Arbeitszufriedenheit

Arbeitszufriedenheit steigert die Arbeitgeberattraktivität enorm.

Arbeitszufriedenheit

Im ersten Quartal des Jahres 2022 waren gemäss dem Schweizerischen Bundesamt für Statistik BFS über 100’000 offene Arbeitsstellen verfügbar – vor allem im Industrie- und Dienstleistungssektor. Insbesondere die steigende Tendenz fehlender Fachkräfte bereitet vielenorts Sorgen. Im Zuge dieses sich verschärfenden Mangels an Arbeitnehmenden lohnt es sich, im  Top-Control «Arbeitgeberattraktivität» der Arbeitszufriedenheit vermehrt Beachtung zu schenken.

Viele Firmen beschäftigen mittlerweile eine Vielzahl von Expertinnen und Experten, um gute neue Mitarbeitende zu identifizieren, zu gewinnen und langfristig halten zu können. Entsprechende HR-Prozesse haben in vielen Unternehmen längst Platz auf den strategischen Landkarten gefunden. Die Initiativen gehen von «active sourcing», über «finder fee’s» für Mitarbeitende oder der Abschaffung von Bewerbungsschreiben hin zu unternehmensinternen Achtsamkeitstrainern, Initiativen im betrieblichen Gesundheitsmanagement, Flex-Work-Angeboten oder Ferienkaufprogrammen.

Diese Angebote mögen ihre Berechtigung haben und unterstützen sicherlich die Bindung von Mitarbeitenden an ein Unternehmen. Nach meiner Erfahrung haben sie  – insbesondere für performante und marktfähige (Wissens-)Mitarbeitende – mittlerweile jedoch eher die Qualität von «Hygienefaktoren» und gehören somit zum Pflichtprogramm eines jeden Unternehmens. Eine wirkliche Differenzierung findet hier kaum noch statt.

Führungsverhalten

Arbeitnehmende sind in der Regel selten unzufrieden, weil der Früchtekorb oder der Tischfussballkasten im Büro fehlen.  Statistiken zeigen, dass das Führungsverhalten des/r direkten Vorgesetzten massgeblich zur Arbeitszufriedenheit beiträgt (vgl. den Beitrag «Arbeitgeberattraktivität»). Eine Umfrage mit knapp 3’000 Personen bestätigte, dass 62% aller Befragten bereits einmal wegen dem/r Vorgesetzten gekündigt haben (vgl. Information Factory, 2014).

Das Führungsverhalten der direkten Vorgesetzten ist der Schlüsselfaktor der Arbeitgeberattraktivität.

Meine Erfahrung zeigt jedoch, dass die personenbezogenen Führungsaufgaben in vielen Unternehmen nach wie vor vernachlässigt werden. Viele Führungskräfte aller hierarchischen Ebenen widmen sich ihren Mitarbeitenden erst dann, wenn

    • das Leistungsbeurteilungsgespräch bevorsteht,
    • Mitarbeitende des eigenen Führungsbereichs negativ auffallen,
    • die Zusammenarbeit nicht wie gewünscht funktioniert,
    • im Unternehmen neue Regeln und Prozesse eingeführt werden (sollen),
    • Kosten zu senken sind oder Prozessabläufe verändert werden.

Weil Anpassungen an sich verändernde Anforderungen dem normalen Alltag in jedem Unternehmen entsprechen, gilt es, die eigenen Mitarbeitenden kontinuierlich so zu unterstützen, dass sie mit diesen Änderungen umgehen können und dabei die Freude an ihren Aufgaben behalten.

Ein Ansatzpunkt dazu ist «psychologisches Empowerment».

Psychologisches Empowerment

Auf die Statistik zur internen Arbeitgeberattraktivität bezugnehmend (Faktoren der internen Arbeitgeberattraktivität (Trendstudie Arbeitgeberattraktivität (topjob.de) bezugnehend,  wird hier  das Führungsverhalten des «psychologischen Empowerments» vertieft.

Empowerment bedeutet so viel wie „Ermächtigung“, „Selbstbefähigung“ oder „Stärkung von Eigenmacht und Autonomie“. Sinn und Zweck ist es, Menschen mehr Mitbestimmungsrecht, Autonomie und Handlungsspielraum zu geben.

