Strategie oder funktionale Konzepte?

Strategie ist aussengerichtet, bestimmt die Alleinstellungsmerkmale des Angebots und die zu erreichende Marktposition. Funktionale Konzepte werden in operativen Mittelfristplänen konkretisiert. Sie sollen dazu führen, dass die zur Strategierealisierung notwendigen Erfolspotenziale bereitstehen.

Strategie oder funktionale Konzepte?

Alleinstellungsmerkmale

Michael Porter (On Competition, 2008) definiert, dass eine Strategie die Alleinstellungsmerkmale (Unique Selling Proposition) und die Marktpositionen beschreiben soll, die in den jeweiligen Marktbereichen mit den eigenen Angeboten erreicht werden sollen. Das bedeutet, dass pro Produkt-/Marktkombination eine eigenständige Strategie zu festzulegen ist. Dieser Definition folgend sind dann Ziele, Projekte und Massnahmen zu bestimmen, welche zur operativen Erreichung der angestrebten Position geeignet erscheinen.

Leider wird der Begriff Strategie mittlerweile für fast alles verwendet, was mit Planung in Verbindung gebracht wird. Diese Unschärfe der Begriffsanwendung führt zu Unsicherheiten in der Führung und zu Fehlinvestitionen. Aus diesem Grund unterscheiden wir in der strategischen Planung zwischen Strategien und funktionalen Konzepten.

Strategie

Die Strategie legt die zu erreichende Position pro eigenständigen Produkt-/Marktbereich fest und beschreibt die dazu in den Bereichen auf- oder auszubauenden Erfolgspotenziale. Das erfordert die Bildung Strategischer Geschäftsfelder SGF.

Pro Produkt-/Marktstrategie ist festzuhalten, welches die verfolgte Geschäftsidee sein soll, welche Rahmenbedingungen zu beachten sind und wie die Verantwortlichen die Umsetzungschancen beurteilen. Als Grundlage für die anschliessende Umsetzungsplanung sind zu erreichende Resultate (Absatz, Umsatz, Termine, ev. Ergebnisse) zu quantifizieren und die bedeutendsten Massnahmen / Projekte festzuhalten.

Zudem sind die bei der Erstellung des strategischen Plans getroffenen Annahmen, insbesondere zur Entwicklung der Nachfrage und den Aktionen der Konkurrenz zu dokumentieren. Diese können sich im Laufe der Strategieumsetzung verändern, was zu einer Strategierevision führen kann.

Damit beim Plan-Ist-Vergleich einer Strategie überprüft werden kann, ob die ursprünglichen Annahmen noch gelten, sind schon bei der Strategieformulierung die erfolgskritischen Prämissen festzuhalten.

Wir empfehlen, jeden strategischen Plan in sechs Teile zu gliedern (vgl. Controller-Leitfaden, S. 600):

    1. Grundidee: Verbale Beschreibung der zu bildenden Produkt-/Marktkombination und der damit zu erreichenden Ziele (Absatz, Umsatz, Deckungsbeiträge) sowie der hauptsächlichen Wettbewerbsvorteile und Kundenutzen aus Sicht der Kunden.
    2. Rahmenbedingungen: Beschreibung der Faktoren und Gegebenheiten in den Umwelten, die für den Strategieerfolg bedeutend sind, vom Unternehmen selbst aber nicht verändert werden können.
    3. Beurteilung: Einschätzung der Erfolgschancen des Strategischen Geschäftsfelds unter Berücksichtigung möglicher Aktionen der Mitbewerber und der möglichen SGF-eigenen Verteidigungsmassnahmen. Dokumentation der Übereinstimmung des strategischen Plans mit den unternehmenspolitischen Vorgaben.
    4. Ziele: Festlegung der zu erreichenden qualitativen und quantitativen Eckwerte für jedes Jahr im zeitlichen Strategiehorizont (Marktanteile, Sortiment, Qualität (aus Kundensicht), stufenweise Deckungsbeiträge). Überprüfung mittels einer dynamischen Investitionsrechnung (sh. Download des Excel-Templates für die dynamische Investitionsrechnung).
    5. Massnahmenprogramm: Auflistung der Projekte, Marktbearbeitungsmassnahmen, Entwicklungen in der Verkaufsorganisation und weiterer Aktionen jeweils mit Meilensteinen, Zuständigkeiten und Entscheidungskompetenzen sowie Budgets).
    6. Kritische Prämissen: Dokumentation der getroffenen Annahmen für die Marktentwicklung, bei deren Nichteintreten die Strategie überarbeitet oder beendet werden müsste. Weitere relevante Kriterien für den Fortführungsentscheid können sein: Gesetzliche Änderungen, politische Verschiebungen, neue konkurrenzierende Produkte oder Anwendungen.
Strategie und funktionale Konzeptee
Strategie und funktionale Konzeptee

Funktionale Konzepte

Zur Ermöglichung der Strategieumsetzung sind meistens unternehmensintern Erfolgspotenziale neu auf- oder auszubauen. Diese Erfolgspotenziale werden in den Funktionsbereichen, zunehmend auch bereichsübergreifend, geplant und realisiert. Die Erfolgspotenziale bilden die Ausgangslage für die Festlegung der funktionalen Konzepte.

