Arbeitgeberattraktivität

Jede menschliche Organisation ist darauf angewiesen, die richtigen Mitarbeitenden zu haben, will sie ihren Zweck erfüllen. Damit sie diese Personen finden, einstellen und halten kann, muss sie als attraktiver Arbeitgeber gelten.

Aktualisiert am 25. April 2024 durch Lukas Rieder Dr. oec.

Arbeitgeberattraktivität

Arbeitgeberattraktivität ist als Anziehungskraft einer Organisation zu verstehen, Bewerbende für neu zu besetzende Stellen zu gewinnen und wichtige Mitarbeitende zu halten. Deshalb ist zwischen externer und interner Arbeitgeberattraktivität zu unterscheiden. Die Faktoren, welche ein Unternehmen für potenzielle Mitarbeitende interessant erscheinen lassen, werden als externe Arbeitgeberattraktivität zusammengefasst. Faktoren, welche die Bindung bestehender Mitarbeitender fördern, sind Elemente der internen Arbeitgeberattraktivität.

Arbeitgeberattraktivität
Arbeitgeberattraktivität

Externe Arbeitgeberattraktivität

Die Top 5 Kriterien bei der Arbeitgeberwahl (Quelle: Randstad Employer Brand Research 2022). Online-Befragung Anfang 2022 von 3’727 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie Arbeitssuchenden von 18 – 65 Jahren in Deutschland. Die Zahlen für 2016 wurden aus der damaligen Untersuchung in die untenstehende Tabelle  übernommen. Die Arbeitnehmenden und Arbeitssuchenden wurden nach den für sie fünf wichtigsten Faktoren befragt.

 Arbeitgeberattraktivität
Faktoren der Arbeitgeberattraktivität

Die zeitliche Entwicklung zeigt, dass sich zwar kleinere Rangverschiebungen ergeben, teilweise auch durch die COVID-Pandemie verursacht, dass die wichtigsten 5 Attraktivitätsfaktoren jedoch die gleichen bleiben.

Auch andere Befragungen zeigen fünf Attraktivitätsfaktoren an der Spitze. Das Meinungsforschungsinstitut Innofact AG hat zum Beispiel im Auftrag der TARGOBANK AG im Mai 2019 1.006 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Auszubildende und Studierende bevölkerungs- und bundesrepräsentativ online befragt und kam zu folgender Rangfolge:

Faktoren Auszubildende und Studierende
Faktoren Auszubildende und Studierende
Attraktive Arbeitgeber für Berufsstarter

Worauf achten Berufsstarter, wenn sie vielversprechende Arbeitgeber suchen? 2015 hat berufsstart.de untersucht, welche besonderen Eigenschaften Unternehmen aufweisen sollten, um als attraktiver Arbeitgeber bei Studenten, Absolventen sowie Young Professionals wahrgenommen zu werden (leider ist der Artikel auf berufsstart.de zur Zeit nicht zugänglich).

In dieser Studie wurden neben den sogenannten Hard Facts, als primäre Faktoren, auch die weichen Eigenschaften – die sekundären Merkmale für die Beliebtheit von Arbeitgebern erstmalig ermittelt. Es ergab sich, dass bei den Hard Facts Weiterbildungsmöglichkeiten mit 88% und Aufstiegschancen mit 79,5% die höchste Priorität bei der Wahl des passenden Arbeitgebers geniessen. Für drei Viertel aller Teilnehmer hat das Image eines Unternehmens den drittwichtigsten Rang. Auch auf internationale Ausrichtung sowie auf Jobsicherheit wird Wert gelegt.

Sozialleistungen sowie Infrastruktur werden von Berufsstartenden als eher unwesentlich für die Arbeitgeberattraktivität gewichtet. Bei den gewünschten sekundären Eigenschaften wurde mit 91,2% die Arbeitsatmosphäre als der wichtigste „weiche“ Faktor für die Anziehungskraft von Unternehmen erachtet. Arbeitsatmosphäre ist immer eine wesentliche Basis für die Mitarbeiterzufriedenheit und die kollegiale Zusammenarbeit. Abwechslungsreiche Tätigkeiten (76,7%) sowie Work-Life-Balance und Verantwortung waren nahezu gleich wichtig. Für ein Drittel der Berufsstarter war die Familienfreundlichkeit ein wesentlicher Grund für die Wahl eines Unternehmens. Weniger bedeutend für die Unternehmenswahl waren „flache Hierarchien, Benefits sowie Freizeitangebote“.

Quelle (22.05.2022): https://zvoove.com/blog/was-bewerber-bei-unternehmen-schaetzen-die-attraktivsten-arbeitgeber-2015-studie-berufsstart-de

Hauptfaktoren für die Mitarbeitergewinnung

Aus den gezeigten Rangfolgen und Beurteilungsschwerpunkten lässt sich ein Katalog der zehn wichtigsten Aspekte der externen Arbeitgeberattraktivität ableiten. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit wird der Katalog hier nach den Dimensionen der AMPEL gegliedert:

Arbeitsbedingungen

    1. Führungsverhalten und -prozesse
    2. Aufstiegs- und Karrieremöglichkeiten
    3. Akzeptable Arbeitsbelastung / Flexible Arbeitszeiten
    4. Work-Life Balance, Familie und Beruf
    5. Attraktiver Standort (Arbeitsweg, Gebäulichkeiten)

Profitabilität und Liquidität

    1. Wettbewerbsfähige Vergütung und Sozialleistungen
    2. Rentabilität und finanzielle Stabilität des Unternehmens

Evolution

    1. Herausfordernde Beschäftigung, Weiterbildungsmöglichkeiten

Marktposition

    1. Gute Produkte und Dienstleistungen des Unternehmens
    2. Guter Ruf des Arbeitgebers

In Einstellungsinseraten (Print oder elektronische Medien) sollten Angaben zu diesen 10 Attraktivitätsfaktoren enthalten sein. Interessierte sollten in Vorstellungsgesprächen dazu aufgefordert werden, vertiefende Fragen zu diesen Faktoren zu stellen. Die entsprechenden Dokumentationen wird wohl meistens der Personalbereich erstellen, doch sollten die erwähnten Punkte auch in den Direktgesprächen zwischen Bewerbenden und zukünftigen Vorgesetzten angesprochen werden.

