Aktualisiert am 24. April 2024 durch Lukas Rieder Dr. oec.
Kundennutzenanalyse erstellen
Eine gut gemachte Kundennutzenanalyse erstellen erfordert erstens die Festlegung, welche Kaufentscheidung sie in den Blick nimmt. Dazu gehört im Minimum die Angabe des Kundensegments und eine Angabe zur Situation, in der diese Kunden die Kaufentscheidung treffen. Als Zweites nennt die Kundennutzenanalyse die verschiedenen Alternativen, die von den Kunden bei ihrer Kaufentscheidung in Betracht gezogen werden. An dieser Stelle ist es wichtig, nicht nur die direkten Wettbewerber einzubinden, sondern alle Möglichkeiten, die der Kunde in seiner Kaufentscheidung betrachtet: Also auch «Andere Technologie wählen», «Selber machen», «Entscheidung nochmals verschieben», usw..
Als Drittes zeigt die Kundennutzenanalyse auf, wie die Kunden (und nicht die Wirte, Manager, Verkäufer, Ingenieure, Redakteure etc.) diese Alternativen im Verhältnis zueinander einschätzen. Dazu werden die Cost- und Benefit-Kriterien erarbeitet und gewichtet. Zuletzt wird bewertet, wie die Alternativen in den einzelnen Kriterien abschneiden. Damit lässt sich abschätzen, welche Wahlmöglichkeiten eine starke Marktstellung haben und welche eine schwache.
Kurzbeispiel zum «Ristorante da Noi»
Für das Restaurant-Beispiel ergeben sich folgende beiden tabellarischen Darstellungen:
Das Decider Benefit-Profile listet die Alternativen in der Kaufentscheidung in der ersten Zeile. Die Benefit-Kriterien stehen in der ersten Spalte. Rechts neben den Benefit-Kriterien findet sich die Gewichtung. In der Matrix ist auf einer Skala von gut (10) bis schlecht (1) so eingetragen, wie die Kunden die Alternativen in den einzelnen Benefit-Kriterien bewerten.
Das Decider Cost-Profile ist analog aufgebaut. Anstatt einer Skala von 1-10 hat sich in der Praxis allerdings ein Index bewährt: wir kosten 100, eine um 50% teurere Alternative kostet 150.
Die Kundennutzenanalyse generiert unterschiedliche grafische Darstellungen, um die erhobenen Daten auszuwerten. Die zentrale Darstellung ist die bereits im Beitrag «Das Konzept der Kundennutzenanalyse» abgebildete «Alternatives Map». Sie zeigt auf einen Blick, welche Alternativen betrachtet werden, welches das Cost/Benefit-Verhältnis jeder einzelnen Alternative ist und welche Alternative das beste Cost/Benefit-Verhältnis – und damit die beste Marktstellung – aufweist.
Zwei weitere Darstellungen sind die «Benefit Criteria Map» und die «Cost Criteria Map»:
Während die «Alternatives Map» die einzelnen Alternativen abbildet, sind in diesen beiden Maps die Benefit- resp. die Cost-Kriterien einzeln abgebildet. Die horizontale Achse entspricht der Gewichtung: geringe Wichtigkeit für den Kunden (links) und hohe Wichtigkeit für den Kunden (rechts).
Die vertikale Achse entspricht der Performance. Dabei entspricht die horizontale 100%-Linie der durchschnittlichen Performance im betrachteten Markt. Liegt der Punkt in der «Benefit Criteria Map» über dieser Linie, schneidet das «Ristorante da Noi» in diesem Kriterium besser ab als der Marktdurchschnitt. Unter der 100%-Linie ist die Position des «Ristorante da Noi» in diesem Kriterium schlechter als der Marktdurchschnitt. In der «Cost Criteria Map» verhält es sich genau umgekehrt: Unterhalb der Linie ist vorteilhaft für den Anbieter, darüber ist nachteilig.
Diese Darstellungen fördern eine Fokussierung der Diskussion, wo zur Verbesserung der Marktstellung angesetzt werden soll. Die Qualität der Weinkarte ist zwar überdurchschnittlich, für die Kundschaft jedoch nicht sehr wichtig. Wie soll damit umgegangen werden? Kann die Wahrnehmung der Wichtigkeit bei den Kunden verändert werden, z.B. durch geeignete Werbung? Dies würde der bereits guten Performance einen stärkeren Hebel verleihen. In der «Alternatives Map» würde der Punkt des «Ristorante da Noi» nach rechts wandern, wodurch sich die Marktstellung verbessert, respektive die Zuschlagswahrscheinlichkeit erhöht. Könnten – alternativ – proportionale Herstellkosten gespart werden, wenn günstigere Weine von etwas geringerer Qualität angeboten würden? Die freiwerdenden Mittel könnten dann dazu eingesetzt werden, das Kriterium «Unterhaltung / Kultur» zu verbessern. In diesem Kriterium ist das «Ristorante da Noi» noch nicht so gut platziert, doch ist es für die (potenziellen) Kunden wichtig.
Preislich liegt das «Ristorante da Noi» genau im Durchschnitt. Bei den Anreisekosten ist vermutlich nicht viel zu machen, aber eine Senkung der Essenspreise würde die Marktstellung verbessern: In der «Alternatives Map» würde der Punkt des «Ristorante da Noi» nach unten wandern. Zwar würde die Massnahme die Deckungsbeiträge schmälern, dafür aber das Wachstum beschleunigen – für ein neues Angebot am Markt eigentlich der wichtigere Imperativ!
Ausführliche Details zur Marktstellung und zur Kundennutzenanalyse finden sich im Buch «Kundenorientierung» von Markus Orengo.