BCG-Matrix

Datenbedarf zur Erstellung eines BCG-Portfolios und seine Aufbereitung

BCG-Matrix

Bruce Henderson und die Boston Consulting Group haben 1970 die BCG-Matrix entwickelt. Sie soll die strategische Planung und Steuerung von Unternehmen mit verschiedenen Produkten oder Geschäftsbereichen so wie unterschiedlichen Marktgebieten unterstützen. In den weitherum bekannten vier Feldern

    • Question Marks (Fragezeichen ?)
    • Stars (Produkte mit hohem Marktanteil in wachsenden Märkten)
    • Cash Cows (Melkkühe)
    • Poor Dogs (Auslaufprodukte)

werden alle Produkt- oder Servicebereiche eines Unternehmens eingetragen, sodass das Produkt-/Markt-Portfolio erkennbar wird.

Zur Feststellung des zutreffenden Feldes im Portfolio sind Informationen über den bisherigen Verlauf des Produktlebenszyklus (Umsatz, Cashflow, Gewinn und Wachstumsraten) der eigenen Produkt- oder Marktbereiche erforderlich, sowie die Wachstumsraten des beobachteten Marktes. Durch Gegenüberstellung des eigenen Umsatzes zu den gesamten Verkäufen im beobachteten Markt kann der eigene relative Marktanteil geschätzt werden.

In nachstehender Tabelle sind die absoluten und relativen Umsatzanteile der Marktteilnehmer in einem Produktbereich aufgeführt. Die Daten aus der Spalte „Wir“ stammen aus der eigenen Fakturierung, diejenigen der Hauptkonkurrenten A und B sowie der übrigen Anbieter (Rest) aus öffentlich zugänglichen Informationen oder Schätzungen.

Relative und absolute Marktanteile
Relative und absolute Marktanteile

Im Vergleich zum grössten Anbieter hat „Wir“ einen relativen Marktanteil (Durchschnitt von 3 Jahren) von 80% (14‘800 /18‘400) und im Vergleich zum Gesamtmarkt einen absoluten Marktanteil von 29% (14‘800 / 50‘600).

Der Gesamtmarkt wächst sehr stark. In 3 Jahren sind die Umsätze von 12‘400 auf 50‘600 gestiegen, also um 308%. Die eigene Wachstumsrate ist mit rund 640% noch höher.

In der BCG-Matrix werden die relativen Marktanteile auf der X-Achse abgebildet und das Wachstum des Gesamtmarktes auf der Y-Achse. Die Grösse der Bubbles repräsentiert das Umsatzvolumen der einzelnen Anbieter. Dadurch können die Positionen der einzelnen Anbieter zum Umsatzleader und zu den Konkurrenten in Relation gesetzt werden. Die X- und die Y-Achse wurden aus Darstellungsgründen an die Minimal- und Maximalwerte angepasst. Konkurrent A ist (noch) der Umsatzleader. Die Umsätze der anderen Anbieter werden auf der X-Achse in Relation zum Marktleader positioniert:

    • Konkurrent A erhält die Cash-Cow-Position, weil sein Umsatzwachstum niedriger ausfällt (247%) als dasjenige des Gesamtmarkts (308%), er aber immer noch den grössten Marktanteil hat.
    • „Wir“ hat in der Umsatzentwicklung massiv aufgeholt, ist jedoch noch in der „Rising Star“-Position. Die Umsätze sind nahezu so gross wie diejenigen von Konkurrent A. Grund dafür ist das starke Umsatzwachstum der letzten drei Jahre.
    • Bei Konkurrent B wächst in der Drei-Jahresbetrachtung der Umsatz langsamer als bei den anderen Marktteilnehmern. Deshalb rutscht seine Marktposition in den „Arme Hunde-Bereich“ ab.
    • Die in der Gruppe „Rest“ zusammengefassten Anbieter wuchsen bisher langsamer als Konkurrent A und „Wir“. Sie scheinen es nicht zu schaffen, den potenziellen Kunden ein bedürfnisgerechtes Angebot zu unterbreiten. Ihre Position hat sich im Vergleich zu Konkurrent A und „Wir“ nicht verbessert. Weil die Gruppe Rest in der Umsatzentwicklung hinten nachhinkt, rutscht sie in den Bereich „Poor dogs“.
BCG-Matrix
BCG-Matrix