Interne Arbeitgeberattraktivität

Es lohnt sich, mehr für die eigene Attraktivität als Arbeitgeber zu tun!

Das Institut für Führung und Personalmanagement (IFPM) der Universität St. Gallen hat 2015 und 2021 umfangreiche Befragungen und Studien zur internen Arbeitgeberattraktivität durchgeführt (diese Top Job-Trendstudie lässt sich hier herunterladen. 2021 wurden 13.400 Mitarbeitende aus rund 100 Unternehmen verschiedenster Branchen und Grössen befragt, davon 61% männlich. 20% der Antwortenden waren Führungskräfte. 92% der Befragten hatten Geburtsjahrgänge zwischen 1950 und 1996 (Generationen Baby Boomer, X und Y).

Mittels Befragung der Geschäftsführungsmitglieder wurden qualitative Vergleiche zwischen Unternehmen mit hoher und niedriger gemessener Arbeitgeberattraktivität erstellt. Es ergab sich, dass die Gruppe der Unternehmen mit hoher Arbeitgeberattraktivität rund ein Viertel bessere Werte bezüglich Umsatzwachstum und generierten Innovationsideen der Mitarbeitenden erzielte. Der Anteil der produktiven Arbeitszeit der Mitarbeitenden war ca. 20 % höher und der erzielte ROI lag im Vergleich zu den Unternehmen mit wenig Arbeitgeberattraktivität ebenfalls um rund 20% höher.

Faktoren der internen Arbeitgeberattraktivität

Werden Faktoren zur Steigerung der internen Attraktivität untersucht, ist zuerst zu beachten, dass alle Arbeitnehmenden ihre Realität subjektiv wahrnehmen und dass emotionale und handlungsbezogene Faktoren oft unbewusst wirken.

Deshalb ist es schwierig, allgemeingültige Kataloge attraktivitätssteigernder Handlungen zu definieren. Aus der Literatur und insbesondere aus in Interviews abgegebenen Kommentaren zur Wahl der attraktivsten Arbeitgeber sind jedoch viele positiv wirkende Verhaltensweisen ableitbar. Aus den präsentierten empirischen Analysen leiten wir die zehn wichtigsten internen Attraktivitätsfaktoren ab:

    1. Führungsstil und Feedbackkultur der Vorgesetzten
    2. Messbar formulierte zu erreichende Ziele und Erläuterung ihrer Bedeutung
    3. Freiheitsgrade in der Umsetzung
    4. Messung/Beurteilung erreichter Resultate (Soll-Ist-Vergleich) inklusive mündlicher und schriftlicher Anerkennung
    5. Lernmöglichkeiten am Arbeitsplatz
    6. Weiterbildungsangebote, auch in Bezug auf Softskills zum zwischenmenschlichen Umgang
    7. Entwicklungsmöglichkeiten im Unternehmen (Karrierechancen)
    8. Arbeit im Homeoffice
    9. Vereinbarkeit von Arbeit und Familienbetreuung
    10. Gemeinsame Aktivitäten (wo man sich trifft und austauscht).

Diese Faktoren sind – entsprechend den zitierten IFPM-Umfrageresultaten  kaum zeitabhängig. Sie repräsentieren unseres Erachtens die zu erfüllenden Bedürfnisse der Mitarbeitenden, damit sie sich im Unternehmen wohlfühlen und sich für die Erreichung der Unternehmensziele einsetzen wollen.

Dazu ist es erforderlich, dass alle Führungskräfte, von der obersten Unternehmensleitung bis zum Team- oder Kostenstellenleiter mit ihren Mitarbeitenden

    • regelmässig die Unternehmensziele und die strategischen Ziele pro Geschäftsfeld erklären,
    • die mittelfristig zu erreichenden Resultate des operativen Geschäfts und der Projekte erläutern,
    • die Jahresziele vereinbaren, damit diese wissen, auf welche Resultate es ankommt,
    • mindestens zweimal pro Jahr die Zielerreichung besprechen und, soweit nötig, Korrekturmassnahmen vereinbaren,
    • die in den vergangenen Monaten erreichten Resultate und den dafür geleisteten Einsatz verdanken,
    • die Verbesserungsvorschläge aus den Besprechungen aufnehmen und deren Realisierbarkeit beurteilen, respektive deren Umsetzung initiieren,
    • Anmerkungen der befragten Personen zur internen Zusammenarbeit aufnehmen und bearbeiten.

Die wesentlichen Faktoren der internen Arbeitgeberattraktivität werden somit hauptsächlich durch die Wahrnehmung der personenbezogenen Führungsaufgaben bestimmt.

Die finanzielle Vergütung der geleisteten Arbeit ist in allen Mitarbeitergenerationen (vom Babyboomer, Geburtsjahre 1950-1964, bis zur Generation Z, Geburtsjahre 1996-2010) der wichtigste und am einfachsten vergleichbare Entscheidungsfaktor (siehe oben).

Ob Mitarbeitende kommen und bleiben ist auch nach unserer Erfahrung hauptsächlich auf das Führungsverhalten und auf anspornende Arbeitsinhalte zurückzuführen.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert