Rekursivität und Hüte

Jede Führungskraft muss ihrem Kopf den zur aktuellen Entscheidungssituation passenden Hut aufsetzen.

Rekursivität und Hüte

Im Samen jedes Weizenkorns ist der gesamte Bauplan für die Entstehung einer neuen Weizenpflanze enthalten. Der Same „weiss“, wie er sich entwickeln muss, damit aus ihm eine gesunde neue Pflanze wird. Auch bei Tieren und Menschen ist dieser Entwicklungspfad schon im Erbgut angelegt. Kybernetisch ausgedrückt bedeutet dies: „Jedes lebensfähige System ist eingebettet in ein lebensfähiges System und besteht selbst aus lebensfähigen Systemen (Pfiffner, S.345). Mit anderen Worten repetiert sich die gleiche Steuerungsstruktur im verschachtelten System immer wieder (ebenda, S. 113).

Das Kind lernt, dass es seine Operationen (System 1), z.B. Lernen und Spielen, erfüllen und koordinieren muss (System 2) und gleichzeitig die Anforderungen des Familiensystems Eltern und Geschwister, ev. Verwandte, berücksichtigen muss (System 3). In der Adoleszenz beginnt es, weitere Aspekte des Lebens zu erkunden und zu beurteilen (System 4). Das führt dazu, dass es seine eigene Identität (System 5) zu definieren beginnt und eigene Werte als massgeblich erkennt, was wiederum zur Folge hat, dass sich die Zwecke seiner Operationen (1) ändern. Sein System 5 wird eigenständig, ist jedoch immer noch mit demjenigen des übergreifenden Systems 5 (Familie) verbunden (Rekursivität).

Auf Unternehmensführung angewandt bedeutet dies, dass Organisationsteile sehr wohl ihre eigenen Interessen in ihren Systemen 1 – 3 verfolgen können und müssen, ihre Zweckerfüllung jedoch immer von Ihrem Beitrag zur Erfüllung des Gesamtzwecks der übergeordneten Einheit abhängig ist. Zudem kann ihr Zweck als Folge neuer Erkenntnisse im System 4 angepasst werden.

Es ergibt sich, dass sich die Systeme 1 – 5 in jedem Teilunternehmen wieder finden, das Gesamtsystem also rekursiv ist. Die Systemkomplexität wird so ausführungsnah wie möglich beherrscht, was die Systeme 3 – 5 der Gesamtorganisation entlastet (vgl. Pfiffner, S. 117).

Rekursivität und Hüte
Rekursive Informationsfüsse im System 1a

Denken in verschiedenen Dimensionen

Jede verantwortliche Person in einem Unternehmen hat nur einen Kopf. Diesen kann sie jedoch zum Denken in verschiedenen Dimensionen einsetzen:

    • Im Vordergrund steht der Erfolg der von mir geleiteten Organisationseinheit
    • Das Interesse des Gesamtunternehmens steht im Vordergrund
    • Die Anforderungen anderer Unternehmensbereiche stehen im Vordergrund.

Wir empfehlen Führungskräften aller hierarchischen Positionen beim Entscheiden immer zu überlegen, welchen „Hut“ sie aktuell auf ihrem Kopf tragen.

Denn die gleiche Person kann sowohl Leiterin ihres Systems 1 (operative Umsetzung) als auch gleichzeitig Mitglied des operativen Managements (System 3) sein. Abhängig von der aktuell zu treffenden Entscheidung trägt sie den Hut als Mitglied des operativen Managements ihrer übergreifenden Organisation oder denjenigen des Organisationsteils, den sie direkt verantwortet. Ist eine Entscheidung für das Gesamtsystem zu treffen, sind sowohl intern als auch extern andere Informationen zu beachten, als wenn die Entscheidung ihren eigenen Bereich betrifft.

Die Fähigkeit der Führungskräfte, die Bedürfnisse ihres eigenen Bereichs mit denjenigen des gesamten Unternehmens in Übereinstimmung zu bringen, ist unseres Erachten die wichtigste Voraussetzung für nachhaltigen Erfolg.

„Lebensfähigkeit enthält Adaption und Fortschritt, aber auch Robustheit gegenüber Schocks von aussen oder von innen. Das Viable System Model geht über das modern gewordene Gewinnmaximierungsdenken hinaus und ist deshalb gleichermassen interessant für Wirtschaftsunternehmen, wie auch für Verwaltungsunternehmen, Non-Governmental Organizations oder für jede andere Art von Institution, die eine Organisationsstruktur braucht (Pfiffner, S. 31).“

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