Da sich Konkurrent A schon in der Cash-Cow-Position befindet, muss er versuchen, die Umsätze möglichst lange zu erhalten, die Fixkosten des eigenen Bereichs zu senken oder mindestens zu halten und die proportionalen Stückkosten zu senken. So entstehen für das Unternehmen höhere Geldrückflüsse, die zum Aufbau neuer Erfolgspotenziale eingesetzt werden können.

Solange die Umsätze von „Wir“ schneller wachsen als diejenigen der Konkurrenten, bleibt das Geschäftsfeld ein Rising Star und sollte dafür sorgen, dass die absoluten Deckungsbeiträge wachsen. Diese können für den Ausbau der eigenen Marktposition oder zur Finanzierung neuer „Question Marks“ eingesetzt werden.

Die durch diese Entwicklung freiwerdenden Barmittel können bei „Wir“ für Investitionen in Fragezeichen und für die Finanzierung des Wachstums der Stars verwendet werden.

Funktionendiagramm

Ein Funktionendiagramm ist eine tabellarische Darstellung der zu erfüllenden Aufgaben und der dabei geltenden Kompetenzen. Der Einsatzbereich dieses Instruments wird oft unterschätzt.

Funktionendiagramm

In seiner herkömmlichen Form stellt das Funktionendiagramm eine Aufgabengruppe einer Organisation (Zeilen) den Beiträgen gegenüber, welche die beteiligten Personen oder Bereiche zur Erfüllung dieser Aufgaben erbringen sollen (Spalten). In die Felder dieser zweidimensionalen Darstellung wird der zu leistende Beitrag mit einem Buchstaben bezeichnet. Mit den Buchstaben «PEAKI» können die Beiträge einzelner Personen oder Abteilungen eingetragen werden:

P             planen

E             entscheiden (Planumsetzung und die Qualität des Resultats)

A             ausführen

K             kontrollieren (welches Resultat ist entstanden?)

I              informieren (wer erhält Nachricht über das Erreichte?)

Ein Funktionendiagramm ersetzt viel Text, der üblicherweise in Stellenbeschreibungen erfasst und gepflegt werden muss. Dadurch wird einerseits Erfassungs- und Pflegeaufwand in der Personaladministration gespart, andererseits ist pro Aufgabe in einer Zeile erkennbar, wer dazu welchen Beitrag leistet.

Funktionendiagramm
Funktionendiagramm

Die tabellarische Darstellung kann in vielfältiger Weise erweitert werden. Auch Beiträge externer Unternehmen und ihrer Mitarbeitenden lassen sich aufführen (Spalten D und E), sowie Termine und Kurzbeschreibungen der Aufgaben anhängen. Ebenso lassen sich die vorzusehenden Arbeitszeitverbräuche pro einzelne Aufgabe eintragen.

Auch der strategische Planungsprozess kann mit dem Funktionendiagramm unterstützt werden. Die für die Strategiefindung und noch viel mehr für die Strategieumsetzung notwendigen Zwischenresultate lassen sich beschreiben, den einzelnen am Prozess beteiligten Personen und Bereichen zuweisen und näher ausführen, sowie die erreichten (Zwischen-)Resultate dokumentieren. In Zusatzspalten können Plan- und Isttermine pro Aufgabe erfasst werden, sinnvollerweise auch die dafür verbrauchten Arbeitszeiten (Plan- und Isttermine).

Planung und Steuerung Interner Aufgaben

Für verkaufs- oder lagerfähige Produkte und Dienstleistungen sind die geplanten und die wirklich verbrauchten Arbeitszeiten, da sie mit der Kosten- / Leistungsrechnung zu verbinden sind, üblicherweise in den Arbeitsplänen im ERP-System hinterlegt. Dort wird auch beschrieben, wie der Herstellungsprozess abzuwickeln ist.

