Engpass bei Dienstleistern

Dienstleister haben auch proportionale und fixe Kosten.

Engpass bei Dienstleistern

In Dienstleistungsunternehmen sind Materialverbräuche und maschinelle Kapazitäten selten die massgeblichen Engpässe. Meistens schränken die für auftragsbezogene Arbeiten verfügbaren Arbeitsstunden die Erzielung eines marktgerechten Gewinns ein.

Kosten- und Leistungsplanung für eine ERP-Einführung

Ein kleines IT-Unternehmen führt für seine Kunden ERP-Systeme ein und programmiert bei Bedarf auch Softwareerweiterungen. Die Kunden werden jeweils durch einen Projektleiter betreut. Die Entwickler leisten die Einführungsarbeit und erstellen bei Bedarf auch Programmanpassungen.

Für das Planjahr sind die Personalkosten des Projektleiters und der vier Entwickler die folgenden:

Engpass bei Dienstleistern
Kostenstellenplanung im IT-Unternehmen

Die Sachkosten werden zur Vereinfachung nicht gezeigt.

Werden die für interne Aufgaben vorgesehenen Stunden (Kostenstellenleitung, Verkaufsunterstützung, Weiterbildung und interne Administration) abgezogen, verbleiben 1’000 Stunden während denen der Projektleiter an erteilten Kundenaufträgen arbeiten kann. Für die Entwicklung sind es 5’600 Stunden.

Gemäss Projektplanung sind im Planjahr für 2 Projekte folgende Stundenverbräuche vorgesehen:

Stundeneinsatz für ERP
Stundeneinsatz für 2 ERP-Projekte

Die auftragsbezogenen Stunden können für beide Projekte geleistet werden.

Plan-DB-Rechnung

Der Lieferant der Standard-ERP-Software gewährt dem einführenden IT-Unternehmen eine Provision von 15% der an die Endkunden fakturierten Lizenzumsätze. In den Verträgen mit den beiden Endkunden sind die vereinbarten Projektleiterstunden mit 250.00 pro Stunde und die Entwicklerstunden mit 175.00 pro Stunde enthalten. Das ergibt pro Projekt die Auftragssumme ohne Lizenzerträge (Zeile 2). In Zeile 3 finden sich die Nettoerlöse pro Projekt.

Die geplanten proportionalen Herstellkosten pro Auftrag wurden durch Multiplikation der proportionalen Planstundensätze der Kostenstellen mit den geplanten Stundenverbrauch berechnet (Zeile 4). Es ergibt sich pro Projekt der zu erzielende DB I.

ERP Projektplanung
ERP Projektplanung

Um sicherzustellen, dass Projekt B termingerecht, d.h. per Ende des Planjahres, vollständig einsatzbereit ist, hat der Auftraggeber darauf bestanden, dass bei verspäteter Fertigstellung pro Monat eine Konventionalstrafe von 2% der Auftragssumme (Zeile 2) von der vereinbarten Auftragssumme abzuziehen ist.

Personeller Engpass

Am 30.6. des Jahres kündigt einer der Entwickler seinen Arbeitsvertrag per 30.9., weil er sich weiterbilden will.

Dadurch fehlen im vierten Quartal 400 Entwicklerstunden. Beide Projekte sollten per Jahresende fertiggestellt sein. Die Suche nach einem neuen Entwickler war bisher erfolglos.

Der Projektleiter bespricht sich mit der Verkaufsleitung. Es werden zwei Lösungswege skizziert:

    • Projekt B erst per Ende Januar des Folgejahres fertigstellen. Das würde die Konventionalstrafe von 15’600 auslösen.
    • Den Auftraggeber von Projekt A überzeugen, dass sein Projekt erst Ende Januar des Folgejahres fertiggestellt wird. Für diese Verzögerung würde er einen nachträglichen Rabatt von 25’000 erhalten.

Rein rechnerisch spricht die Differenz von 9’400 dafür, das Projekt A termingerecht per Jahresende fertigzustellen und die Konventionalstrafe für Projekt B zu bezahlen. Würde hingegen das Projekt B wegen weiterer Verzögerungen erst Ende Februar oder noch später fertig, wären jeden Monat weitere 15’600 Konventionalstrafe zu bezahlen. Dadurch würde sich der einmalige Rabatt für das Projekt A weniger auf das Ergebnis auswirken.

Im realen Fall wären weitere, in dieser Beispielrechnung nicht beachtete Faktoren zu berücksichtigen, z.B. Auswirkungen auf Kundenzufriedenheit, Termintreue, Folgeaufträge und den Ruf des IT-Unternehmens.

Kostenspaltung auch in Dienstleistungsunternehmen

Das Beispiel zeigt, dass auch bei der Planung und Steuerung von Dienstleistungsunternehmen die Spaltung der Kostenstellenkosten in ihren proportionalen und fixen Teil entscheidungsrelevant ist.  Denn nur so lässt sich auseinanderhalten, welche Kostenanteile durch die erbrachten Dienstleistungseinheiten entstanden und welches die fixen periodenabhängigen Leistungsbereitschaftskosten sind.