Studien zeigen, dass psychologisches Empowerment mit einer besonders proaktiven Haltung gegenüber der Arbeit einher geht (sh. Spreitzer  G. (1995). Psychological empowerment in the workplace: Dimensions, measurement, and validation. Academy of Management Journal, 38, 1442-62.))). Es wurde ebenfalls nachgewiesen, dass psychologisches Empowerment mit mehr Arbeitszufriedenheit und Arbeitsleistung sowie stärkerer Bindung und Engagement assoziiert ist (sh. .Seibert, S. E., Wang, G., & Courtright, S. H. (2011). Antecedents and consequences of psychological and team empowerment in organizations: A meta-analytic review. Journal of Applied Psychology, 96, 981–1003). Ebenso konnten positive Nachweise auf die psychische Gesundheit und das Innovationsverhalten von Mitarbeitenden nachgewiesen werden (Chermuly, C.C. (2023). Empowerment: Die Mitarbeiter stärken und entwickeln. In: Felfe, J., van Dick, R. (eds) Handbuch Mitarbeiterführung. Springer Reference Psychologie, Springer, Berlin, Heidelberg.).

Der Ansatz geht davon aus, dass vier arbeitsbezogene Faktoren das Erleben von psychologischem Empowerment ausmachen (nach Spreitzer, 2008):

    1. das Erleben von Kompetenz (berufliche Selbstwirksamkeit)
    2. Bedeutsamkeit (Sinnhaftigkeit und intrinsische Motivation, also von innen kommende Motivation)
    3. Selbstbestimmung (Autonomie in der Tätigkeitsausführung)
    4. Einfluss (Grad an Macht, die Arbeitnehmende während der Tätigkeitsausführung annehmen, Glaube an die Beeinflussbarkeit der eigenen Arbeitsergebnisse)

Die Beziehungsgestaltung ist zentral

Psychologisches Empowerment setzt Vertrauen, Mitarbeitendenorientierung sowie angemessene organisationale Kommunikationssysteme voraus. Weiter kann es durch gezielte und klar definierte Personalentwicklungsprozesse und -angebote eine sinnhafte Arbeitsgestaltung, stärkenorientierten Kompetenzeinsatz sowie durch spezifische personenbezogene Führungspraktiken (für jede mitarbeitende Person anders) beeinflusst werden.

Im Zentrum steht  der Aufbau einer Beziehung zu den einzelnen mitarbeitenden Personen. Menschen und ihre individuellen Perspektiven müssen ins Zentrum des Führungsverhaltens rücken. Nur dann kann echte Befähigung stattfinden – anstelle von Überforderung oder dem starren Verfolgen von Befehlsketten. Dies erfordert von der jeweiligen Führungskraft vor allem Zeit, eine entsprechende Haltung und einen bewussten und kompetenten Einsatz spezifischer Gesprächsführungstechniken (u.a. Aktives Zuhören, Fragetechniken, Coachingelemente).

Diese Grundvoraussetzungen werden nach meiner Erfahrung in vielen Organisationen immer noch vernachlässigt. Oft sind von Führungskräften Sätze zu hören wie: «People Management ist mir wichtig, aber ich habe keine Zeit dafür». Wer die Beziehungsgestaltung nicht als prioritäre und elementare Führungsaufgabe wahrnehmen will, wird daher auch kaum langfristig Erfolg haben. Nur wer die Perspektiven der Mitarbeitenden berücksichtigt und die Personen im eigenen Team individuell einbindet, wird von den positiven Effekten des psychologischen Empowerments profitieren und damit einen «echten» Beitrag an die interne Arbeitgeberattraktivität leisten.

AMPEL im Management

5 Top-Controls hat eine nachhaltig erfolgreiche Organisation im Griff.

AMPEL im Management: 5 Top-Controls

Kontinuierlich erfolgreich operierende Unternehmen schaffen es immer wieder, ihr Angebot an neue Entwicklungen in der Technologie, in den Beschaffungs- und Absatzmärkten sowie an Änderungen der Prioritäten und Bedürfnisse bestehender und potenzieller Kunden anzupassen. Dazu orientieren sie  sich an fünf Top-Controls.

Dies lässt sich an Erfolgsgeschichten von «hidden champions» und aus der Entwicklung von Konzernen, die seit Jahrzehnten bestehen, nachvollziehen. In den Beratungsaufträgen des CZSG Controller Zentrum St. Gallen fassen wir diese fünf Top-Controls mit dem Begriff AMPEL-Management  zusammen.

AMPEL im Management: 5 Top-Controls
AMPEL im Management: 5 Top-Controls

Attraktiver Arbeitgeber

 Jede Organisation muss die Mitarbeitenden finden und halten können, die die Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse haben, die Produkte und Services zu erfinden, zu entwickeln, kundengerecht herzustellen und die dazu notwendigen internen Prozesse bedürfnisgerecht zu betreiben.