Für die Internen Aufgaben besteht dieser leistungsbezogene Zusammenhang jedoch nicht, da keine direkte Ursache- /Wirkungsbeziehung zwischen hergestellten oder verkauften Mengen und Zeitverbräuchen für Aufgaben wie Abteilungsleitung oder für die Abwicklung eines Bestellprozesses bestehen.

Es bietet sich deshalb an, das Funktionendiagramm zu einer veritablen Datenbank auszubauen, welche von allen Mitarbeitenden und ihren Chefs für die Planung und Steuerung ihrer Arbeiten verwendet werden kann. Aus Managementsicht sollte eine entsprechende Applikation folgende Daten erfassen und auswerten können:

    • Interne Aufgaben (Katalog)
    • Teilaufgaben einer internen Aufgabe
    • Planbedarf in Stunden p.a. pro Interne Aufgabe
    • Kostenstellen (wo wird gearbeitet, Funktionsbereichszuordnung)
    • Beitragsarten (PEAKI) der an einer Internen Aufgabe Beteiligten
    • Zeitbedarf Plan (durch KOS-Leiter oder Mitarbeitende erfasst)
    • Mitarbeitende (wer ist im Einsatz, geschätzte Personalkosten?
    • Geleistete Arbeiten mit Zeitangabe und Datum (persönliche Arbeitserfassung)
    • Plan- Ist-Vergleich des Arbeitseinsatzes
    • Leistungsempfänger (Kunde, Kostenstelle, Projekt)

Damit diese Daten für die Planung und Steuerung einsetzbar sind, sind verschiedene Dateien, welche in vielen Unternehmen schon geführt werden, durch ein Datenmodell und eine entsprechende Applikation zu verbinden.

Durch den Vergleich von Plan- und Ist-Zeitverbräuchen kann die Planung für die nächsten Jahre verbessert werden und es lassen sich durch Rückgriff auf die Daten der Lohnadministration auch Kosten der einzelnen Aufgaben berechnen.

Die Spalten können bis auf die Ebene der einzelnen mitarbeitenden Person erweitert werden. In weiteren Spalten können Termine pro Aufgabe erfasst und die Kosten dieser Aufgaben quantifiziert werden.

Obwohl in einem grossen Teil der Unternehmen die Wahrnehmung der Internen Aufgaben schon mehr als 50% der gesamten Personalkosten verschlingt, wird dieser Kostenblock nach unserer Erfahrung bisher nur selten resultatbezogen geplant und gesteuert. Funktionendiagramme für die Internen Aufgaben können helfen, dass die Kosten der Internen Aufgaben unterproportional zur Entwicklung von Umsätzen und Deckungsbeiträgen wachsen. Dies erhöht die Konkurrenzfähigkeit.

Hauptelemente der BSC

Strategien und ihre messbare Umsetzung sind die Hauptelemente der BSC

Hauptelemente der BSC

Die vier Perspektiven und die Operationalisierung von Strategien sind die Hauptelemente der BSC. Die Balanced Scorecard soll helfen,

den Erfolg der operativen Strategieumsetzung zu beurteilen.

Ob und wie erfolgreich die Umsetzung gelungen ist, kann mittels Rentabilitätskennzahlen wie dem Gewinn vor Steuern und vor Zinsen oder unter Berücksichtigung des zur Gewinnerzielung investierten Vermögens  mit dem Return on Investment ROI gemessen werden. Diese Kennzahlen sind jedoch nur die Spitze des Eisbergs. Die Treiber, die zu ihrer Erreichung führ(t)en, sind in der Planung und in der Umsetzung in der gesamten Organisation zu suchen.

In ihren frühen Publikationen gingen Kaplan und Norton davon aus, dass die strategischen Pläne schon bestehen und dass Kenngrössen zu finden sind, mittels welcher deren Umsetzungserfolg gemessen und beurteilt werden kann. Später, z.B. im Buch «The Strategy Focused Organization (2001, Harvard Business School Publishing Corporation)”, konzentrierten sie sich darauf, wie strategische Pläne zu entwickeln und in operative Ziele zu überführen sind.