Funktionale Konzepte sind folglich mittelfristige Ziele und Pläne der Funktionsbereiche für die Schaffung der zum strategischen Erfolg notwendigen Potenziale. Sie werden beispielsweise für die Beschaffung, das Personal, die Produktion, die Forschung und Entwicklung, die Information Technology (IT) oder die Finanzierung definiert. Sie schaffen die internen Voraussetzungen dafür, dass die Strategien überhaupt realisiert werden können

Dazu werden bereichsweise Pläne und Projekte mit ihren zu erreichenden Resultaten, Meilensteinen, Investitionsbudgets und Kostenplänen erstellt und in der Mittelfristplanung dokumentiert. Bereichsübergreifende Abstimmung ist dabei erfolgsbestimmend, weil viele Ergebnisse nur durch Zusammenarbeit zu erzielen sind. Beispiele:  Führungskräftenachwuchs aufbauen, Entwicklung neuer Anwendungen, zentralisierte Stammdatenpflege, integrierte Planungs- und Steuerungssysteme.

Funktionale Konzepte gehören zur Mittelfristplanung, weil der Aufbau von Erfolgspotenzialen und integrierten Prozessen oft sehr komplex ist und oft mehrere Jahre bis zur fertigen Umsetzung vergehen.

Frühwarnung und Vorsteuerung

Mit Frühwarnung Umweltentwicklungen verfolgen, um Chancen und Risiken zu erkennen. Mit Vorsteuerung dafür sorgen, dass die Operation anpassungsfähig ist.

Frühwarnung und Vorsteuerung

Frühwarnung dient der Erkennung von Chancen, der Vermeidung von Risiken sowie der Beurteilung neuer Marktpotenziale. Frühwarninformationen kommen aus den vier Unternehmensumwelten (vgl. den Beitrag „Management Control erfordert Umweltbezug„).

Frühwarnung soll einer Organisation helfen, sich abzeichnende oder mindestens vermutete Entwicklungen in den Unternehmensumwelten so rechtzeitig zu erkennen, dass darauf reagiert werden kann. Es geht darum, Chancen (Opportunities) für zukünftige Geschäftsfelder zu finden und Risiken (Threats) zu erkennen, welche den Erfolg bestehender und zukünftiger Geschäfte einschränken oder gar verunmöglichen könnten. Frühwarninformationen sind der Input für die Planung und die Weiterentwicklung der strategischen Geschäftsfelder.

Das Erkennen von neuen Entwicklungen bezüglich Bedürfnissen, Einstellungen, verfügbaren Materialien und Dienstleistungen, rechtlichen Vorgaben und politischen Tendenzen ist zeitaufwendig und kann für das eigene Unternehmen noch keine Gewissheiten schaffen. Zunehmend  suchen die Unternehmen nach Schwachen Signalen (weak signals), welche vor allem für die strategische Planung bedeutsam werden könnten.

Frühwarnung
Frühwarnung und Vorsteuerung

Vorsteuerungsinformationen (piloting information) haben ihren Ursprung in der Unternehmensinwelt und sind auf die Schaffung der zukünftigen Erfolgspotenziale ausgerichtet. Vorsteuerung soll offenlegen, welche internen Entwicklungen per wann zu realisieren sind, damit die Potenziale zur Strategierealisierung rechtzeitig verfügbar sind. Vorsteuerung ist dazu da, intern die Voraussetzungen zu schaffen, damit Strategien verwirklicht werden können. Dadurch ist sie ein Teil der Mittelfristplanung.

Weil die relevanten Daten für die beiden Fragestellungen einmal externen und das andere Mal internen Urspungs sind, trennen wir Frühwarnung und Vorsteuerung zum besseren Verständnis.

Mittelfristige Entwicklung vorsteuern

Stärken ausbauen und Erfolgspotenziale generieren durch Aufbau und Pflege interner Kapazitäten, bedrohliche Schwächen mildern.

 Mittelfristige Entwicklung vorsteuern

Die Hektik der alltäglichen Suche nach Erfolgen und die Planung der näheren Zukunft führen oft dazu, dass mittelfristige Entwicklungen in der Planung und Steuerung vernachlässigt werden. Dies zu verhindern ist Aufgabe der Vorsteuerung.

Vorsteuerungsinformationen (englisch = piloting information) sollen dazu führen, dass für die mittelfristige Zukunft einer Organisation wesentliche Planungs- und Umsetzungsaufgaben nicht vergessen gehen. Es geht darum, die Potenziale für den mittelfristigen Erfolg rechtzeitig aufzubauen. Mit passenden und verantwortungsbereichsbezogenen Kenngrössen sollen Führungskräfte aller Bereiche erkennen können, ob sie ihren Bereich mittelfristig so entwickeln, dass die strategischen Ziele der Organisation erreichbar werden.

Erfolgspotenziale aufbauen: Beispiele für Fragestellungen:

    • Werden wir rechtzeitig über die notwendigen Führungs- und Fachkräfte verfügen, die unsere Entwicklungspläne umsetzen können?
    • Welche Positionen sind als Folge von Pensionierungen und Abgängen in nächster Zeit neu zu besetzen?
    • In welchen Bereichen sind demnächst Kapazitätsengpässe (personeller oder anlagenbezogener Kapazitätsengpass) zu erwarten?
    • In welchen Bereichen ist Know how aufzubauen, um die angestrebten Marktpositionen zu erreichen?
    • Welche Effizienzverbesserungen sind mittelfristig zu erzielen, um die Konkurrenzfähigkeit zu erhalten?

Den Begriff „Vorsteuerung“ haben wir gewählt, weil diese Art der Informationsbearbeitung die operative Planung und Steuerung voraussteuert. Mit den zur Hauptsache unternehmensinternen Informationen soll darauf hin gewirkt werden, dass die Organisation den zukünftigen Herausforderungen der Umweltentwicklungen gewachsen sein wird und die Voraussetzungen für die Umsetzung ihrer eigenen strategischen Ziele schafft. Da diese Arbeit vor allem in den Funktionsbereichen zu leisten ist, werden in verschiedenen Beiträgen die potenziellen Vorsteuerungskenngrössen bereichsweise erarbeitet.