Lean Production und Management Accounting

Zeiten, Leistungen und Mengen müssen auch zu Werten werden.

Lean Production und Management Accounting

Lean Production will Verbräuche von produktbezogenen Arbeitszeiten, Inputmaterial und extern bezogenen Services sowie die dazu erforderlichen Vermögensbestände auf das für den erfolgreichen Geschäftsverlauf notwendige Minimum reduzieren. Inwieweit dies gelingt, kann erst in der wertbezogenen Betrachtung beurteilt werden. Deshalb gehören  Lean Production und Management Accounting zusammen.

Dazu ist eine Kosten-, Leistungs-, Erlös- und Ergebnisrechnung (KLEER) erforderlich, welche Plan- und Istwerte, Abweichungen und Forecast vom einzelnen Artikel über alle Kostenstellen bis hin zum Gesamtergebnis leistungsbezogen abbilden kann.  Management Accounting hat sich als Sammelbegriff für diese Systematik eingebürgert. Im Management Accounting kann der Erfolg von Lean Management-Projekten geplant und im Ist wertmässig verfolgt werden.

Eine Finanzbuchhaltung, ev. ergänzt mit einem Betriebsabrechnungsbogen (BAB), kann diese Angaben nicht liefern, weil im Kontensystem nur Werte aber keine direkten Leistungsbezüge Platz finden.

Das Management Accounting muss als Standardkostensystem aufgebaut werden. So entsteht eine Symbiose zwischen Lean Management und wertmässiger Betrachtung, weil Mengen und Leistungen mit Geldeinheiten bewertet und damit gleichnamig gemacht werden.

Die aus Lean Production-Überlegungen entstehenden neuen Vorgaben (Vorgabemengen, Vorgabezeiten, Rüst- und Einrichtungszeiten, Ausschussraten) sind die quantitative Grundlage für die Kalkulation der proportionalen Standardkosten eines Artikels (zu erreichendes Ziel). Die durch das Lean-Projekt entstehenden Planmaterialverbräuche und -zeiten sind in verschiedenen Dateien zu hinterlegen:

Lean und Kostenrechnung
Lean und Kostenrechnung
In die gelb markierten Felder werden die sich aus dem Lean-Projekt ergebenden und direkt produktbezogenen neue Planzeiten und -mengen eingetragen:
Lean Production und Management Accounting
Lean-Ziele in Kostenplanung übernehmen

Diese leistungsbezogenen Ziele bilden im nächsten Planjahr die Grundlage für die Plankalkulation der proportionalen Plan-Herstellkosten. Die sich ergebenden Werte wirken sich dann direkt auf die Deckungsbeitrags- und auf die Planergebnisrechnung sowie auf die Wertentwicklung der Lagerbestände aus.

Werden durch das Lean-Projekt Kostenstellen-Fixkosten reduziert, ändert dies nichts an den proportionalen Produktkosten (Stückliste und Arbeitsplan bleiben gleich). Die Anpassung der Planwerte ist deshalb in der Kostenstellenplanung vorzunehmen.

Die unterschiedliche Vorgehensweise ist erforderlich, weil die Fixkosten nie für eine Produkteinheit, sondern immer in den Kostenstellen entstehen. Denn die fixen Kostenstellenkosten sind die Folge der Leistungsbereitschaft einer Kostenstelle, nicht der erbrachten Leistung. Ursache für Leistungsbereitschaftskosten sind immer Managemententscheidungen. Werden als Folge eines Lean-Projekts z.B. Räume für andere Bereiche frei oder weniger Personalstunden für die Kostenstellenleitung benötigt, ist das zwar ein Erfolg, doch ob daraus auch eine Senkung der Gesamtkosten resultiert, wird erst klar, wenn das Management festlegt, den Raum fremd zu vermieten und die freiwerdende Arbeitskapazität abzubauen (niedrigerer Personalbestand).

Nur proportionale Kosten an die Produkte verrechnen

Deshalb ist es wichtig, dass im Kostenrechnungssystem sowohl für die wertmässig richtige Verfolgung der Fortschritte eines Lean-Projektes als auch für die periodengerechte Ergebnisentwicklung immer nur die proportionalen Plankostensätze der Kostenstellen an Produkte oder andere Kostenstellen weiterverrechnet werden (Kostenspaltung). In den Kostensätzen der Kostenstellen dürfen keinerlei fixe Kosten oder Umlagen enthalten sein (vgl. den Beitrag «Spaltung der Plankosten in proportional und fix»).