Vier Entwicklungsperspektiven

Aus der Erkenntnis, dass Gewinne die Folgen von Vorleistungen sind, legten sie vier Entwicklungsperspektiven einer Balanced Scorecard fest:

    • Finanzen: Was erwarten unsere Eigner bezüglich Verzinsung ihrer eingesetzten Gelder?
    • Kunden: Wie erfüllen wir die Anforderungen unserer Kunden und sind dabei finanziell erfolgreich?
    • Prozesse: Wie sind unsere internen Prozesse zu gestalten und umzusetzen, um die Kundenbedürfnisse zu erfüllen?
    • Potenziale: Welche Fähigkeiten, Fertigkeiten, Wissen und Engagement müssen unsere Mitarbeitenden mitbringen und anwenden können, um die Prozesse bewältigen zu können und welche Anlagen und Einrichtungen sind dazu notwendig?

Die Erläuterungen zu den vier Perspektiven haben wir aus verschiedenen Publikationen abgeleitet. Es kann sein, dass in einzelnen Organisationen weitere Perspektiven bedeutsam sind, doch empfiehlt es sich, nicht mehr als sechs Perspektiven zu bestimmen, damit die Konzentration auf das Wesentliche erleichtert wird.

Strategien als Vorgaben und die Messbarkeit der Resultate

Kaplan und Norton fordern, dass die Balanced Scorecards auf die für Umsetzung verantwortlichen Führungskräfte und Bereiche heruntergebrochen und in Form von zu erreichenden Resultaten festgehalten werden. Das ist einerseits für die Entscheidung des Personen- und Mitteleinsatzes notwendig, andererseits um Messgrössen für die Zielerreichung der einzelnen Bereiche festlegen zu können (vgl. Kaplan/Norton, the Stratey-Focused Organization, S. 360f.). Das bedeutet, dass sowohl strategische Pläne als auch die aus ihnen abgeleiteten operativen Pläne erst dann als vereinbarte Ziele gelten können, wenn auch festgehalten wird, wie die Zielerreichung in den einzelnen Führungsbereichen gemessen werden kann. Diese Forderung stimmt mit den im Beitrag «Masterplan für integrierte Planung und Steuerung» formulierten Regeln zur Vereinbarung persönlicher Jahresziele überein. Anders formuliert kann die BSC ihre Wirkung nur dann entfalten, wenn alle Mitarbeitenden wissen, welche Resultate sie erreichen sollen und wie ihre Chefs diese messen werden. Absichtserklärungen oder Tätigkeitsbeschreibungen sind nicht ausreichend (vgl. Führung durch Zielvereinbarung im Beitrag OKR: Ideen sind einfach, Umsetzung ist alles»).

Mess- und überprüfbar formulierte Strategien bilden folglich eine zentrale Voraussetzung für die Ableitung von Balanced Scorecards. Oft werden die Strategiefindung als kreativer Prozess und die strategische Planung und Steuerung nicht klar auseinandergehalten. Strategiefindung basiert auf Ideen, Annahmen und Einschätzungen. Ist eine Strategie beschlossen, muss sie jedoch mit messbaren Zielen konkretisiert und überprüfbar formuliert werden. Ist der Plan nicht mit messbaren Grössen dokumentiert, ist einerseits unklar, welche Resultate zu messen sind und andererseits wie die erreichten Resultate zu beurteilen sind.

Liquidität

Eine liquide Organisation kann jederzeit alle fälligen Zahlungen leisten. Liquidität sicherzustellen, ist vor allem eine Planungsaufgabe. Im Management-Control-System ist die notwendige Datenbasis zu schaffen.

Liquidität

Liquidität ist für jede Organisation und jederzeit überlebensnotwendig. Deshalb ist Liquidität einer der 5 Top-Controls (vgl. AMPEL im Management).

Eine Organisation ist liquide, wenn sie jederzeit in der Lage ist, sämtliche zwingend fälligen Zahlungen termingerecht zu leisten. Schafft sie das nicht, muss sie nach Gesetz ihre Zahlungsunfähigkeit anmelden, was zum Konkursverfahren und als Folge in den meisten Fällen zur Auflösung der Organisation führt.