Proportionale Kosten mit Lean Production senken

Praxisbeispiel zur Senkung der proportionalen Standard-Herstellkosten durch Prozesszeitenverbesserung

Proportionale Kosten mit Lean Production senken

Das Beispielunternehmen stellt Bremsventile zum präzisen Bewegen und Halten schwerer Lasten her. Diese Ventile, von welchen es ca. 3’000 Typen gibt, werden in eigene Produkte integriert sowie auch an andere Verwender verkauft. Der Auftrag war, proportionale Kosten mit Lean Production zu senken und gleichzeitig auch kürzere Durchlaufzeiten und niedrigere Durchschnittsbestände in den Konten Ware in Arbeit und Lagerbestände zu realisieren.

Durchfluss steigern und Bearbeitungszeit kürzen

Dieses Ziel wurde hauptsächlich durch Umgestaltung des Produktionsablaufs erreicht. Alle in ein spezifisches Bremsventil zu verbauenden Einzelteile werden neu in einer Rüststrasse auf einem Objektträger bereitgestellt und via Band an den Endmontageplatz geliefert. Die manuelle Endmontage und der computergestützte Prüfprozess wurden zu einem Gesamtprozess verschmolzen (während des Prüfprozesses montiert der Spezialist das nächste Ventil und stellt das Prüfresultat fest).

Nach Ablauf der Testphase wurden folgende Resultate gemessen:

Proportionale Kosten mit Lean Production senken
Proportionale Kosten mit Lean Production senken

Resultat: Niedrigere Produktkosten, kürzere Durchlaufzeit, weniger Raumbedarf, höhere Produktionskapazität

Da sich am Materialeinsatz (Halbfabrikate und Zukaufteile) nichts geändert hat, sind für die Plankalkulation der Produkte nur die Vorgabezeiten in den Arbeitsplänen zu ändern. Die Projektumsetzung führt zur Reduktion der Vorgabezeit pro Stück von 4 Minuten. Unter der Annahme, dass ein Mitarbeiter in dieser Kostenstelle inklusive Sozialleistungen 85’000 pro Jahr kostet und  netto 1’700 h pro Jahr arbeitet, ergibt sich ein Stundensatz von 50.– und ein Minutensatz von 0.833. Die proportionalen Fertigungskosten pro Bremsventil sinken folglich um 3.333, werden doch 4 Minuten eingespart. Die proportionalen Standard-Herstellkosten sinken im nächsten Planjahr ebenfalls um 3.333. Diese Entwicklung erhöht die Konkurrenzfähigkeit und senkt den Wert der Ware in Arbeit sowie der Lagerbestände. Dadurch wird die Bilanzsumme kleiner und es entstehen weniger Zinskosten.

Wird die Kosten-/Leistungsrechnung in der Form der proportionalen Standardkostenrechnung aufgebaut, lässt sich der Umsetzungserfolg des Lean-Projekts monatlich direkt an den Soll-/Ist-Abweichungen ablesen. Werden die Vorgabezeiten aus dem Lean-Projekt nicht eingehalten, entstehen Arbeitszeitabweichungen. Entspricht der reale auftragsbezogene Materialverbrauch nicht den Planverbräuchen gemäss Stückliste, entstehen Materialverbrauchsabweichungen. Sinngemäss können auch Abweichungen von Rüstzeiten und -mengen oder Ausbringungsraten (Yield rate) gemessen werden.

Die wertmässige Auswirkung der Senkung der Durchlaufzeiten kann nicht eindeutig beantwortet werden, da sie vor allem vom Kundenverhalten abhängig ist. Können die Kunden durch diesen Zeitgewinn schneller beliefert werden, kann das zu Mehrverkäufen und eventuell auch zu Neukunden führen. Ob diese zusätzlichen Abschlüsse erfolgen werden, ist meistens kaum einschätzbar und sollte deshalb auch nicht in der Umsatzplanung eingerechnet werden. Auf jeden Fall steigt der Kundennutzen durch die schnellere Belieferung.

Der reduzierte Flächenbedarf hat erst dann eine finanzielle Konsequenz, wenn bei Aus- oder Umbauten geeigneter Platz zum Engpass wird und als Folge neue Räume gebaut oder zugemietet werden müssen. Eine sich dadurch ergebende Kostensteigerung wäre in der vergrösserten Kostenstelle zu planen (Anmerkung: Im entscheidungsrelevanten Management Accounting werden die Raumkosten nicht auf die Produkte verrechnet, da es Fixkosten sind, die auch weiter anfallen, wenn nicht mehr produziert wird. Vgl. auch den Beitrag „Plan, Soll und Ist von Fertigungsaufträgen“ im Blog Management Accounting).