Das gilt auch für die innerbetriebliche Leistungsverrechnung, wenn Servicebereiche (Forschung + Entwicklung, Labors, Werkstätten, innerbetriebliche Transporte oder die IT) Leistungen für andere Kostenstellen oder Projekte erbringen. Nur wenn der Bezüger (empfangende Kostenstelle) entweder selbst entscheiden kann, ob er eine innerbetriebliche Leistung von einer anderen Kostenstelle beziehen will oder wenn ein Automatismus zwischen der Leistung des Bezügers und derjenigen des Servicebereichs besteht, handelt es sich um echte innerbetriebliche Leistungsverrechnung, die auch dem Empfänger zu belasten ist. In allen anderen Verrechnungsfällen ist der Begriff «Fixkostenumlage» angebracht.

Für die Unternehmenssteuerung empfiehlt es sich, die Lagerzu- und -abgänge von Produkten immer nur zu proportionalen Plan-Herstellkosten zu bewerten. Denn die proportionalen Kosten werden durch die hergestellten Produkte definiert, währenddessen die fixen Kosten Periodenkosten (Monat/Jahr) sind. Sie werden dem Periodenergebnis unabhängig von den Herstell- und Verkaufsmengen belastet. Erfolgreiche Lean-Projekte haben meistens sowohl eine Senkung der proportionalen Stückkosten als auch der fixen Periodenkosten zu Folge. Durch die Stückkostensenkung sinkt auch der Wert der Lagerbestände, was wiederum den ROI erhöht.

Da der Umsetzungsstart eines Lean-Projekts selten auf einen Geschäftsjahreswechsel fällt, müssen die Lean-Fortschritte im Startjahr des Projekts noch auf Basis der bestehenden Plankosten bewertet werden. Im Management Accounting führen diese Fortschritte vorerst zu ergebnisverbessernden Kostenabweichungen.

Lean Management und ganzheitliche Führung

Verschwendung beheben um konkurrenzfähiger zu werden.

Lean Management und ganzheitliche Führung

Lean Management (schlankes Management) bezeichnet die Gesamtheit der Denkprinzipien, Methoden und Verfahrensweisen zur effizienten Gestaltung der Wertschöpfungskette (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Lean_Management). Damit unterstützt Lean Management die Ideen und die Prozesse ganzheitlicher Unternehmensführung, wie sie in diesem Blog vertreten werden.

Wertschöpfungsprozess möglichst ohne Verschwendung

Durch innovative Veränderung des kompletten Wertschöpfungsprozesses sollen der Kundennutzen erhöht und dabei gleichzeitig die eigene Kostenposition und Konkurrenzfähigkeit verbessert werden.
In allen Unternehmensbereichen ist schnellere, sicherere, günstigere und standardisierte Prozessabwicklung zu erreichen und die Verschwendung von Ressourcen aller Art zu vermeiden oder mindestens in grossem Ausmass zu reduzieren.

Im Vordergrund stand zuerst die schlanke Produktion. Da jedoch in allen Unternehmensbereichen Ressourcenverschwendung geschieht, sind mittlerweile den Funktionsbereichen entsprechende weitere Ansatzpunkte entstanden wie Lean Sales, Lean Logistics, Lean Maintenance, Lean Development, Lean Administration, Lean Healthcare.

Unter Verschwendung werden alle Ressourcenverbräuche verstanden, welche weder beim Kunden noch im Unternehmen einen Wert erzeugen. Es werden bis zu 9 Verschwendungsarten unterschieden:$