Liquidität = Jederzeitige Zahlungsfähigkeit

Die jederzeitige Zahlungsfähigkeit muss folglich kurzfristig (Tag, Monat, Jahr) sowie über mehrere Jahre und unter Berücksichtigung strategischer Entwicklungen sichergestellt werden.

Banken und ähnliche Institutionen können wegen der grossen Zahlungsein- und -ausgänge mehr oder weniger täglich zahlungsunfähig werden, weil grosse Zahlungsausgänge einen oder mehrere Tage vor dem (Rück-)Eingang abgelaufener Ausleihungen eintreten können. In Banken ist somit eine täglich nachgeführte Zahlungsbereitschaftsplanung unumgänglich. In den meisten anderen Unternehmen ist eine monatliche Planung der Geldflüsse ausreichend.

Insolvenzursachen

Die Tragweite ungenügender Planung, Beobachtung und Steuerung der eigenen Liquiditätssituation im betriebswirtschaftlichen Zusammenhang lässt sich aus den alljährlichen Analysen des österreichischen Kreditschutzvereins KSV 1870,  erkennen. Der KSV analysiert als Gläubigerschutzverband alljährlich die Insolvenzen in Österreich (rund 3’000) und klassiert sie nach Ursachen. Die Analyse für das Jahr 2019 hat folgende Reihenfolge der Insolvenzursachen ergeben:

    • 42,6% sind Folgen operativer Mängel (Absatzschwächen, Finanzierung und Liquidität, Planungs- und Controllingschwächen)
    • Rund 21% sind Folgen von Gründungsfehlern (u.a. fehlendes Branchen-Know-How, Unerfahrenheit, ungenügende betriebswirtschaftliche Ausbildung, zu wenig Gründungskapital)
    • Rund 10% sind auf Vernachlässigung der eigentlichen Geschäftsführung zurückzuführen.

Nach den Erkenntnissen des KSV ist typischerweise der Chef für die Insolvenz verantwortlich und nicht die Konkurrenz oder die Umwelt. Dieses Resultat gilt für Jungunternehmen (bis 5 Jahre) wie für länger bestehende Organisationen. Die statistisch belegten Erkenntnisse weisen darauf hin, dass die regelmässige systembasierte Planung und Verfolgung der Liquidität nicht vernachlässigt werden darf und dass die Auswirkungen der kurz- und mittelfristigen Mengen- und Leistungsplanung auf die Geldflüsse abzubilden sind, damit richtige und fundierte Entscheidungen getroffen werden können. Schon im Rahmen der strategischen Planung ist zu klären, ob die durch einen strategischen Plan ausgelösten Zahlungsausgänge rechtzeitig durch genügende Zahlungseingänge gedeckt sein werden.

Zahlungsbereitschaftsplan

Aus nachstehendem Beispiel ist nachzuvollziehen, wie und basierend auf welchen Grundlagendaten eine monatlich fortgeschriebene Zahlungsbereitschaftsplanung erstellt werden kann. Ausgangsdaten sind einerseits die sofort verfügbaren Zahlungsmittel, welche am Beginn des Planjahres zur Verfügung stehen werden und andererseits die Plan-Gewinn- und Verlustrechnung (Plan-GuV) des bevorstehenden Jahres. Deren Entstehung kann im Simulationsmodell zum Buch «Management-Control-System» nachvollzogen werden.

Liquidität
Liquidität und Zahlungsbereitschaftsplan

Mit dieser Systematik kann weitgehend sichergestellt werden, dass die Organisation im Planjahr zahlungsfähig bleibt. Ausnahmesituationen, vor allem als Folge von Umsatzeinbrüchen, können zwar immer noch eintreten. Das hat die Corona-Pandemie eindrücklich gezeigt.