Deshalb sind in der Organisation Bedingungen zu schaffen, welche aus der Sicht bestehender und potenzieller Mitarbeiter attraktiver erscheinen als diejenigen anderer möglicher Arbeitgeber. Gute Bezahlung ist ein bedeutender Faktor. In Umfragen zeigt sich jedoch regelmässig, dass fachliche und positionsbezogene Entwicklungschancen, Weiterbildungsmöglichkeiten, Mitarbeiterförderung und vor allem der Sinn der Arbeit und die Art der Zusammenarbeit ausschlaggebend sind.

Marktstellung 

Die Stellung im Markt verbessert sich, wenn die eigenen Produkte und Services aus Sicht der bestehenden und der potenziellen Kunden mehr Nutzen generieren als die Angebote anderer Anbieter. Dies bezieht sich nur  beschränkt auf die Verkaufspreise, sondern vielmehr darauf, ob die eigenen Angebote in der Kaufentscheidung der Kunden den höheren Stellenwert erhalten als diejenigen der anderen Anbieter. Der Kundennutzen steht im Vordergrund.

Profitabilität

Die generierten Nettoerlöse müssen die Kosten der gesamten aktuellen Operation decken, die Erhaltung der vorhandenen Substanz ermöglichen und eine marktgerechte Verzinsung für alle Kapitalgeber erzielen. Zusätzlich ist auch das Geld für den Aufbau der zukünftigen Erfolgspotenziale zu verdienen.

Denn ohne dieses Geld kann das Unternehmen nicht genügend in die Marktstellung und in die Evolution investieren. Es wird mittelfristig nicht mehr existenzfähig sein. Dazu ist es auch notwendig, die internen Input-/Output-Verhältnisse zu verbessern, das heisst, überall und kontinuierlich die Produktivitäten zu erhöhen, damit die Rentabilität steigt.

Evolution

 Jedes Unternehmen muss sich in vielen Bereichen ständig weiterentwickeln. Bestehende Produkte und Dienstleistungen werden durch andere Anbieter billiger angeboten, werden zu teuer in der Herstellung oder werden nicht mehr nachgefragt.

Interne, vor allem auch administrative Prozesse, sind neuen Anforderungen anzupassen und effizienter abzuwickeln. Das erfordert laufend Innovationen und Verbesserungen.

Evolution ist unabdingbar. Viele ehedem weltbekannte Unternehmen sind verschwunden, weil sie ihre Evolution nicht genügend tatkräftig förderten.

Liquidität

Hat ein Unternehmen nicht genügend verfügbare Geldmittel (Geldbestände oder offene Kreditlimiten), kann es weder die Löhne noch die fälligen Rechnungen rechtzeitig bezahlen. Das ist üblicherweise das Ende, da nur Wenige einen Konkurs abwenden können. Die jederzeitige Zahlungsfähigkeit (Liquidität) muss deshalb sowohl kurz-als auch langfristig geplant und gesteuert werden.

Fliessgleichgewicht

Wir nennen diese fünf AMPEL-Elemente Top-Controls, weil sie die obersten Faktoren jeder zum Erfolg zu führenden Organisation repräsentieren. Nachhaltig erfolgreiche Unternehmen organisieren sich und damit auch ihre Managementaufgaben entsprechend.

Die Fläche des für die AMPEL-Darstellung gewählten Fünfzacks soll darauf hinweisen, dass die Beziehungen zwischen den fünf Elementen in ein Fliessgleichgewicht zu bringen sind, soll die Organisation nachhaltig erfolgreich sein. Die Schwierigkeit bei diesem Unterfangen besteht darin, dass die Wechselwirkungen zwischen den fünf Elementen sowohl unterstützend als auch widersprechend (antinomisch) sein können.

Ein Beispiel: Versucht ein Unternehmen, seine Marktstellung durch Gewährung von Rabatten oder Ähnlichem zu verbessern, steigt zwar die Auslastung in der Fabrik, doch sinken wegen der niedrigeren Nettoerlöse (pro Einheit) die Deckungsbeiträge und in Folge der Cash Flow und der Gewinn. Als Folge der hohen Kapazitätsauslastung muss in Anlagen investiert werden, das Geld dazu ist aber wegen des geringeren Cash Flows nur beschränkt verfügbar. Geringerer Cash Flow bedeutet zudem auch, dass weniger in die Evolution investiert werden kann und auch weniger Geld zur Verbesserung der Arbeitsplatzattraktivität zur Verfügung steht. Die AMPEL fällt aus dem Fliessgleichgewicht und, wird nicht rechtzeitig gegengesteuert, wird mittelfristig die Zahlungsunfähigkeit eintreten.

Weiterführende Erklärungen zur AMPEL im Management finden sich im Kap. 1.1. im Buch Management Control-System.

In den folgenden Beiträgen werden die Bstimmungselemente der 5 Top-Controls näher ausgeführt.