Vermutete Marktentwicklungen einbinden

Vergleichende Marktbeobachtung und Kundennutzenanalysen für die Umsatzplanung einsetzen.

Aktualisiert am 26. April 2024 durch Lukas Rieder Dr. oec.

Vermutete Marktentwicklungen einbinden, z.B. den Kundennutzen.

Der Grundmotor aus dem Beitrag Frühwarnung und der Grundmotor zeigt, dass der Bestelleingang den wichtigsten Faktor für den nachhaltigen Erfolg bildet und für fast alle Planungs- und Steuerungsbereiche Konsequenzen hat. Marktbezogene Frühwarnung heisst, die den Bestelleingang mittel- und langfristig beeinflussenden Faktoren und ihre Interdependenzen zu analysieren und vermutete Marktentwicklungen einzubinden. Zu diesen Faktoren gehören das verfügbare Einkommen, das Verhalten der Konkurrenz und das Interesse der Händler, die angebotenen Produkte und Services auch wirklich anzupreisen.

Wichtigster Faktor zur Gewinnung neuer Kunden ist jedoch unseres Erachtens  der Kundennutzen, den die eigenen Angebote im Vergleich zur Konkurrenz bieten.

Vermutete Marktentwicklungen einbinden: Kundennutzen als Hauptfaktor
Vermutete Marktentwicklungen einbinden: Kundennutzen als Hauptfaktor

Die Analyse des Kundennutzens

Damit es zu einem Bestelleingang kommt, muss ein Kunde (oder eine Gruppe) entschieden haben, dieses Angebot zu kaufen. Die zu diesem Entscheid führenden Kriterien, wählt der Kunde selbst und gewichtet sie nach seinen Ansichten.

Wer die Planung und Steuerung seiner Organisation verbessern und nachhaltig erfolgreich gestalten will, sollte von seinen Angeboten (Produkte, Services) wissen, wie gut sie die von den Kunden angewandten Kriterien erfüllen. Je besser die kaufentscheidenden Kriterien der Kunden erfüllt werden, desto mehr verkauft das Unternehmen. Diese Erkenntnis kann durch Kundennutzenanalyse gewonnen werden.

Mit der Kundennutzenanalyse ist herauszufinden, welche Kriterien zukünftige Nachfrager beim Kaufentscheid für mein Angebot oder für ein anderes anwenden und wie sie diese Kriterien gewichten. Dazu stellen die Kunden die Nutzen, Leistungen und Vorteile (benefits) einer Beschaffungsvariante ihren Nachteilen, Anschaffungspreisen, laufenden Ausgaben und ihren Kosten des Betriebs im eigenen Unternehmen (cost) gegenüber. Aus der Käufersicht entsteht so eine Cost-Benefit-Analysis für jede untersuchte Variante. Für Verkäufer, Manager und Controller hat eine konsequent aus Käufersicht erstellte Kundennutzenanalyse den zentralen Vorteil, dass sie alle für den Besteller relevanten Aspekte einbezieht und auch die Mitbewerber beurteilt. Damit deckt sie fast alle Marketingaspekte ab. Die möglichen Beschaffungsvarianten werden verglichen bezüglich:

Leistung / benefit Erläuterung
Leistung des Produkts oder der Dienstleistung Leistungsbezogener Produktvergleich
Anwendungssicherheit Wiederherstellungsprozess bei Ausfällen
Serviceangebot / Nutzerunterstützung Qualität und Geschwindigkeit des Supports
Lieferfähigkeit und -zeitraum Verfügbarkeit
Umfassendes Sortiment Ausbaufähigkeit
Empfehlungen (Mund-zu-Mund) Influencer, Architekten, Ärzte, Lehrer, Berater
Vollständigkeit des Sortiments Alles aus einer Hand
Kompatibilität zu anderen Systemen Schnittstellen und Integration im Unternehmen
Bekanntheitsgrad des Anbieters Image des Produkts
Berücksichtigung von Umweltaspekten Schadstoffe, Lärm, Hitze, Entsorgung
Nachteile / cost  
Netto-Anschaffungspreis Investition
Laufende Ausgaben Unterhalt, Lizenzgebühren
Intern notwendige Anpassungen/Umbauten Integration in bestehende Systeme und Prozesse
Beispielkriterien einer Cost/Benefit-Analyse aus Kundensicht