Der planende Finanzchef muss sich deshalb überlegen, wie gross das Sicherheitspolster zur Erhaltung der jederzeitigen Zahlungsfähigkeit sein sollte. Eine bewährte Faustregel besagt, dass die gesamten Personalkosten inklusive Sozialleistungen plus der durchschnittliche Kreditorenbestand von zwei Monaten aus den sofort verfügbaren Zahlungsmitteln bezahlt werden können. Im Zahlenbeispiel ist dieses Sicherheitspolster noch nicht vorhanden. Der Finanzchef ist folglich gefordert, mit den Banken erhöhte Kreditlimiten auszuhandeln. Kann die Zahlungsbereitschaftsplanung in den Verhandlungen für die Gewährung weiterer Kredite oder für erhöhte Kreditlimiten den Banken vorgelegt werden, erhöht dies die Erfolgschancen und hilft eventuell dabei, günstigere Konditionen auszuhandeln.

Die jederzeitige Zahlungsfähigkeit ist aber auch unter Berücksichtigung strategischer Pläne im Mehrjahreshorizont zu beachten. Denn die notwendigen Zahlungsmittel sind von den Investitionen, den geldwirksamen Kosten und den Umsätzen abhängig, welche durch strategische Entscheidungen hervorgerufen werden. Die Investitionen in Erfolgspotenziale (hauptsächlich zusätzliche Projektkosten), Lagerbestände und Anlagen sind eventuell mehrere Jahre vorher zu bezahlen, bevor die zu erzielenden Umsätze zu Geldrückflüssen führen. Das erfordert genügend Mittelzufluss von den Eigentümern und meistens auch erhöhte Kreditlimiten von den Banken.

Ein Zahlungsbereitschaftsbudget auf Mehrjahresbasis ist in diesem Fall ausreichend, da ja die genauen Zahlungstermine nicht bekannt sind. Dieses zu erstellen setzt voraus, dass die erwarteten Auswirkungen der strategischen Pläne in der Mittelfristplanung abgebildet werden. Das sind Umsatzentwicklungen, (proportionale) Produktkosten, Kostenstellen- und vor allem Projektkosten sowie (Neu-)Investitionen ins Anlagevermögen und in Lagerbestände. Um belastbare Werte zu erhalten, empfiehlt es sich, den Prozess der Kostenstellen- und Projektplanung sowie der Produktkalkulation schon in der Mittelfristplanung mengen- und leistungsbezogen aufzubauen. Daraus können Plan-Gewinn-und-Verlustrechnungen und Planbilanzen abgeleitet werden, die wiederum Eingang in die mehrjährige Finanzplanung finden. Diese kann weitgehend gleich strukturiert werden wie der oben dargestellte Zahlungsbereitschaftsplan. In den Spalten stehen dann die Planjahre anstelle der Monate. Damit können bestehende und neue Aktionäre sowie die Banken erkennen, wann welche grossen Geldabflüsse zu erwarten sind und wie lange es dauert, bis die Umsätze zu entsprechenden Geldrückflüssen führen. Mit dieser Information steigen für die Unternehmensleitung die Aussichten, die vorgesehene Entwicklung auch termingerecht und zu guten Konditionen mit zusätzlichem Eigenkapital und neuen Kreditlinien finanziert zu erhalten. Da trotz Planung Unsicherheiten bestehen bleiben, sind immer Kreditlimiten mit grossen Reserven auszuhandeln.

Insgesamt ist zu erkennen, dass mengen- und leistungsbezogene Planung auch eine zentrale Voraussetzung zur Steuerung des Top Controls «Liquidität» bildet. Die Voraussetzungen dazu werden mit dem ganzheitlichen Management-Control-System geschaffen. Im Buch Management-Control-System und im Simulationsmodell wird der Aufbau des erforderlichen Systems vor allem in den Kapiteln 4 und 10 beschrieben und dargestellt.

Die wesentlichen Kennzahlen zur Beurteilung der Liquiditätssituation werden im Controller-Leitfaden in Kapitel 7.3 beschrieben.

Unternehmenspolitik und Vision

Mission. Werte und Vision sind zentrale Inhaltliche Elemente einer Unternehmenspolitik.

Freude am Fahren

Das ist die weitherum bekannte Vision von BMW. Sie gilt schon seit 1973 und wird auch für die Modelle mit elektrischem Antrieb angewendet (vgl. https://www.bmw.com/de/freude.html). Diese Vision ist Teil des Selbstverständnisses von BMW.