    • Überproduktion: Es werden mehr Einheiten hergestellt als die von Kunden oder von der Lagerbestandsplanung bestellten.
    • Umlauf- und Lagerbestände: Alle Bestände benötigen Platz, binden Geld, kosten Zins, führen zu Wertberichtigungen, wenn sie nicht mehr nachgefragt werden oder veraltet sind und müssen oft gesucht werden.
    • Transport: Prinzipiell sind alle Transporte Verschwendung. Nur bei Logistikunternehmen ist Transport wertschöpfend.
    • Warte- und Liegezeiten: Maschinenstillstände, nicht verfügbares Personal, Umlagerungen, warten auf Arbeit vermindern die Effizienz und erhöhen dadurch die Fixkosten.
    • Überflüssige Bewegungen: Sind meistens die Folge unpraktischer Arbeitsplatzgestaltung (auch Ergonomie), Suchen nach Dokumenten, Material, Hilfsmitteln oder Informationen. Auch sie sind nicht wertschöpfend.
    • Falsche Mittel und Verfahren: Sind die Folgen unklarer oder unvollständiger Aufträge oder Informationen, zu wenig gepflegter Arbeitspläne, nicht geeigneter Werkzeuge oder ungenügender Schulung.
    • Fehler/Ausschuss: Meistens Folge von zu wenig gewarteten Systemen oder Prozessablaufunsicherheiten sowie Qualitätsmängeln bei den Einsatzgütern (Rohstoffe).
    • Nichtnutzen von Mitarbeiterwissen: Fähigkeiten, Fertigkeiten und Anwendungswissen der Mitarbeiter werden ungenügend erkannt und eingesetzt.
    • Einforderung der Normalleistung: Ziele als zu erreichende Resultate vereinbaren und am Auftrag lernen, Termineinhaltung überwachen, Mitarbeiter fördern.

Die Verschwendungsarten können in offensichtliche und notwendige Verschwendungen unterteilt werden. Erstere entstehen durch die oben angeführten Verschwendungsarten. Die notwendigen Verschwendungen generieren zwar keinen Mehrwert für die Kunden oder das Unternehmen, müssen aber durchgeführt werden, weil Vorschriften und Vorgaben (meistens externer Art) zu erfüllen sind.

Lean Management
Lean Management: Mehr Gewinn durch weniger Verschwendung

Warten ist die offensichtlichste Verschwendung

Rohstoff-, Halb- und Fertigfabrikatelager sowie unvollendete Aufträge kosten Zins für den investierten Wert. Können solche Bestände reduziert oder durch bessere Abläufe sogar vermieden werden,  muss ein Unternehmen weniger investieren und spart dadurch Zinsen.

Durch verbesserte Abläufe und zeitlich bedarfsgerechte Zulieferung (just-in-time) wird Fläche frei, die für andere Zwecke verwendet werden kann. Dadurch können Raumkosten gespart oder für andere Zwecke  freigegeben werden. Sinngemäss können durch marktorientierte Steuerung der Herstellmengen  Lagerflächen freigegeben werden, was wiederum die Raumkosten senkt oder Platz für weitere Maschinen schafft.

Solche Kostensenkungen lassen sich den hergestellten und verkauften Einheiten nicht verursachungsgerecht zurechnen. Doch sie senken die Leistungsbereitschaftskosten (Fixkosten) des Unternehmens, was ebenso zu mehr Gewinn und damit zu höherer Produktivität führt.

Lean-Projekte steigern die Produktivität

Durch die Reduktion von Verschwendung im direkten Wertschöpfungsbereich sowie bei den notwendigen und offensichtlichen Verschwendungskosten steigt gegenüber der Ausgangsposition der Gewinn (1) oder, wenn die Nachfrage vorhanden ist, können unter Beibehaltung der wertschöpfenden Kosten die bestehenden personellen und maschinellen Kapazitäten besser genutzt und dadurch höhere Nettoerlöse generiert werden (2). In den Fällen (1) und (2) wird das Input-/Outputverhältnis besser, das heisst, die Produktivität steigt. In beiden Fällen steigt die Konkurrenzfähigkeit des Unternehmens, weil die bessere Kostenposition es erlaubt, Preissenkungen der Konkurrenz abzufedern und trotzdem noch Gewinne zu schreiben.

Lean Management ist deshalb ein unverzichtbares Element nachhaltig erfolgreicher Unternehmensführung.

Damit die Auswirkungen von Lean Management-Anstrengungen geplant und ihr Erfolg stufengerecht gemessen werden kann, sind sie im Management Accounting in Mengen-, Zeit-, Kapazitäts- und Geldwerten abzubilden.

Management Control-System

Das Management Control-System ist die umfassende Informationsbasis für ganzheitliche Unternehmenssteuerung.

