann durch Gegenüberstellung von Angebotsausgang und Kundenbestellung ermittelt werden, wie viele Angebote zu erstellen sind, um einen Auftragseingang zu erzielen und welcher Zeitraum dazwischen liegt (Durchschnittswerte pro Verkäufer, Gebiet, Produktgruppe).
    • Kann der ausgeführte Auftrag im ERP-System fakturiert werden, wird der Zeitraum zwischen Auftragseingang und Umsatzentstehung erkennbar. Das zeigt dem Verkäufer an, ob er seinen Arbeitsanteil für die Kundengewinnung erhöhen muss, um seine Umsatz- und Deckungsbeitragsziele zu erreichen.
    • Wird der Auftragsbestand durch den durchschnittlichen Monatsumsatz dividiert, zeigt sich, wie viele Monate mit dem Auftragsbestand noch produziert werden kann. Sinkt dieser Wert, ist dies ein Hinweis darauf, dass die Kundengewinnung zu intensivieren ist, sollen mittelfristig die Umsätze nicht wegbrechen.

Die Datenaufbereitung und die daraus entstehenden Kenngrössen sind im nachstehenden Beispiel über 5 Perioden (Monate) nachvollziehbar:

Vom Lead bis zum Umsatz
Vom Lead und Erstbesuch bis zum Umsatz
Aus 10 erhaltenen Leads resultierten nach durchschnittlich 1.9 Monaten 7 abgegebene Angebote im Durchschnittsbetrag von 12’000. 70% der Leads waren somit erfolgreich.
    • 4 von den 7 übermittelten Angeboten wurden angenommen (Erfolgsrate 57%) und führten zu einem Auftragseingang von 50’000 (Erfolgsrate 60%). Die Kunden brauchten im Schnitt einen halben Monat, um das Angebot anzunehmen.
    • Der Umsatz konnte durchschnittlich nach 1.5 Monaten fakturiert werden. Das ergibt eine gesamte Leadtime vom Eintreffen des Leads bis zur Umsatzentstehung von 3.9 Monaten.

Es sind 2.5 Leads (10 : 4) zu generieren, um 1 Auftragseingang zu erzielen. Dabei vergehen durchschnittlich 2.4 Monate (1.9 + 0.5). Um 1 EUR Auftragseingang zu erzielen, sind im Schnitt 1.68 EUR Angebotsvolumen erforderlich (84.000 : 50’000). Aus der Übersicht ist rechnerisch abzuleiten, dass wenn in einem Monat nur 50% neue Leads generiert werden, der Neukundenumsatz nach ca. 4 Monaten ebenfalls um rund 50% einbrechen wird.

Abstimmung mit Verkaufsförderung und Marketing

Diese Kenngrössen helfen nicht nur den Verkäufern bei der Steuerung ihres Arbeitseinsatzes. Auch die Verkaufsförderung (Sales Promotion) und Marketing- oder Werbeabteilungen können daraus ableiten, welche Aktionen sie für die nächsten Planperioden ansetzen sollen. Dazu müssen diese Bereiche jedoch auch wissen, welche Produkte es im Absatz hauptsächlich zu fördern gilt. Neben strategischen Überlegungen hat dabei die Deckungsbeitragsanalyse auf Produktebene eine grosse Bedeutung. Es gilt, vor allem diejenigen Produkte zu bewerben und mit Verkaufsförderungsaktionen zu unterstützen, welche einen hohen Anteil Deckungsbeitrag in Prozenten vom Umsatz oder Nettoerlös generieren (DBU).

Die artikelbezogene Deckungsbeitragsrechnung (Plan und Ist) liefert dazu die nötigen Angaben (vgl. den Beitrag «Deckungsbeitragsrechnung»). In der DB-Rechnung kann in Plan und Ist ausgewertet werden, wie viele Cents von einem EUR Umsatz zur Deckung der fixen Kosten und zur Gewinnerzielung (EBIT) übrigbleiben. Werbung und Verkaufsförderung sollten deshalb ihre Aktionen auf Artikel ausrichten, deren DB I in % vom Umsatz (DBU) über die Jahre steigt oder mindestens gleich bleibt, weil die Marktstellung es erlaubt, höhere Nettoverkaufspreise durchzusetzen oder weil die proportionalen Herstellkosten dieser Artikel  durch interne Prozessverbesserungen über die Jahre sinken.

Alle in diesem Beitrag erwähnten Datenelemente entstehen durch die Dokumentation betriebsinterner Daten. Sie bereiten die eigentliche Steuerung vor, haben aber noch nichts mit Strategie zu tun. Deshalb bezeichnen wir sie als Vorsteuerungsgrössen.

Der dargestellte Kreislauf «Vom Lead zum Umsatz» bezieht sich in erster Linie auf die Anbahnung rentabler Geschäfte mit Neukunden. Die geschilderten Analysen der Entwicklungen in vergangenen Jahren zeigen, wo die grössten Erfolgschancen bestehen und zu packen sind.

Für die erfolgreiche Weiterentwicklung des bestehenden und des zukünftigen Geschäfts sind weitere Vorsteuerungsgrössen ins Auge zu fassen. Dies ist das Thema des Beitrags „Analyse bisheriger Verkäufe„.

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