Zweck, Visionen, Werte und allgemeingültige Verhaltensregeln gehören zur Planungsstufe Unternehmenspolitik. Unternehmenspolitik (englisch = mission) soll beschreiben, wer das Unternehmen ist und/oder werden will.

Weil Unternehmenspolitik als Sammelbegriff für die Selbstidentifikation einer Organisation und für die Beschreibung ihrer angestrebten zukünftigen Position verwendet wird, werden Begriffe wie Vision, Mission, Strategie, Verhaltensregeln und Governance oft nicht klar auseinandergehalten und auch nicht von Strategie und Operation abgegrenzt. Dies wiederum führt dazu, dass die Bedeutung solcher Aussagen unternehmensintern zu wenig erkannt wird.

Unternehmenspolitik: Mission, Werte und Vision

Zur klaren Zuordnung der verschiedenen Teilinhalte einer Unternehmenspolitik verwenden wir die Struktur aus dem St. Galler Management-Modell (S. 31 ff.):

Vision:  
Grundlegende Aussage wofür das Unternehmen bekannt sein will und welche Position es insgesamt in seinem Ausdehnungsbereich erreichen will.
Leitbild:
Kurze Beschreibung der übergeordneten Werte, Regeln und Entwicklungslinien. Sie gelten vor allem für alle eigenen Mitarbeitenden.
Führungskonzepte:
Sie halten die einzuhaltenden Eckwerte und die zu erreichenden Positionen der zukünftigen Entwicklungen fest. Entsprechend der Gliederung in Teilumwelten (natürliche, soziale, ökonomische und technologische Umwelt, vgl. den Beitrag Management Control erfordert Umweltbezug, sind ein Technologie- und marktbezogenes, ein ökonomisches und ein soziales Führungskonzept zu beschreiben. Diese drei Führungskonzepte sollen auch vorgeben, durch welche sozialen, technologischen und ökonomischen Entwicklungen die Organisation Beiträge zum Schutz der natürlichen Umwelt leisten wird.

Robert Simons hält in seinem Buch Levers of Control, S. 33ff. fest, dass jede Organisation zweckorientiert ist und dass es zur Zweckerfüllung einer Unternehmenspolitik bedarf. Diese soll die zentralen Werte (core values und beliefs) sowie die allgemeinen Grenzen (boundaries, risks to avoid) enthalten. Vision, Leitbild und die drei Führungskonzepte bilden damit die oberste Dokumentation zur Steuerung des Verhaltens der Führungskräfte, zur Ableitung von Strategien und zur operativen Umsetzung (Zweckerfüllung).

 «Wacker Chemie AG ist Technologieführer der chemischen Industrie und produziert für alle globalen Schlüsselindustrien und ist in den Bereichen Silicone, Polymere, Life Sciences und Polysilicium tätig https://www.wacker.com/cms/de-de/about-wacker/wacker-at-a-glance/corporate-strategy-and-policy-guidelines/overview.html ».

Mit dieser Definition beschreibt das Unternehmen, für welche Produktbereiche es steht und in welchen Branchen es seine Kunden gewinnen will.

Es lohnt sich, die unternehmenspolitischen Grundsätze dieses Konzerns mit ca. 5 Mrd. EUR Umsatz im WEB zu studieren. Ihre Verhaltensgrundsätze (Codes of Conduct) können von dort als PDF-Datei heruntergeladen werden: https://www.wacker.com/cms/de-de/about-wacker/wacker-at-a-glance/corporate-strategy-and-policy-guidelines/ethical-principles.html .

Strategie und Strategische Geschäftsfelder

Strategien gehören unseres Erachtens nicht zur Unternehmenspolitik. Denn sie definieren, mit welchen Produkten oder Services in welchen Märkten welche Positionen zu erreichen sind. Ein Unternehmen kann mit verschiedenen Produkt(-gruppen) in verschiedenen Märkten zu Gange sein was zur Folge hat, dass dort auch verschiedene Strategien verfolgt werden können. Dies zu strukturieren erfordert die Definition strategischer Geschäftsfelder SGF. Jedes SGF kann eine eigenständige Strategie verfolgen, muss sich aber an die unternehmenspolitischen Vorgaben halten. Mission, Werte und Vision gelten für das gesamte Unternehmen, sind also übergeordnet.

