Aktualisiert am 10. März 2024 durch Lukas Rieder Dr. oec.
Die Inflation schlagen
«Die Inflation schlagen» ist der Titel des Buches von Prof. Dr. Hermann Simon, dem «Altmeister» in Sachen Preismanagement und Ergebnissteuerung, erschienen 2022 (Literaturhinweis). Dieser Beitrag beschäftigt sich mit den Anforderungen, welche die zurzeit wieder grassierende Inflation an die Unternehmensführung stellt. Viele Aussagen von Prof. Hermann sind zudem wesentliche Inputs für die Gestaltung eines umfassenden Management-Control-Systems und damit für den nachhaltigen Erfolg eines Unternehmens. In diesem und in weiteren Beiträgen unseres Blogs werden seine Erkenntnisse mit der Ausgestaltung der umfassenden Planung und Steuerung eines Unternehmens kombiniert.
Nach einer rund 40-jährigen Periode mit kaum nennenswerten Inflationsraten sind vor allem Europa und der gesamte englische Sprachraum als Folge der COVID-Pandemie und kriegerischer Ereignisse von massiven Preissteigerungen betroffen. Viele aktive Führungskräfte erleben Inflation erstmalig intensiv und müssen sich klarwerden, wie in einer derartigen Situation zu planen und zu handeln ist, damit ihre Unternehmen erfolgreich überleben.
Wie sich Preissteigerungen fortpflanzen
Verallgemeinernd sind Preissteigerungen die Folge von Engpasssituationen. Engpässe können in verschiedenen Bereichen entstehen, wenn die Nachfrage grösser ist als das verfügbare Angebot. Ungenügende Angebotskapazitäten sind oft auf folgende Faktoren zurückzuführen:
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- Rohstoffverfügbarkeit in den erforderlichen Qualitäten zu niedrig
- Mangelnde Transportkapazitäten oder Transportbehälter
- Politisch/rechtlich begründete Lieferbeschränkungen
- (Noch) nicht einhaltbare Vorschriften zu Herstellungsprozessen oder Herkunftsnachweisen
- Ungenügende Personalkapazitäten für Bearbeitung und Abwicklung
- Zu wenig Anlagen für die Herstellung verfügbar / ungenügende Fertigungskapazitäten
- Zu hohe Investitionen für die Herstellung erforderlich.
Solche Engpässe führen bei den vorleistenden Lieferanten zu Kostensteigerungen. Diese Lieferanten versuchen, die Kostensteigerungen über höhere Netto-Verkaufspreise an ihre Kunden weiterzugeben. Gelingt dies, steigen für die (weiter-)verarbeitenden Unternehmen die Einstandspreise. Diese Preiserhöhungen müssen wiederum an die nächste Stufe weitergegeben werden. Gelingt diese Weiterwälzung nicht, schreibt das Unternehmen über kurz oder lang Verluste, wird in der Folge zahlungsunfähig und geht Konkurs.
Am Ende dieser Kette stehen die Endkunden, üblicherweise Privatpersonen. Steigen für sie die Einstandspreise, überlegen sie sich, welche der zur Verfügung stehenden Produkte und Dienstleistungen sie unter Berücksichtigung der Preissteigerungen weiterhin kaufen werden. Denn ihnen stehen nur das verfügbare Vermögen und das regelmässig wiederkehrende Einkommen zum Konsum zur Verfügung. Die Kunden entscheiden sich meistens für das aus ihrer Sicht beste Preis-/ Leistungsverhältnis.
Die Anbieter aller Stufen versuchen, mittels Verhandlungen oder Lieferantenwechsel die Preissteigerungen beim Einkaufen zu umgehen, zu verzögern und möglichst niedrig zu halten. Im Verkauf gilt es, die eingetretenen Preissteigerungen weiterzugeben. Ob dies vollumfänglich gelingt, hängt einerseits von den Präferenzen der Kunden und andererseits vom Verhalten der Konkurrenten ab.
Um in solchen inflationären Zeiten erfolgreich zu bleiben, muss es im eigenen Unternehmen gelingen, die Preissteigerungsspirale zu unterbrechen. Inflation ist eine Herausforderung für alle Mitarbeitenden, weil alle Funktionsbereiche betroffen sind und vor allem für das gesamte Management, weil unzählige Verbesserungsideen zu generieren, zu bewerten und zu entscheiden sind. Die Unterbrechung der Inflationsspirale muss zudem schnell erfolgen, weil sonst das finanzielle Ergebnis leidet. Anzupassen sind vor allem:
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- Das anzubietende Sortiment und die Sortimentstiefe
- Der Preisbildungsprozess vom Bruttopreis bis zum Nettoerlös
- Die Marketing- Kundengewinnungs- und Vertriebsprozesse
- Die Vertriebswege und die Definition der Zielkunden
- Die Produktentwicklung und -gestaltung
- Die Herstellungsprozesse und die zu verwendenden Einsatzmaterialien
- Der Einkaufsprozess und die Lieferantenwahl
- Alle administrativen Prozesse
- Die Datenintegration und die Automatisierung aministrativer Prozesse
- Die Investitionsplanung als Folge der Prozessänderungen.
Professor Simon schätzt, dass die meisten Unternehmen nur etwa 50% der inflationären Kostensteigerungen auf der Beschaffungsseite auf die Kunden überwälzen können. Deshalb muss auch die gesamte Kostenseite einen Beitrag zur Gewinnverteidigung leisten (ebenda, S. 191).
Im nächsten Beitrag wird vertieft, welche Massnahmen sich wie stark auf das Ergebnis auswirken.