Passt BSC zu Management Control?

Die Balanced Scorecard ist auf Daten angewiesen, welche im Management Control System in der Planung und in der Istdatenerfassung entstehen.

Passt BSC zu Management Control?

Mit der Balanced Scorecard soll gemessen und beurteilt werden, wie gut die Strategieumsetzung in der Berichtsperiode gelungen ist. Im Management-Control-System werden verschiedene Planungsstufen unterschieden (vgl. den Beitrag Planungs- und Führungsstufen). Die Unternehmenspolitik drückt aus, welchen Zweck das Unternehmen aus Sicht der Eigner erfüllen soll und welche Leitlinien der Entwicklung sie sich vorstellen. Daraus werden die Strategien entwickelt. Formulierte Unternehmenspolitik und Strategien sind Voraussetzung für die BSC-Einführung.

Passt BSC zu Management Control
Passt BSC zu Management Control?

Im Beitrag Strategie oder funktionale Konzepte wurde erklärt, dass es kaum eine gemeinsame Strategie für das gesamte Unternehmen gibt, weil pro Produkt-/Marktkombination eigenständige Marktauftritte und eventuell gar unterschiedliche Sortimente vorzusehen sind. Die strategischen Pläne und Ziele sind somit pro strategisches Geschäftsfeld SGF zu formulieren. Dies entspricht auch der Empfehlung von Kaplan/Norton in «the Strategy Focused Organization, S. 45f.».

Ein SGF ist zu bilden, wenn unterschiedliche Produkt-/Marktkombinationen mit entsprechender eigener Preis- und Angebotsgestaltung vorkommen und eventuell sogar das Alleinstellungsmerkmal anders ist. Das führt zu einer Strategie pro SGF und folglich auch zu einer geschäftsfeldspezifischen BSC.

Im Beitrag „Strategie oder funktionale Konzepte“ empfehlen wir, bei der Erstellung und Dokumentation einer SGF-Strategie jeweils sechs Fragengruppen zu beantworten:

Grundidee, Rahmenbedingungen, Beurteilung, Ziele, Massnahmenprogramm, Kritische Prämissen.

Die Ziele sind für die Erstellung der BSC der Ausgangspunkt, das Massnahmenprogramm der Input für die operative Planung und die Kritischen Prämissen sind zu hinterfragen, wenn beurteilt wird, ob eine Strategie weiterverfolgt, angepasst oder aufgehoben werden soll.

Die beschlossenen SGF-Strategien bilden mit ihren Zielen den Input für die Mehrjahresplanung sowie für die Festlegung der im nächsten Jahr zu erreichenden Resultate. In den Funktionalen Konzepten rücken die Perspektiven „Prozesse“ und „Potenziale“ in den Vordergrund. Denn in der operativen Planung ist festzulegen, wie die Voraussetzungen für die Erreichung der Markt- und Finanzziele in den internen Einheiten zu schaffen sind.

Das bedeutet, dass in den Funktionsbereichen ebenfalls zu erreichende Resultate als Ziele zu bestimmen sind. Der Umsetzungserfolg soll mit der BSC gemessen werden können.  Auch die Prozesse sind in überprüfbarer Form zu konkretisieren. Die Absicht „Kundenbasis ausbauen“ hilft weder bei der Arbeitsplanung in den betroffenen Bereichen weiter, noch ist definiert, wie viel zu erreichen ist und wie die erzielten Resultate gemessen werden sollen. Die Regeln der Zielvereinbarung sind sowohl in der strategischen als auch in der operativen Planung anzuwenden. Es ist also festzuhalten, welcher Bereich (Kostenstelle) bis wann wie viele Neukunden gewinnen soll, welche Kriterien anzuwenden sind, damit jemand als Neukunde gezählt wird und in welchen Jahren welche Anzahl Neukunden zu gewinnen ist.

In der Jahresplanung gilt es in der Planung von Absatz, Umsatz, Produktion, Projekten, Kostenstellen sowie Investitionen ebenso zu erreichende Resultate, also messbare Ziele festzuhalten, damit der Fortschritt gemessen werden kann.