Ein Management Control-System hilft allen Führungskräften integriert zu planen und zu steuern. Dadurch verbessert es die unternehmensweite Koordination sowie die ganzheitliche Zielerreichung.
Drei Hauptsysteme zur Realisierung von Management Control:

Frühwarnung +Vorsteuerung +Management Accounting

Frühwarnung

Frühwarnung soll Chancen und Risiken (opportunities and threats) in den verschiedenen Unternehmens-Teilumwelten erkennen, strukturieren und soweit möglich messbar machen. Schwache Signale sind in den Umwelten zu finden, damit unternehmensbezogene Frühwarnindikatoren erkannt und verfolgt werden können. Diese sollen Input zum Aufbau neuer Erfolgspotenziale (Strenghts) und zur Verhinderung von Schwächen (Weaknesses) beschreiben. Frühwarnindikatoren sind für die eigene strategische und operative Planung massgeblich

Vorsteuerung

Chancen zu ergreifen erfordert es, die dafür notwendigen Erfolgspotenziale im Unternehmen aufzubauen und bereitzuhalten. Erfolgspotenziale  können entstehen aus besonderen Fähigkeiten und Fertigkeiten des Personals, grosser Managementkapazität, geeigneten Kenntnissen für die Marktbearbeitung, neuen Produkten oder Dienstleistungen, Vorteilen durch umfassende Prozessintegration oder besonders geeignete Herstellungsanlagen. Schwächen (Weaknesses) können eventuell die Umsetzung von Chancen in operative Erfolge verhindern.

Interne Stärken lassen sich meistens nur in Zeiträumen von mehreren Jahren aufbauen (oder zukaufen). Zur Vorbereitung der operativen Pläne und Budgets sind Kenngrössen zu finden, welche gewollte Entwicklungen vorausschauend messen können. Drei Beispiele:

    • Entwicklung der Managementkapazität (Anzahl potenzieller Führungskräfte im Verhältnis zu bestehenden),
    • Entwicklung der Termineinhaltung in Projekten und bei der Lieferbereitschaft,
    • Fortschritte bei der Neukundengewinnung pro Zeiteinheit.

Insoweit Schwächen in einer Organisation die Folge sachlicher oder fachlicher Kenntnis- und Anwendungslücken sind, lassen sie sich oft durch Aus- und Weiterbildung oder durch Einstellung entsprechend geeigneter Personen mindern. Schwächen, die in der einzelnen Person begründet sind, lassen kaum beseitigen,insbesondere dann, wenn Mitarbeitende zwar sehr gute Resultate erbringen, solange sie auf sich selbst gestellt arbeiten können, sich aber in Teams nicht wohl fühlen.

Kenngrössen zur Beurteilung der Entwicklung von Erfolgspotenzialen (Auf- und Ausbau zukünftig relevanter Stärken und Minderung vorhandener Schwächen) werden im Gegensatz zu Frühwarndaten zur Hauptsache aus unternehmensinternen Daten gewonnen. Weil die dazu verwendeten Daten als Grundlage der mittelfristigen Planung dienen, müssen sie vor der eigentlichen operativen Planung verfügbar sein. Sie sind der interne Input für Planungsentscheide. Deshalb bezeichnen wir sie als Vorsteuerungsgrössen.

Management Accounting

Im operativen Bereich (Mittelfrist- und Jahresplanung sowie Disposition) werden Pläne detailliert und die damit verbundenen Ziele festgelegt und hoffentlich auch umgesetzt.   Management Accounting soll es den Führungskräften aller hierarchischen Ebenen ermöglichen, ihre Pläne entsprechend der erbrachten Leistungen ins Soll zu überführen sowie Soll-Ist-Vergleiche zu erstellen.

Ein Soll-Ist-Vergleich ist dazu da, Ansatzpunkte zu finden, welche in den nächsten Perioden (z.B. Monaten) zur definitiven Zielerreichung führen. Er wird in Geldwerten erstellt, um unterschiedliche Verbräuche und Leistungen gleichnamig und damit vergleichbar zu machen.

Dies erfordert eine konsequent führungsorientierte Kosten-, Leistungs-, Erlös- und Ergebnis-Rechnung (KLEER). Sie muss Plan, Soll, Ist und Forecast abbilden können. Die datenmässige Grundlage einer KLEER stammt aus den Dispositionssystemen (Enterprise Resource Planning Systems (ERP)) und aus den Rechnungswesen-Vorsystemen (Auftragserfassung und Fakturierung, Personaladministration, Materialwirtschaft, Anlagenbuchhaltung).

ManagementControl-System
Management Control-System