Kann es sich eine Organisation leisten, die Erstellung einer Kundennutzenanalyse extern zu vergeben, ist die Chance gross, dass die wesentlichen Konkurrenten in der Analyse erscheinen und vollständig aus Kundensicht beurteilt werden. Unsere Erfahrung zeigt, dass auch eine kostengünstigere, von eigenen Mitarbeitern ausgeführte Analyse schon massgebliche Erkenntnisse gebiert. Voraussetzung ist jedoch, dass die Befragten immer wieder darauf hingewiesen werden, die Sicht eines potenziellen Kunden einzunehmen.

Im Buch Kundenorientierung in Innovation, Marketing, Vertrieb und Führung gibt Markus Orengo Anleitung für die Erstellung einer Kundennutzenanalyse. Er hat auch ein Excel-basiertes Tool entwickelt, welches schrittweise den Aufbau der Analyse unterstützt und die Ergebnisse zwecks Entscheidungsfindung auch grafisch aufbereitet.

Gesamtmarktbezogene Einflüsse auf den Bestelleingang

Zu Frühwarninformationen können weitere Faktoren des Marktgeschehens werden, welche eine Kundennutzenanalyse nicht abbilden kann:

    1. Konditionen für Wiederverkäufer (Händler, Handwerker, Ärzte, Softwareeinführer)
    2. Absatz- und Umsatzentwicklung der Mitbewerber
    3. Neue Produkte, welche das eigene Portfolio bedrängen könnten
    4. Internationale Handelseinschränkungen / Zölle / Ein- oder Ausfuhrverbote
    5. Entwicklung neuer internationaler Standards, welche den Absatz eigener Produkte verhindern können
    6. Verfügbares Einkommen der Nachfrager/ Wirtschaftslage (kann ich mir das leisten?)

Die Punkte 1. und 2. erfordern die Beobachtung der Konkurrenz. Die Information kommt aber meistens spät, weil sie durch Befragung der Wiederverkäufer oder durch Publikationen entsteht. Wichtig ist deshalb, dass die eigenen Verkäufer ihre Kundenkontakte auch dazu nutzen, Einkäufe ihrer Kunden bei Mitbewerbern zu erfahren und die Angaben nachher im internen Berichtswesen (CRM-System) zu dokumentieren.

Werden Märkte reif, hat dies meistens Fusionen und Übernahmen zur Folge, weil die grossen Anbieter versuchen, ihre Marktanteile zu erhöhen und dadurch ihre Kostenposition zu verbessern. Solche Geschehnisse haben ebenfalls Frühwarncharakter. Denn oft läuft diese Entwicklung so, dass in reifen Märkten weltweit 5 – 6 Konzerne 70-80% der Marktanteile halten und so die Marktregeln diktieren (z.B. Automobilindustrie, Personal Computer, Betriebssysteme, Handies). Die kleineren Unternehmen müssen sich in solchen Situationen oft selbst neu erfinden und neue Produkte und Anwendungen auf den Markt bringen, um zu überleben.  

Informationen über Fusionen, Umsatzentwicklungen, neue Technologien und Produkte, Handelshemmnisse und behördliche Vorschriften (Punkte 3 – 6) liefern für die Anpassung der eigenen Unternehmenspolitik und der Strategien wichtige Inputs. Die Entscheider müssen die Daten interpretieren und sie bei der Planüberarbeitung berücksichtigen.

Ein Ansatzpunkt zur Eindämmung des Aufwands und des Zeitbedarfs für die Beschaffung dieser Daten ist es, bei einer Medienbeobachtungsagentur ein für die eigenen Fragestellungen individualisiertes Abonnement zu lösen. Diese Art der Beschaffung von Frühwarndaten kann auch in Forschungs- und Entwicklungsbereich genutzt werden oder für die Verfolgung der verfügbaren Einkommen. Als Beispiel: https://www.argusdatainsights.ch.

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