Die Umsetzung der BSC setzt somit voraus, dass in allen Bereichen die Idee und die Regeln der Führung durch Zielvereinbarung angewendet werden, dass die mengen- und leistungsbezogenen Plan- und Istdaten im ERP (Enterprise Resource Management System) und im CRM (Customer Relationship Management) verfügbar sind und im Management Accounting entscheidungsrelevante Plan-, Soll- und Istdaten zu Werten und Beständen bereitgestellt werden.

Insgesamt läuft die BSC parallel zu den im Management Control System notwendigen Planungsstufen. Kaplan und Norton gehen von der gleichen Abfolge und den gleichen Inhalten der Planungsstufen aus, wie sie in diesem Blog beschrieben werden. Ausgehend von den unternehmenspolitischen und strategischen Festlegungen sind die messbaren kurz- und mittelfristigen Ziele für die Marktbearbeitung abzuleiten. Damit diese realisiert werden können, sind in den Funktionsbereichen die personellen und sachlichen Voraussetzungen zu schaffen. Das geschieht in Kostenstellen und Projekten. Die sach-, termin- und kostengerechte Umsetzung wird in der BSC mit Ziel-Ist-Vergleichen gemessen und beurteilt. Wird die Management Control-Systematik so wie in diesem Blog skizziert aufgebaut, entstehen auch die für die BSC notwendigen Plandaten.

Im nächsten Beitrag ist zu analysieren, ob das Management Control System auch die zur Beurteilung notwendigen Istdaten liefern kann.

 

Strategie oder funktionale Konzepte?

Strategie ist aussengerichtet, bestimmt die Alleinstellungsmerkmale des Angebots und die zu erreichende Marktposition. Funktionale Konzepte werden in operativen Mittelfristplänen konkretisiert. Sie sollen dazu führen, dass die zur Strategierealisierung notwendigen Erfolspotenziale bereitstehen.

Strategie oder funktionale Konzepte?

Alleinstellungsmerkmale

Michael Porter (On Competition, 2008) definiert, dass eine Strategie die Alleinstellungsmerkmale (Unique Selling Proposition) und die Marktpositionen beschreiben soll, die in den jeweiligen Marktbereichen mit den eigenen Angeboten erreicht werden sollen. Das bedeutet, dass pro Produkt-/Marktkombination eine eigenständige Strategie zu festzulegen ist. Dieser Definition folgend sind dann Ziele, Projekte und Massnahmen zu bestimmen, welche zur operativen Erreichung der angestrebten Position geeignet erscheinen.

Leider wird der Begriff Strategie mittlerweile für fast alles verwendet, was mit Planung in Verbindung gebracht wird. Diese Unschärfe der Begriffsanwendung führt zu Unsicherheiten in der Führung und zu Fehlinvestitionen. Aus diesem Grund unterscheiden wir in der strategischen Planung zwischen Strategien und funktionalen Konzepten.

Strategie

Die Strategie legt die zu erreichende Position pro eigenständigen Produkt-/Marktbereich fest und beschreibt die dazu in den Bereichen auf- oder auszubauenden Erfolgspotenziale. Das erfordert die Bildung Strategischer Geschäftsfelder SGF.

Pro Produkt-/Marktstrategie ist festzuhalten, welches die verfolgte Geschäftsidee sein soll, welche Rahmenbedingungen zu beachten sind und wie die Verantwortlichen die Umsetzungschancen beurteilen. Als Grundlage für die anschliessende Umsetzungsplanung sind zu erreichende Resultate (Absatz, Umsatz, Termine, ev. Ergebnisse) zu quantifizieren und die bedeutendsten Massnahmen / Projekte festzuhalten.

Zudem sind die bei der Erstellung des strategischen Plans getroffenen Annahmen, insbesondere zur Entwicklung der Nachfrage und den Aktionen der Konkurrenz zu dokumentieren. Diese können sich im Laufe der Strategieumsetzung verändern, was zu einer Strategierevision führen kann.

Damit beim Plan-Ist-Vergleich einer Strategie überprüft werden kann, ob die ursprünglichen Annahmen noch gelten, sind schon bei der Strategieformulierung die erfolgskritischen Prämissen festzuhalten.