Planungsstufen

Was ist zu erreichen, was ist zu tun, wie bei Störungen reagieren? Jede Planungsstufe beantwortet unterschiedliche Fragen.

Planungsstufen

In jedem Unternehmen gilt es vor der eigentlichen Umsetzung vier Planungsstufen (oder Führungsstufen) zu unterscheiden, weil in jeder von ihnen unterschiedliche Fragen zu beantworten sind.

Planungsstufen
Planungsstufen sollen W-Fragen beantworten

Unternehmenspolitik

In der Unternehmenspolitik wird festgelegt, wer die Organisation in Zukunft werden und wodurch sie sich auszeichnen soll. Zuoberst stehen der Zweck, für welchen das Unternehmen betrieben wird und das Leitbild.

Daraus ist – in Entsprechung zu den Unternehmensumwelten – abzuleiten, welche Märkte mit welchen Produkten und Dienstleistungen bedient werden sollen, welche Technologien für die Realisierung massgeblich erscheinen, in welchen Preissegmenten man anbieten will (technologisches Konzept).

Im sozialen Konzept werden die Leitlinien zu Themen wie Führungsmethodik, Förderung der Mitarbeitenden, Verhalten gegenüber Staat, Verbänden und Konkurrenten festgehalten.

Themen des finanzwirtschaftlichen Konzepts sind zu erreichende Renditen, Finanzierungsstruktur, Verwendung der Ergebnisse, Aufrechterhaltung der Liquidität.

Strategische Planung

Die Strategische Planung definiert, mit welchen Produkten/Dienstleistungen welche Positionen in welchen Märkten erreicht werden sollen und welche Erfolgspotenziale dazu innerbetrieblich aufzubauen sind.

Operative Planung

Im operativen Bereich werden die zu erreichenden Resultate inhaltlich und terminlich festgehalten Es geht somit um die Frage, wie und per wann die angestrebten Marktpositionen erreicht werden sollen. Dabei sind Zeithorizonte zu unterscheiden:

Mittelfristplanung

In der Mittelfristplanung (üblicherweise 2 – 5 Jahre) steht der Auf- und Ausbau der Erfolgspotenziale im Vordergrund, welche zur Strategierealisierung erforderlich sind. Die Planungsinhalte werden oft nach Funktionsbereichen gegliedert, weil die Potenziale dort aufzubauen sind (Personal, Marktbearbeitung, Lieferanten, Anlagen, IT, Finanzierung). Zur Dokumentation dieser Pläne empfiehlt es sich, funktionale Konzepte zu definieren. So kann verfolgt werden, ob die Potenzialentwicklung sach- und termingerecht fortschreitet.

Jahresplanung

In der Jahresplanung werden aus den Strategien und aus den funktionalen Konzepten die im Planjahr zu erreichenden Resultate (Ziele) abgeleitet und in die Teilbudgets überführt. Dadurch wird für alle beteiligten Personen erkennbar, welche Beiträge sie erbringen sollen, damit die Organisation als Ganzes ihre Ziele erreicht. Schliesslich sind die inhaltlichen Pläne und Ziele auch wertmässig abzubilden, damit erkennbar wird, ob die Planung auch finanziell zielführend ist. Diese Abbildung erfolgt in der Kosten-, Leistungs-, Erlös- und Ergebnisrechnung (Management Accounting).

Dispositive oder taktische Planung und Steuerung

Weil Kunden Artikel in anderen Mengen und zu anderen Zeiten bestellen als geplant, weil unverhofft Anlagenstillstände eintreten, Mitarbeitende ausfallen oder Projekte verspätet sind, ist auch eine unterjährige, dispositive Planung und Steuerung erforderlich (auch Taktik genannt) . Der Hauptteil der zur Disposition erforderlichen Daten wird in den ERP-Systemen (Enterprise Resource Planning Systems) geführt. Der Vergleich der Ist-Daten mit der Planung unterstützt Mitarbeiter und Führungskräfte dabei, ihre Jahresziele zu erfüllen.