Wir empfehlen, jeden strategischen Plan in sechs Teile zu gliedern (vgl. Controller-Leitfaden, S. 600):

    1. Grundidee: Verbale Beschreibung der zu bildenden Produkt-/Marktkombination und der damit zu erreichenden Ziele (Absatz, Umsatz, Deckungsbeiträge) sowie der hauptsächlichen Wettbewerbsvorteile und Kundenutzen aus Sicht der Kunden.
    2. Rahmenbedingungen: Beschreibung der Faktoren und Gegebenheiten in den Umwelten, die für den Strategieerfolg bedeutend sind, vom Unternehmen selbst aber nicht verändert werden können.
    3. Beurteilung: Einschätzung der Erfolgschancen des Strategischen Geschäftsfelds unter Berücksichtigung möglicher Aktionen der Mitbewerber und der möglichen SGF-eigenen Verteidigungsmassnahmen. Dokumentation der Übereinstimmung des strategischen Plans mit den unternehmenspolitischen Vorgaben.
    4. Ziele: Festlegung der zu erreichenden qualitativen und quantitativen Eckwerte für jedes Jahr im zeitlichen Strategiehorizont (Marktanteile, Sortiment, Qualität (aus Kundensicht), stufenweise Deckungsbeiträge). Überprüfung mittels einer dynamischen Investitionsrechnung (sh. Download des Excel-Templates für die dynamische Investitionsrechnung).
    5. Massnahmenprogramm: Auflistung der Projekte, Marktbearbeitungsmassnahmen, Entwicklungen in der Verkaufsorganisation und weiterer Aktionen jeweils mit Meilensteinen, Zuständigkeiten und Entscheidungskompetenzen sowie Budgets).
    6. Kritische Prämissen: Dokumentation der getroffenen Annahmen für die Marktentwicklung, bei deren Nichteintreten die Strategie überarbeitet oder beendet werden müsste. Weitere relevante Kriterien für den Fortführungsentscheid können sein: Gesetzliche Änderungen, politische Verschiebungen, neue konkurrenzierende Produkte oder Anwendungen.
Strategie und funktionale Konzeptee
Strategie und funktionale Konzeptee

Funktionale Konzepte

Zur Ermöglichung der Strategieumsetzung sind meistens unternehmensintern Erfolgspotenziale neu auf- oder auszubauen. Diese Erfolgspotenziale werden in den Funktionsbereichen, zunehmend auch bereichsübergreifend, geplant und realisiert. Die Erfolgspotenziale bilden die Ausgangslage für die Festlegung der funktionalen Konzepte.

Funktionale Konzepte sind folglich mittelfristige Ziele und Pläne der Funktionsbereiche für die Schaffung der zum strategischen Erfolg notwendigen Potenziale. Sie werden beispielsweise für die Beschaffung, das Personal, die Produktion, die Forschung und Entwicklung, die Information Technology (IT) oder die Finanzierung definiert. Sie schaffen die internen Voraussetzungen dafür, dass die Strategien überhaupt realisiert werden können

Dazu werden bereichsweise Pläne und Projekte mit ihren zu erreichenden Resultaten, Meilensteinen, Investitionsbudgets und Kostenplänen erstellt und in der Mittelfristplanung dokumentiert. Bereichsübergreifende Abstimmung ist dabei erfolgsbestimmend, weil viele Ergebnisse nur durch Zusammenarbeit zu erzielen sind. Beispiele:  Führungskräftenachwuchs aufbauen, Entwicklung neuer Anwendungen, zentralisierte Stammdatenpflege, integrierte Planungs- und Steuerungssysteme.

Funktionale Konzepte gehören zur Mittelfristplanung, weil der Aufbau von Erfolgspotenzialen und integrierten Prozessen oft sehr komplex ist und oft mehrere Jahre bis zur fertigen Umsetzung vergehen.

Unternehmenspolitik und Vision

Mission. Werte und Vision sind zentrale Inhaltliche Elemente einer Unternehmenspolitik.

Freude am Fahren

Das ist die weitherum bekannte Vision von BMW. Sie gilt schon seit 1973 und wird auch für die Modelle mit elektrischem Antrieb angewendet (vgl. https://www.bmw.com/de/freude.html). Diese Vision ist Teil des Selbstverständnisses von BMW.

Zweck, Visionen, Werte und allgemeingültige Verhaltensregeln gehören zur Planungsstufe Unternehmenspolitik. Unternehmenspolitik (englisch = mission) soll beschreiben, wer das Unternehmen ist und/oder werden will.

Weil Unternehmenspolitik als Sammelbegriff für die Selbstidentifikation einer Organisation und für die Beschreibung ihrer angestrebten zukünftigen Position verwendet wird, werden Begriffe wie Vision, Mission, Strategie, Verhaltensregeln und Governance oft nicht klar auseinandergehalten und auch nicht von Strategie und Operation abgegrenzt. Dies wiederum führt dazu, dass die Bedeutung solcher Aussagen unternehmensintern zu wenig erkannt wird.

Unternehmenspolitik: Mission, Werte und Vision

Zur klaren Zuordnung der verschiedenen Teilinhalte einer Unternehmenspolitik verwenden wir die Struktur aus dem St. Galler Management-Modell (S. 31 ff.):

Vision:  
Grundlegende Aussage wofür das Unternehmen bekannt sein will und welche Position es insgesamt in seinem Ausdehnungsbereich erreichen will.
Leitbild:
Kurze Beschreibung der übergeordneten Werte, Regeln und Entwicklungslinien. Sie gelten vor allem für alle eigenen Mitarbeitenden.
Führungskonzepte:
Sie halten die einzuhaltenden Eckwerte und die zu erreichenden Positionen der zukünftigen Entwicklungen fest. Entsprechend der Gliederung in Teilumwelten (natürliche, soziale, ökonomische und technologische Umwelt, vgl. den Beitrag Management Control erfordert Umweltbezug, sind ein Technologie- und marktbezogenes, ein ökonomisches und ein soziales Führungskonzept zu beschreiben. Diese drei Führungskonzepte sollen auch vorgeben, durch welche sozialen, technologischen und ökonomischen Entwicklungen die Organisation Beiträge zum Schutz der natürlichen Umwelt leisten wird.

Robert Simons hält in seinem Buch Levers of Control, S. 33ff. fest, dass jede Organisation zweckorientiert ist und dass es zur Zweckerfüllung einer Unternehmenspolitik bedarf. Diese soll die zentralen Werte (core values und beliefs) sowie die allgemeinen Grenzen (boundaries, risks to avoid) enthalten. Vision, Leitbild und die drei Führungskonzepte bilden damit die oberste Dokumentation zur Steuerung des Verhaltens der Führungskräfte, zur Ableitung von Strategien und zur operativen Umsetzung (Zweckerfüllung).

 «Wacker Chemie AG ist Technologieführer der chemischen Industrie und produziert für alle globalen Schlüsselindustrien und ist in den Bereichen Silicone, Polymere, Life Sciences und Polysilicium tätig https://www.wacker.com/cms/de-de/about-wacker/wacker-at-a-glance/corporate-strategy-and-policy-guidelines/overview.html ».

Mit dieser Definition beschreibt das Unternehmen, für welche Produktbereiche es steht und in welchen Branchen es seine Kunden gewinnen will.

Es lohnt sich, die unternehmenspolitischen Grundsätze dieses Konzerns mit ca. 5 Mrd. EUR Umsatz im WEB zu studieren. Ihre Verhaltensgrundsätze (Codes of Conduct) können von dort als PDF-Datei heruntergeladen werden: https://www.wacker.com/cms/de-de/about-wacker/wacker-at-a-glance/corporate-strategy-and-policy-guidelines/ethical-principles.html .

Strategie und Strategische Geschäftsfelder

Strategien gehören unseres Erachtens nicht zur Unternehmenspolitik. Denn sie definieren, mit welchen Produkten oder Services in welchen Märkten welche Positionen zu erreichen sind. Ein Unternehmen kann mit verschiedenen Produkt(-gruppen) in verschiedenen Märkten zu Gange sein was zur Folge hat, dass dort auch verschiedene Strategien verfolgt werden können. Dies zu strukturieren erfordert die Definition strategischer Geschäftsfelder SGF. Jedes SGF kann eine eigenständige Strategie verfolgen, muss sich aber an die unternehmenspolitischen Vorgaben halten. Mission, Werte und Vision gelten für das gesamte Unternehmen, sind also übergeordnet.